Die Rose von Asturien
seinen Kriegern, ebenfalls stehen zu bleiben, und ritt ein paar Schritte vor.
»Du verlangst Unmögliches, Jussuf Ibn al Qasi. Dies ist meine Tochter, und wer sie wie ein wildes Tier jagt, ist mein Feind!« Er hatte den Anführer der Mauren erkannt und war froh, seinen alten Bekannten Jussuf vor sich zu haben, und nicht einen der anderen maurischen Feldherren. Hätte Fadl Ibn al Nafzi die Mauren befehligt, wäre es mit Sicherheit zum Kampf gekommen. So aber hoffte Roderich, mit dem Freund verhandeln zu können.
Jussuf Ibn al Qasi musterte die lange Reihe der Asturier. Sie waren seinen Männern an Zahl überlegen und würden unter den Mauern der eigenen Burg besonders erbittert streiten. Mit einer resignierenden Geste wandte er sich an seine Männer. »Hier das Schwert zu ziehen würde uns nur unnötige Verluste einbringen. Ich werde mit dem Grenzgrafen verhandeln.«
»Wir wollen Rache für Fadl Ibn al Nafzi!«, rief einer der Männer zornig.
»Wenn du kämpfen willst, dann tu es. Ich und meine Krieger halten uns raus!« Jussuf Ibn al Qasis Stimme klang scharf. Er mochte die Berber nicht, die in das Land kamen, das seine Familie seit vielen Jahren beherrschte, und Forderungen stellten, die zu erfüllen er weniger denn je bereit war. Im Grunde seines Herzens war er den Leuten, die er verfolgt hatte, sogar dankbar, denn sie hatten ihn von Fadl Ibn al Nafzi befreit, dessen Pläne auch für ihn hätten gefährlich werden können.
Ungerührt sah er zu, wie Fadls Gefolgsleute weiterritten, währendseine Männer sich um ihn versammelten. Als den Berbern klarwurde, dass sie allein gegen die Übermacht der Asturier standen, zügelten auch sie die Pferde. Die Blicke, mit denen sie ihn bedachten, verrieten Verachtung und kaum unterdrückte Wut.
Jussuf achtete nicht darauf, sondern ritt auf Roderich zu und hob grüßend die Hand. »Lass uns wie vernünftige Männer miteinander reden, Roderich. Wenn wir beide die Schwerter kreuzen, werden sich nur andere freuen!«
… bei dir wäre es Eneko von Pamplona, der noch immer hoff t, die Waskonen unter seine Herrschaft zu bringen, und bei mir der Emir und seine Berber, denen wir Banu Qasim ein Dorn im Auge sind,
fuhr er in Gedanken fort. Zufrieden sah er, dass Roderich zustimmend nickte.
»Wir werden miteinander reden, Jussuf. Fordere jedoch nicht, dass ich dir meine Tochter übergeben soll!«
»Ich werde mir anhören, was du zu sagen hast, und danach entscheiden!« Jussuf Ibn al Qasi setzte seine Stute in Bewegung und ritt auf die Asturier zu.
Roderich reichte ihm vom Sattel aus die Hand. »Sei mir willkommen. Bei deinen Männern hoffe ich jedoch, dass sie Ruhe geben. Sollten sie zu plündern beginnen, müssen die Schwerter sprechen.«
»Meine Männer werden es gewiss nicht tun, und was die Berber betrifft, kannst du sie in dem Fall wie Diebe behandeln. Für sie werde ich keinen Finger rühren!«
Roderich begriff, dass es seinem Gast sogar lieb wäre, wenn sie die Berber erschlagen würden. Da diese Krieger jedoch im Dienst des Emirs standen, befahl er seinen Leuten, die Waffen nur im Notfall zu ziehen. In diesen Zeiten war es zu gefährlich, sich Abd ar-Rahmans Feindschaft zuzuziehen, ansonsten geriete er zwischen Hammer und Amboss. Er war überzeugt, dass die Franken zurückkehren würden. Die Vernichtung desletzten Heeresteils unter Roland von Cenomanien hatte ihnen zwar einen harten Schlag versetzt, gleichzeitig aber auch ihre Rachsucht geweckt. Wenn sie zurückkehrten, war das ganz im Sinne des Emirs. Abd ar-Rahman wollte die christlichen Herrschaften Nordspaniens und die Franken gegeneinanderhetzen, um daraus den größtmöglichen Vorteil für sich zu ziehen. Daher galt es, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um nicht von dem Sturm erfasst zu werden, den er am Horizont aufziehen sah.
»Folgt mir!« Es galt seiner Tochter und deren Begleitern ebenso wie Jussuf. Während seine Männer als eine lebende Warnung für die anderen Mauren kampfbereit vor der Burg verharrten, ritt Roderich durch das Tor, stieg im Burghof schwerfällig aus dem Sattel und streckte die Arme aus, um Ermengilda vom Pferd zu helfen.
Jussuf, der leichtfüßig von seiner Stute geglitten war, deutete eine Verbeugung in Richtung der jungen Frau an. »Du hast großen Mut und Tapferkeit bewiesen. Deine Söhne werden gewiss einmal große Krieger werden!«
Ermengilda sah ihn mit stolzem Blick an. »Mein Sohn wird ein großer Krieger werden!« Sie straffte dabei ihre Kleidung, so dass jeder die leichte
Weitere Kostenlose Bücher