Die Rose des Propheten 1 - Das Buch der Götter
stotterte Usti, »habe ich dich mißverstanden, o Gebieterin.«
»Vielleicht hast du das«, höhnte Zohra. »Wenn ich mich recht entsinne, lautete der letzte Befehl, den ich dir erteilt habe…«
»Mir… mir fällt es wieder ein!« stieß Usti hastig hervor. Schweiß rann ihm über das Gesicht. »Und ich versichere dir; meine Gebieterin, daß so etwas körperlich völlig unmöglich ist, selbst für diejenigen von uns, sagen wir es mal so, deren Leib es an einer gewissen stofflichen Substanz mangelt…«
Auf bedrohliche Weise hob Zohra daraufhin die Schmuckschatulle und schätzte die Distanz zwischen sich und dem Dschinn ab.
»Ich bitte dich!« flehte Usti. »Wenn du mir doch nur einmal zuhören würdest!«
»Hast du wieder eine deiner blödsinnigen Ideen? Fliegende Teppiche vielleicht? Mit heißer Luft gefüllte Schweinsblasen, die durch die Wolken segeln? Oder vielleicht meine Lieblingsversion: den Schafen Flügel aufzustecken, damit sie zu uns fliegen können?«
Usti ließ die Augen nicht von der Schatulle. Er zog ein seidenes Taschentuch hervor und tupfte sich damit die Stirn.
»Ich… ich…« Er brachte die Worte nicht über die Lippen.
»Rede endlich!« Zohra holte aus, und die Schatulle funkelte im Licht.
Usti hob abwehrend den pummeligen Arm und schloß die Augen. »Ich dachte nur, Herrin«, sprudelte er eilig hervor, »da wir Pferde benötigen, sollten wir uns diese auch nehmen!«
Der Dschinn kroch in sich zusammen und wartete darauf, daß ihm die Schmuckschatulle auf den Kopf krachte.
Aber nichts geschah.
Ängstlich riskierte Usti einen verstohlenen Blick auf seine Herrin.
Wie versteinert sah sie ihn mit großen Augen an. »Was hast du gesagt?«
»Ich werde es noch einmal wiederholen, Herrin«, erwiderte Usti und nahm mit einer äußerst würdevollen Geste den Arm herunter. »Wenn wir der Pferde bedürfen, sollten wir sie uns auch nehmen.«
Zohra blinzelte. Die Schmuckschatulle entglitt ihrer Hand und landete unbeachtet auf dem Boden.
»Schließlich bist du die Hauptfrau des Kalifen«, fügte Usti hinzu, um seinem Argument, wie Sond es vorgeschlagen hatte, Nachdruck zu verleihen. »Was ihm gehört, sollte auch dir gehören, oder etwa nicht?«
»Aber ich habe ihn doch um Pferde gebeten, und er hat sie mir verweigert«, wandte Zohra ein.
»Das war allerdings ein Fehler, Herrin«, erwiderte Usti knapp. »Wir geben ihnen zwar Almosen, doch wer von uns hat schon Achtung vor einem Bettler?«
Wenige hastige Atemzüge lang dachte der Dschinn, er wäre vielleicht zu weit gegangen. Zuerst lief Zohra dunkelrot an, dann wollte ihn das Feuer ihrer Augen schier verbrennen. Endlich hob sie die Schatulle wieder auf, und Usti bereitete sich eilig darauf vor, in den Schutz seiner Kohlenpfanne abzutauchen, sah aber gerade noch, daß sich ihr Zorn nach innen richtete, gegen sich selbst.
Zohra strich sich das schwarze Haar aus der Stirn und gab dem Dschinn widerstrebend recht.
»Ja«, lenkte sie ein. »Das war mein Fehler gewesen. Du schlägst also vor, ich sollte mir einfach das nehmen, was mir aufgrund meiner Ehe zusteht? Ich glaube nicht, daß mein Gemahl die Angelegenheit im gleichen Licht sieht.«
»Herrin«, sagte Usti feierlich, »nichts liegt mir ferner, als Zwietracht in ein Bündnis zu tragen, das vom Himmel geschlossen wurde. Viele Sorgen lasten auf deinem edlen Gatten. Es ist von äußerster Wichtigkeit, daß wir Khardan nicht den geringsten Anlaß zur Beunruhigung geben, nicht einmal für einen kurzen Augenblick. Nur deshalb schlage ich vor, allein um jedwedes Unbehagen von ihm fernzuhalten, daß wir besagte Pferde nächtens an uns nehmen, wenn er die Augen schon in süßem Schlummer geschlossen hält. Erwacht er am anderen Morgen, sind die Pferde schon längst davon – und es lohnt sich schließlich nicht, über verschüttete Stutenmilch zu weinen. Um ihm jedoch weitere Pein zu ersparen, werden wir ihm sagen, die Pferde seien von Scheich Zeid, diesem Sohn einer Kamelstute, gestohlen worden.«
Zohra verbarg ihr heimliches Lächeln hinter einem Schleier aus schwarzem Haar. »Wird mein edler Gatte nicht über einen kleinen Widerspruch in deiner Geschichte stolpern, wenn er meine Leute auf den Pferden sitzen sieht, die sich angeblich schon über hundert Meilen weiter unten im Süden befinden sollen?«
»Ist es denn unsere Schuld, daß dieser berüchtigte Schwachkopf Zeid die Pferde wieder entkommen ließ? Die armen Viecher irrten verloren durch die Wüste, und als sie dann zufällig bei
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