Die Rose von Asturien
richtige Worte zu kleiden. »Karl ist unersättlich in seiner Gier, andere Völker zu unterwerfen und sich deren Kronen aufs Haupt zu setzen. Daher wird er auch vor Asturien nicht haltmachen.«
Roderich nickte unwillkürlich. Immerhin hatten die Franken in Aquitanien und der Gascogne viele Häuptlinge und Fürsten abgesetzt und die Verwaltung der Länder eigenen Grafenübertragen. Nun dachte Roderich daran, dass sein erkorener Schwiegersohn zum Markgrafen von Spanien ernannt werden sollte, und fragte sich, ob er vor diesem das Haupt würde beugen müssen wie vor einem König.
»Niemals!« Sein Stolz presste dieses Wort über seine Lippen.
»Das wird der Franke nicht gelten lassen«, stichelte der Emir.
»Wenn Mauren und Asturier zusammenhalten und gemeinsam in die Schlacht ziehen, werden wir diese aufgeblasenen Franken wieder über die Pyrenäen zurückjagen!« Roderich sah den Emir hoffnungsvoll an. Den Auftrag seines Königs, bei den Verhandlungen nicht über eine wohlwollende Neutralität hinauszugehen, hatte er längst vergessen.
Abd ar-Rahman erwog kurz, seinen Gast beim Wort zu nehmen, schüttelte dann aber den Kopf. Die asturischen Krieger würden seine eigenen Leute nicht eifriger unterstützen als die Franken. Außerdem hatte er nicht seine Fäden bis zu den Dänen und Sachsen gezogen, um nun selbst eine Entscheidungsschlacht zu suchen. Die Walis im Norden sollten spüren, wie Angst schmeckte, dann würden sie, sobald die Franken Spanien wieder verlassen hatten, sich ihm umso williger unterwerfen.
»Nein, Freund Rodrigo, ich erwarte nicht, dass Asturien das Schwert gegen die Franken erhebt. Allerdings erwarte ich, dass es sie nicht unterstützt. Mein Zorn würde es treffen.«
Roderich sah in Gedanken maurische Reiter, die das Land um seine Burg verwüsteten, Dörfer niederbrannten und Frauen und Kinder fortschleppten. Seine Männer reichten zwar aus, um mit einem Stoßtrupp fertig zu werden, aber niemals mit einem Heer, das mit dem Auftrag ausgeschickt wurde, ihn zu bestrafen. Von seinem König hatte er keine Hilfe zu erwarten. In einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Mauren würde Silo rasch sein Reich und sein Leben verlieren.
»Die Franken erhalten kein Getreidekorn von uns und auch sonst nichts, Herr von Córdoba.« Roderich senkte den Kopf.Mit diesem Zugeständnis hinterging er Silos Plan, den eigenen Machtbereich mit Hilfe der Franken zu vergrößern. Doch er zog es vor, Abd ar-Rahman zum Nachbarn zu haben, anstatt König Karl als seinen Herrn anerkennen zu müssen.
Mit dieser Entscheidung aber hatte er seine Tochter einem ungewissen Schicksal preisgegeben, denn deren fränkische Heirat hatte nun jeden Sinn verloren. Voll Zorn auf seinen König, der ständig unausgegorene Pläne gesponnen und bald wieder verworfen hatte, ersuchte er den Emir, Córdoba verlassen und in seine Heimat zurückkehren zu dürfen.
Abd ar-Rahman bat ihn jedoch, ihm noch ein wenig Gesellschaft zu leisten, fasste ihn unter und führte ihn zur Tür hinaus. Dabei schlug er einen freundlichen Plauderton an, als wäre Roderich sein bester Freund. »Ich habe von der Schönheit deiner Tochter gehört, die man die Rose von Asturien nennt.«
»Einige Leute sprechen so von ihr.« Roderich fragte sich, worauf sein Gastgeber hinauswollte.
Der Emir trat mit ihm zusammen in den Garten hinaus und wies auf die herrlichen Blüten, die wie farbige Sterne in dem satten Grün prangten. »Ich liebe Blumen, und ich liebe Frauen. Findest du nicht auch, dass die schönste Frau von Asturien die lieblichste Blume meines Harems sein sollte?«
Diesmal schwang ein fordernder Ton mit, der Roderich einen Schauer über den Rücken trieb. »Verzeiht, Herr, aber es liegt nicht in meiner Macht, Euch Ermengilda zu übergeben. Sie ist entführt …«
»… und einem Verwandten König Karls als Weib versprochen worden«, fiel Abd ar-Rahman ihm ins Wort.
»Es war eine Forderung der Franken, der König Silo sich nicht hatte entziehen können«, verteidigte Roderich seinen Schwager.
»Nun, dann soll Silo dafür sorgen, dass die Rose von Asturiennicht ins kalte Frankenreich verschleppt wird, sondern in diesem Garten erblühen kann.«
»Aber wenn sie bereits verheiratet ist? Die Franken wollten sie den Waskonen abfordern und mit Graf Eward vermählen.«
»Ich glaube nicht, dass der Franke Eward sich wegen eines Weibes grämen wird, das er verliert.« Um Abd ar-Rahmans Lippen erschien ein verächtlicher Zug. Auch er hatte Ohren und Augen an Karls
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