Die Rose des Propheten 6 - Das Buch Promenthas
Frau«, sagte Auda, als er Khardans Blick verfolgte. »Sie wird einem Mann viele prächtige Söhne gebären.«
Keine Klinge, die Khardan jemals getroffen hatte, hatte ihm solchen Schmerz bereitet wie diese Worte. Er riß mit solcher Heftigkeit an den Zügeln seines Pferds, daß sich das Tier beinahe überschlug, dann starrte er den Schwarzen Paladin zornig an. Der Kalif musterte dessen grausame Augen. Wenn er darin auch nur den winzigsten Funken wahrnehmen sollte, dann würde dieser Mann sterben müssen.
»Viele prächtige Söhne«, wiederholte Auda. Seine Augen waren kalt, ausdruckslos bis auf ein Flackern, das nicht das Glitzern des Triumphs, sondern die Bewunderung des Kriegers war. »… dem Mann, den sie liebt.«
Mit einem verlegenen Lächeln verneigte sich Auda vor dem Kalifen, wendete sein Pferd und ritt ein Stück zurück, um sich dem Troß der Männer anzuschließen.
Alleingelassen atmete Khardan tief durch. Das Eisen war ihm aus dem Herzen gerissen worden, doch die Wunde, die zurückblieb, blutete heftig und durchströmte seinen Körper mit einer gespenstischen, schmerzhaften Wärme. Er blickte zu Zohra hinüber, wie sie stolz und heftig allein dahinritt – neben und nicht hinter ihm.
»Prächtige Söhne«, sagte er bei sich verbittert, »Und viele prächtige Töchter. Aber nicht für uns. Dazu ist es zu spät. Für uns wird die Rose niemals blühen.«
Nach einer harten Woche gelangten die Nomaden schließlich in die Sichtweite von Kich. Es war später Nachmittag. Khardan hatte Kundschafter vorausgeschickt, um einen sicheren Lagerplatz ausfindig zu machen; die Kuriere waren zurückgekehrt und hatten die Entdeckung eines großen Winzerguts gemeldet, das an einem Hang lag, nahe genug bei der Stadt, um ihre Mauern und die sie bewachenden Soldaten auszumachen. Am Fuß des Bergs führte eine glatte, breite Straße über die Ebene den Stadtmauern entgegen.
Khardan maß die dicken, gewundenen Rebstöcke ab, die um ihn herum wuchsen. Offensichtlich hatte man die Ernte bereits eingebracht, denn es waren nur noch wenige von den kleinen, runzligen Weintrauben übrig, die im sich gelb verfärbenden Blattwerk hingen. Die Pflanzen begaben sich nach dem Pflücken ihrer Ernte zur Ruhe. Der Boden war feucht, denn der Besitzer hatte seine Weingärten nach dem Pflücken der Trauben gewässert. Bis zur Ernte kamen die Früchte besser ohne Wasser aus – sie wurden süßer, wenn man sie in der Sonne trocknen ließ.
»Das ist ein guter Lagerplatz«, verkündete Khardan und fügte hinzu: »Die Früchte sind eingebracht. Der Besitzer wird sich jetzt um seinen Wein und nicht um die Pflanzen kümmern. Durch die Rebstöcke bleiben wir vor der Straße und den Stadtmauern verborgen.«
Anders als viele Winzer mußte dieser Herr ein unternehmungsfreudiger und weitsichtiger Mann sein, denn er hatte seine Reben an Stöcken emporwachsen lassen. Anstatt sich über den Boden zu ziehen, schlangen sich die Blätter um eine Schnur, die man etwa auf Schulterhöhe von Stock zu Stock gespannt hatte. Hinter dem Laubwerk konnten sich Reiter und Pferd völlig verstecken.
Khardan überwachte das Tränken der Pferde, als plötzlich Sond sich neben dem Steigbügel des Kalifen materialisierte.
»Möchtest du, daß wir uns zum Tor begeben und feststellen, wie viele Männer es bewachen und wie sorgfältig sie jene mustern, die in die Stadt kommen wollen, Sidi?«
»Ich weiß, wie viele Männer es bewachen und wie sorgfältig sie es tun«, erwiderte Khardan und sprang vom Pferd. »Du und die anderen Dschinnen haltet euch von der Stadt fern, bis die Zeit gekommen ist. Sollten die Unsterblichen des Quar euch entdecken, würde der Gott damit von unserer Anwesenheit erfahren.«
»Ja, Sidi.« Sond verneigte sich und verschwand.
Khardan sattelte sein Pferd ab und führte das Tier zum Tränken. Die anderen Männer machten ihre Tiere zur Nacht fertig. Die Kamele ließ man an der Böschung des rauschenden Stromes niederknien. Die Männer kauerten sich unter den Rebstöcken am Boden, nahmen ihre einzige Tagesmahlzeit zu sich, unterhielten sich mit leisen Stimmen.
Zohra mischte Mehl mit Wasser und formte Teigbälle, die im Feuer gebacken durchaus eine Delikatesse gewesen wären. So aber aßen die Nomaden den Teig roh, nur einige wenige Glückliche schafften es, ihr sparsames Mahl mit ein paar übriggebliebenen Weintrauben aufzubessern, die sie von den Rebstöcken pflückten. Über die Mahlzeit ließ sich lediglich sagen, daß sie ihren Hunger
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