Die Rose von Asturien
konnten. Der Emir gedachte jedoch, ihrer Gier einen Riegel vorzuschieben, denn der Inhalt dieser Kiste sollte die Sachsen im Krieg unterstützen und nicht irgendwelchen Gesandten zu Reichtum verhelfen.
Daher schloss er den Deckel wieder, drehte den Schlüssel herum und klatschte in die Hände. Dem Sklaven, der sofort erschien, reichte er den Schlüssel des Kastens und wies ihn an, diesen in Seide zu schlagen und zu versiegeln. »Übergebt dieses Päckchen so, wie es ist, dem König der Dänen. Ich werde ihm eine Botschaft senden, die ihm erklärt, wie das Gold verwendet werden soll.«
Die enttäuschten Gesichter der beiden Abgesandten beantwortete Abd ar-Rahman mit einem gütigen Lächeln. Auf seinen Ruf eilte ein weiterer Sklave herbei, der zwei schwere Beutel aus Samt trug und diese auf einen Wink des Emirs den Gästen überreichte.
»Nehmt dieses Gold als Anerkennung für die treuen Dienste, die ihr euren Herren leistet!«
Die beiden Nordmänner lösten die Schnüre, mit denen die Beutel verschlossen waren, blickten hinein und stellten fest, dass jeder Beutel mehr Gold barg, als sie aus der Kiste hätten nehmen dürfen. Ihre Mienen drückten kindliches Staunen aus, und ihre Dankesäußerungen verrieten Abd ar-Rahman, dass sie alles tun würden, um zu seinen Gunsten auf ihre Herren einzuwirken.
5.
N
achdem Abd ar-Rahman die beiden Gesandten verlassen hatte, überlegte er, ob er sich in die Stille seines Harems zurückziehen und von seiner Lieblingsodaliske den verspannten Nacken massieren lassen sollte. Schon halb auf dem Weg dorthin ermahnte er sich, nicht seinen Befindlichkeiten nachzugeben, sondern sich weiter um die Belange seines Reiches zu kümmern. Daher wandte er sich in eine andere Richtung, um den nächsten Gesandten aufzusuchen, dem er ein spezielles Gemach hatte anweisen lassen. Als Emir von Córdoba und Herr über den größten Teil Spaniens hätte er diesen Mann genauso wie den Dänen und den Sachsen in seinen Präsentationsräumen zur Audienz empfangen können. Doch dort gab es zu viele Lauscher. Der Inhalt des nächsten Gesprächs sollte auf keinen Fall als Gerücht durch die Gassen laufen und auf diese Weise die Ohren seiner Feinde erreichen.
Der Mann, den der Emir nun aufsuchte, war ein hochgewachsener, schon älterer Krieger mit hellblonden Haaren und einem leuchtend grünen Waffenrock. Er schien keine Freundschaft für seinen Gastgeber zu empfinden, denn seine Miene blieb starr.
Dennoch grüßte der Emir ihn freundlich, während er auf dem Diwan Platz nahm. Anders als die beiden Nordmänner, die es gewohnt waren, auch in Gegenwart ihrer höchsten Anführer zu sitzen, blieb dieser Gesandte stehen.
»Ich hoffe, deinem Herrn Silo ist Allah noch immer gewogen, Don Rodrigo?«, sagte Abd ar-Rahman und behielt seinen Gast dabei scharf im Auge.
Roderich aus der Grenzmark, den sein Schwager als Boten nach Córdoba gesandt hatte, senkte den Kopf, damit der Emir nicht in seinem Gesicht lesen konnte. »Mein Herr befindet sich wohl, Erhabener.«
Die höfliche Anrede befriedigte Abd ar-Rahman. Er hatte genug über Graf Roderich erfahren, um zu wissen, dass dieser Mann nicht sein Freund war. Ebenso wie der Asturier die Franken hasste, die den Westgoten ihr Land in Gallien weggenommen hatten, sah er die Mauren als Feinde an, die sich zu den Herren Spaniens aufgeschwungen und sein Volk in die kantabrischen Berge gejagt hatten.
Der Emir überlegte, ob er es sich auf Dauer leisten konnte, dass der Hass auf ihn und sein Reich in den christlichen Reichen von Generation zu Generation weitergetragen wurde. Dann sagte er sich, dass die kleinen Fürstentümer sogar gemeinsam zu schwach waren, um eine Gefahr darzustellen. Zudem würde ein Krieg im Gebirge seine Krieger kaum reizen, denn er brachte ihnen außer einigen Weibern und mageren Schafen keine Beute ein. Da war es besser, darüber zu wachen, dass die Zaunkönige des Nordens schwach blieben und Tribut entrichteten.
»Dein Herr soll die Franken gerufen haben, um mit ihnen gegen die Streiter des Islam zu kämpfen.« Abd ar-Rahman sprach die Worte so gleichmütig aus, als rede er über das Wetter.
Roderichs Gesicht verdüsterte sich. »Die Franken muss man nicht rufen. Die kommen von selbst und stellen unverschämte Forderungen.«
Abd ar-Rahman nickte zufrieden. Mit einem einzigen Satz hatte er Roderich dorthin gebracht, wo er ihn haben wollte. Jetzt galt es, dem Stolz dieses Mannes zu schmeicheln und die Gefahr, die von den Franken ausging, in
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