Die Rose von Asturien
Ermengilda wurde ungeduldig, zumal die beiden Mägde hinter ihrem Rücken zu kichern begannen. »Mein Vater hat dich mir als Sklavin geschenkt. Daher wirst du mir gehorchen, verstanden? Also, wie heißt du?« Trotziges Schweigen war die Antwort. Ermengildas Freude schwand, und sie haderte mit ihrem Vater, weil er ihr ein so störrisches Ding mitgebracht hatte. »Wenn du mir nicht auf der Stelle gehorchst, wird Alma ihren Stock auf deinem Hintern tanzen lassen!«
Maite spürte, dass es dem anderen Mädchen ernst war, und gab nach. Wenn sie fliehen wollte, konnte sie sich keine wund geschlagene Kehrseite leisten.
»Ich heiße Maite.«
»Maite? Das ist ein Name für ein Schaf oder eine Kuh. Aber ihr Leute aus den Bergen seid ja ohnehin halbe Tiere.«
Maite biss sich auf die Lippen, um Ermengilda nicht zu sagen, was sie von ihr hielt. Mit Schlägen, das hatte sie bei Ramiro gesehen, waren die Asturier rasch bei der Hand.
»Komm mit!«, befahl Ermengilda und schritt voraus, ohnesich nach ihr umzusehen. Maite jedoch blieb stehen und kämpfte mit den Tränen. Was fiel diesem Mädchen ein, sie zu behandeln wie einen dressierten Hund?
Als Ermengilda merkte, dass die neue Sklavin ihr nicht folgte, schlug sie den Ton an, mit dem die Wirtschafterin säumige Mägde antrieb. »Wo bleibst du? Gleich ziehe ich dir ein paar mit dem Stock über!«
Maite hörte das Wort Stock und gehorchte zähneknirschend. Doch ihre Nerven blieben bis zum Äußersten gespannt.
Da ihre Drohung Maite zum Nachgeben gebracht hatte, nahm sich Ermengilda vor, sie weiterhin auf diese Weise zum Gehorsam zu zwingen. »Kannst du nähen und sticken?«, fragte sie, auch wenn ihr dies bei einer Bergwilden unwahrscheinlich erschien.
Für einen Augenblick überlegte Maite, nein zu sagen. Aber ihre Mutter hatte sie bereits mit sechs Jahren gelehrt, die Muster zu sticken, mit denen sie ihre Gewänder schmückte, und lügen wollte sie nicht. »Natürlich kann ich sticken!«, sagte sie daher stolz.
Ermengilda ging mit einer verächtlichen Handbewegung darüber hinweg. »Pah, das möchte ich sehen! Komm jetzt mit in meine Kammer. Dort zeige ich dir, was du anfassen darfst und was nicht. Ein so ungeschicktes Ding wie du macht sonst noch alles kaputt.« Auch diesen Ausspruch hatte sie von Alma übernommen, die ihn anwandte, um neue Mägde zu äußerster Vorsicht anzumahnen.
Maite, die im letzten Jahr trotz ihrer Jugend bereits die Aufsicht über den Haushalt ihres Vaters geführt hatte, schüttelte den Kopf. Diese Ermengilda war ja noch kindischer als Berezis Tochter, und die war erst fünf. Außerdem benahm sie sich überheblicher als jene maurischen Abgesandten, die zu ihrem Vater gekommen waren, um ihn aufzufordern, sich dem Wali Jussuf Ibn al Qasi zu unterwerfen. Ihr Vater hatte die Maurenumgehend auf ihre Pferde setzen und aus dem Dorf weisen lassen.
Mit steifen Schritten ging sie hinter dem Asturiermädchen her und sah sich dabei sorgfältig um. Sie durfte sich keine Einzelheit entgehen lassen, die ihr bei ihrer Flucht nützlich sein konnte. Ermengilda führte sie durch einen schmalen Korridor und dann eine Treppe hinauf zu Roderichs Halle. Allein dieser Raum war größer als das ganze Haus ihres Vaters, wirkte mit seinen steinernen Wänden jedoch kahl und unwohnlich. Eine weitere Treppe führte in das obere Geschoss.
Ermengilda stieg hinauf und winkte Maite energisch, ihr zu folgen. »Dort hinten liegt meine Kammer, direkt neben der meiner Mutter«, erklärte sie, denn sie war stolz darauf, einen Raum für sich allein zu haben. In Zukunft würde sie diesen zwar mit Maite teilen müssen, aber da es sich nur um eine Sklavin handelte, fiel das nicht ins Gewicht.
6.
R
oderichs Gemahlin Doña Urraxa lauschte gerade dem Lamento ihrer Beschließerin Alma, die sich über das Verhalten mehrerer Mägde beschwerte, da sah sie durch die offene Tür ihres Gemachs die beiden Mädchen auf Ermengildas Kammer zugehen.
»Das gefällt mir nicht«, entfloh es ihren Lippen.
Ihre Vertraute nickte sofort. »Ich sage ja schon die ganze Zeit, dass diese liederlichen Dinger bestraft gehören. Benita, dieser Trampel, hat das schöne Seidengewand, das Ihr immer tragt, wenn hohe Gäste erscheinen, beim Waschen verdorben und …«
»Ich meinte nicht unsere Mägde, sondern die Kleine, die mein Mann mitgebracht hat. Er hätte diese Wilde aus den Bergennicht Ermengilda schenken dürfen. Ein junges Mädchen aus einem unserer Dörfer wäre als Leibmagd meiner Tochter weitaus
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