Die Rose des Propheten 6 - Das Buch Promenthas
sah, hineinzukommen und mit dir zu sprechen! Denn ich mußte mit dir sprechen. Mein Volk… es heißt, sie sollen zur nächsten Morgendämmerung abgeschlachtet werden!«
Qannadis braune, wettergegerbte Miene verhärtete sich. »Wenn du gekommen sein solltest, um zu betteln…«
»Nicht, um zu betteln, o König!« versetzte Khardan stolz. »Laß die Frauen und Kinder, die Kranken und die Alten ziehen. Wir«, er zeigte über die Palastmauern hinweg in Richtung Wüste, »meine Männer und ich werden sich dir in gerechter und offener Schlacht stellen.«
Qannadis Miene wurde weicher, fast hätte er gelächelt. Er blickte in die Richtung, in die Khardan deutete, obwohl dort nichts anderes zu sehen war als blühende Schlingpflanzen und Bäume mit wachsigen Blättern. »Es müssen sehr wenige von euch sein«, sagte der Emir mit leiser Stimme. Er richtete seinen durchdringenden Blick auf Khardan. »Und mein Heer zählt in die Tausende!«
»Dennoch, wir werden kämpfen, o König!«
»Ja, das würdet ihr wohl«, meinte Qannadi nachdenklich, »und ich würde viele gute Männer verlieren, bevor es uns gelingt, euch zu vernichten. Aber sage mir, Kalif, seit wann kommt der Wüstennomade, um eine Herausforderung zur Schlacht mit seinen Frauen und…« Sein Blick schweifte auf Auda. »… einem Paladin des Nachtgotts zu überbringen. Aber vielleicht täusche ich mich. Vielleicht ist es nur eine Frau.« Ernst musterte Qannadi Zohra und sprach schon weiter, bevor Khardan etwas erwidern konnte. »Die Blumen in der Wüste blühen ebenso schön wie in den königlichen Gärten. Und tapferer, wie es scheint«, fügte er hinzu, als er bemerkte, daß Zohras trotzige Augen auf ihn gerichtet blieben und sich nicht keusch senkten.
Doch es war keine Zeit für Artigkeiten. Es bedurfte nur eines Worts von Qannadi, und die Eindringlinge in seinem Garten würden dem Obersten Scharfrichter vorgeführt, der schon dafür sorgen würde, daß sie diese Welt in qualvollster Langsamkeit verließen. Weshalb hatte Qannadi dieses Wort nicht gesprochen? fragte sich Khardan. Spielte er nur mit ihnen? Hoffte er darauf, alles zu erfahren, was er nur konnte? Doch wozu die Mühe? Er würde ihnen doch ohnehin schon bald alles, was er wissen wollte, aus ihren geschundenen Leibern gepreßt haben.
»Und du.« Seit Anfang dieses Gesprächs hatte Qannadi Mathew verstohlen gemustert, und nun richtete sich sein Blick endlich auf den Gegenstand seiner Neugier. »Was bist du?« fragte der Emir ohne Umschweife.
»Ich… ich bin Mann«, sagte Mathew, dem die Röte die glatten, durchschimmernden Wangen färbte.
»Das weiß ich… jetzt!« sagte Qannadi mit einem schiefen Lächeln. »Ich meine, was für ein Mann bist du? Woher kommst du?«
»Ich komme aus dem Land Aranthia auf dem Kontinent Tirish Aranth«, erwiderte Mathew zögernd, als sei er davon überzeugt, daß man ihm nicht glauben würde.
Qannadi jedoch nickte einfach nur, obwohl er dabei eine Augenbraue hob.
»Du hast davon gehört?« fragte Mathew verwundert.
»Ebenso wie der Kaiser«, erwiderte der Emir. »Wenn Unsere Kaiserliche Majestät ihren Willen bekommt, werde ich vielleicht schon bald dein Heimatland sehen. Soeben macht der Auserwählte Quars seine Schiffe bereit, um in die Hurn See zu stechen. Du bist also die Fischgräte, die in Feisals Schlund steckt.«
Verständnislos blinzelte Mathew ihn an. Qannadi lächelte, doch war es kein Lächeln, das sich in seine Augen widerspiegelte, die vielmehr ernst und düster blieben. »Der Imam hat Nachricht erhalten, daß einer der Anhänger deines Gotts… Ich habe den Namen vergessen. Es ist unwichtig.« Er winkte ab, als Mathew etwas erwidern wollte. »Einer der Anhänger, die doch angeblich alle an den Ufern des Bas niedergemacht wurden, überlebt hat und durch unser Land zieht. Und nicht etwa verirrt und vereinsamt, sondern mit Freunden, wie es scheint.«
Nachdenklich verstummte er. Khardan wartete unruhig, wagte nicht zu sprechen.
»Meryem ist also tot«, Qannadis Stimme klang matt, »und du bist es, der sie niederstreckte.«
Das Blut wich aus Mathews Gesicht, bis er erbleichte, doch er sah dem Emir tapfer und mit ruhiger Würde in die Augen. »Ich habe getan, was ich für richtig hielt. Sie wollte einen Mord…«
»Ich weiß alles über Meryem«, unterbrach ihn Qannadi.
»Aber du warst es doch wohl nicht, der sie geschickt hat, o König?« fragte Khardan, der plötzlich begriff.
»Nein, ich nicht. Nicht daß ich nicht ruhiger geschlafen hätte,
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