Die Rose von Asturien
Gefangenen gerne freigekauft. So viel Geld jedoch, um die Mauren zufriedenzustellen, besaß er nicht, selbst wenn sie ihre beiden Esel mit drangegeben hätten.
»Was sollen wir tun?«, fragte Konrad und bedauerte es, nicht dreißig oder vierzig handfeste Panzerreiter aus König Karls Heer bei sich zu haben.
»Wir können die armen Leute doch nicht den Heiden überlassen«, setzte Ermengilda hinzu. Zum Glück sprach sie leise genug, so dass die Mauren es nicht hören konnten.
Maite biss sich auf die Lippen und schüttelte dann den Kopf.
»Wir können diese Leute nicht mitnehmen, denn wir befinden uns auf der Heimreise, und dieser Hund, der über die Franken herrscht, würde meinen Herrn schwer bestrafen lassen, brächte er Christenschweine als Sklaven mit.«
Einer der Mauren lenkte sein Pferd neben das seines Anführers. »Am besten überlassen wir diese Ungläubigen dem Händler Said. Er bezahlt gut!«
Bei der Nennung dieses Namens zuckten Maite und ihre beiden Begleiter zusammen. Said hatte Fadl Ibn al Nafzi geholfen, sie nach Córdoba zu bringen, und würde zumindest Konrad erkennen, wenn er ihn wiedersah. Maite hoffte, dass sie diesem Mann während ihrer Flucht nicht begegnen würden, war aber geistesgegenwärtig genug, eifrig zu nicken.
»Tut das! Said ist ein ehrenwerter Mann. Mein Herr hat auch ihm schon Sklaven und schöne Frauen verschafft.« Im Geiste drehte sie sowohl dem Händler wie auch den Mauren, die sie überfallen hatten, den Hals um. Da Wünsche jedoch nicht ausreichten, um sie tot von den Pferden fallen zu lassen, konnten sie nicht mehr tun, als zuzusehen, wie die Mauren ihre Gefangenen antrieben und langsam mit ihnen nach Süden entschwanden. Erst allmählich begriffen die drei, wie nahe sie selbst am Abgrund gestanden hatten, und bekreuzigten sich.
Maite blickte sich sofort um, ob jemand die für Juden eigenartige Geste gesehen haben könnte, und stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass sie mutterseelenallein auf der Straße standen. Die Reisenden vor ihnen waren während der erzwungenen Pause ein ganzes Stück weitergekommen, und jene, die ihnen gefolgt waren, hatten sich aus Angst vor den Reitern nicht näher herangewagt.
»Haben wir denn wirklich nichts für diese armen Leute tun können?«, fragte Ermengilda mit bebender Stimme.
»Nicht das Geringste. Hätten die Mauren den Verdacht geschöpft, wir könnten ebenfalls Christen sein, hätten sie uns ohne Gnade mitgeschleppt. Das Schicksal, das dich in diesem Fall erwartet hätte, würde dir deine Zeit in Abd ar-Rahmans Harem wie das Paradies erscheinen lassen.«
Maite wischte sich mit einer energischen Handbewegung über die Augen, aus denen sich einige Tränen gestohlen hatten, und schritt weiter nach Norden, in jene Richtung, in der, wie sie hoffte, die Freiheit auf sie wartete. Ermengildas Esel folgte ihr gehorsam, während Konrad noch einige Augenblicke verharrte und sich dabei schüttelte. Schließlich versetzte er seinem Reittier einen leichten Schlag und holte die beiden Frauen rasch wieder ein.
»Kannst du mir sagen, weshalb diese maurischen Hunde die armen Leute gefangen und mitgenommen haben?« Die Fragegalt eigentlich Maite, doch es war Ermengilda, die ihm Antwort gab.
»Wahrscheinlich wollten diese Menschen nach Asturien fliehen. Dies geschieht immer wieder. Einige der maurischen Herren behandeln die Christen in ihrem Machtbereich wie Tiere und nehmen ihnen die schönsten Jungfrauen ab, um sie in ihre Harems zu stecken. Daher wagen etliche von ihnen die Flucht, auch wenn die Gefahren, denen sie sich damit aussetzen, sehr groß sind, wie wir eben miterleben mussten. Doch für die Freiheit, unter ihresgleichen leben und beten zu können, nehmen sie alles in Kauf.«
»Mögen Gott und unser Heiland Jesus Christus sich dieser Leute erbarmen, und unser ebenfalls, weil wir nicht in der Lage waren, ihnen zu helfen«, sagte Konrad und sprach noch ein Gebet für die armen Menschen, die die Freiheit gesucht und bitterste Sklaverei gefunden hatten. Dann richtete auch er den Blick gen Norden.
6.
D
er Zwischenfall mit den christlichen Flüchtlingen lastete noch lange wie ein Alp auf den Gemütern der drei. Die durch ihre Schwangerschaft empfindsam gewordene Ermengilda weinte den ganzen restlichen Tag hindurch und vermochte sich auch am Abend nicht zu beruhigen. Zum Glück stieß sie nur unverständliche Töne aus, sonst hätte Maite sie zurechtweisen oder gar mit Schlägen zum Schweigen bringen müssen.
Dabei war ihr selbst
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