Die Rose des Propheten 4 - Das Buch der Akhran
Gebrüll sausenden Winds pochten in seinem Kopf. Er preßte die Hand auf die Brust, spürte die Kristallkugel kalt und glatt auf der Haut.
Der Träger.
Jetzt wußte er, was er da trug. Zwei Fische – der eine dunkel, der andere hell…
Fassungslos sah Mathew die Ritter an, sah, wie sich alle ihm zuwandten. Die Lippen des Gebieters bewegten sich noch immer, er sagte etwas, doch das Pochen in Mathews Kopf übertönte es, und er konnte es nicht hören. Die Schwarze Zauberin trat in sein Blickfeld und in sein Herz und in seinen Verstand ein. Sie war alles, was er noch sehen konnte, woran er noch zu denken vermochte. Nur ihre Worte konnte er verstehen, und als sie die Hand hob und ihm winkte, folgte er.
»Möge der Träger vortreten.«
Mit langsamen Bewegungen schritt Mathew auf den Heiligen Kreis zu. Der Kreis öffnete sich für ihn, nahm ihn auf, um sich hinter ihm wieder zu schließen.
Die Schwarze Zauberin stellte sich vor dem jungen Hexer auf.
»Gib mir, was du trägst«, sagte sie leise.
Es war nicht möglich ihr zu widerstehen. Mathews Hand bewegte sich durch ihren Willen, nicht seinen. Er griff in die Brust seines schwarzen Umhangs, zog die Kristallkugel hervor und hielt sie in der zitternden Handfläche.
Der goldene Fisch blieb völlig bewegungslos in der Mitte der Kugel schweben; der schwarze Fisch schwamm in weiten Kreisen umher; er hatte den Mund weit geöffnet und stieß erregt gegen seine Kristallwände.
Mit ehrfürchtigem Seufzen nahm die Schwarze Zauberin die Kugel sanft und vorsichtig entgegen. Mathew spürte, wie das leichte Gewicht seine Hände verließ und ein großes Gewicht, das er bisher noch nie bemerkt hatte, von seinem Herzen wich. Die Zauberin trug die Kugel an den Tisch und legte sie neben dem Kelch nieder. Dann bedeckte sie beides mit dem schwarzen Samttuch.
»Hört mich, mein Volk!« Ihre Stimme hallte triumphierend durch den Konvent. »Morgen nacht wird unser Gott Zhakrin zu uns zurückkehren!«
Die Anhänger des Gotts gaben keinen Ton von sich, keinen Jubel. Alles rührte die Seele viel zu tief, als daß die Stimme noch zu einem Widerhall fähig gewesen wäre. Der Sieg schimmerte in ihren Augen.
»Er wird noch schwach sein, und so hat er entschieden, in einem menschlichen Körper zu wohnen, bis er wieder genügend Kraft besitzt, um in seine unsterbliche Gestalt zurückzukehren. Das wird den Tod des Körpers bedeuten, in dem er zu wohnen wählt. Er wünscht für seinen kurzen Verbleib auf dieser Ebene ein solches Heim, weil er dazu gezwungen sein wird, ihm die Lebenssäfte zu entziehen und sich damit zu nähren…«
Auda ibn Jad sprang vor. »Er soll meinen Körper nehmen!«
»Meinen! Meinen!« riefen die Schwarzen Paladine, brachen den Kreis und wetteiferten miteinander um diese Ehre.
Die Schwarze Zauberin hob die Hand, um Schweigen zu gebieten.
»Ich danke euch allen. Der Gott nimmt euren Mut zur Kenntnis. Doch hat er seine Wahl getroffen, und«, die Zauberin lächelte stolz, »es soll ein weiblicher Körper sein. So wie der Mann von der Frau geboren wird, soll auch unser Gott im Körper einer Frau geboren werden. Da er die Zahl seiner Anhänger nicht mindern will, hat er eine unserer Gefangenen auserwählt – die neueste. Sie ist von starkem Zauber, was dem Gott nützlich sein wird. Sie ist klug, hat einen starken Willen und Kampfgeist…«
»Nein!«
Mathews Lippen formten das Wort, doch war es Khardan, der es rief.
»Nehmt meinen Körper, wenn ihr Fleisch braucht, wenn ihr euren vermaledeiten Gott ernähren müßt!« rief der Kalif heftig und wehrte sich mit solcher Kraft gegen Kiber und den Gum, die ihn festhielten, daß Auda ibn Jad seinen Platz im Kreis verließ und sich vor Khardan postierte. Mit erhobener Augenbraue drehte sich der Paladin zu der Zauberin um.
Sie nickte, wirkte sehr zufrieden. »Es ist so, wie du es gesagt hast, ibn Jad. Der Nomade ist edel und ehrenvoll. Wir wissen, daß er kräftig ist und den Geist eines Kriegers besitzt. Du kannst noch heute nacht mit seiner Ausbildung beginnen.« Sie heftete den Blick auf Khardan. »Dein Erbieten ehrt dich, aber es wäre eine tragische Vergeudung, ein solches Opfer anzunehmen, und das verabscheut unser Gott. Du hast deinen Wert bewiesen und wirst daher Zhakrin auf andere Weise dienen. Du wirst mit deinen Vorbereitungen beginnen, ein Schwarzer Paladin zu werden.«
»Ich diene Akhran, dem Wanderer, und niemandem sonst!« versetzte Khardan.
»Jetzt dienst du ihm noch. Das wird sich ändern«, erwiderte die
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