Die Rose von Asturien
des betäubenden Saftes, den sie ihm eingeflößt hatte, vor Schmerzen ächzte, wurde ihm klar, von wem Ermengilda ihre sanften Hände geerbt hatte. Schon nach kurzer Zeit hatte Doña Urraxa die Pfeilreste entfernt und die Wunden ausgewaschen. Sie überließ es jedoch Alma, Arzneien aufzutragen und die Verbände anzulegen, weil weitere Verpflichtungen in der Halle auf sie warteten. Für sie galt es, Jussuf Ibn al Qasi bei Laune zu halten, der als Freund und heimlicher Verbündeter wertvoll war.
Alma ging nicht ganz so zartfühlend mit dem Patienten um, doch die übrigen Bewohner der Roderichsburg hätten sich über ihre Rücksichtnahme gewundert. Trotzdem atmete Philibert auf, als sie endlich fertig war und sich freundlich von ihm verabschiedete. Nachdem er sich mit einem weiteren Schluck Wein gekräftigt hatte, hielt er Konrad, der seinen erschöpften Freund verlassen wollte, zurück. »Erinnerst du dich noch daran, wie oft wir zusammengesessen sind und Eward beneidethaben, weil er das besaß, was wir beide uns von ganzem Herzen wünschten?«
Konrad nickte wortlos, schenkte sich selbst einen Becher Wein ein und hörte zu.
»Nun werden für einen von uns die Träume in Erfüllung gehen. Aber ich will nicht, dass unsere Freundschaft darüber zerbricht. Schwöre mir, dass wir Freunde bleiben werden, ganz gleich, für wen Ermengilda sich entscheiden mag.«
Vom ersten Gefühl getrieben, wollte Konrad sagen, dass er sowohl Philibert wie auch Ermengilda in seinem ganzen Leben nicht mehr sehen wolle, wenn die junge Frau den anderen wählte. Dann überlegte er, ob er seinem Freund sagen sollte, dass er Ermengilda bereits besessen hatte. Doch das würde für Philibert genauso wenig zählen wie die Tatsache, dass sie dem Emir der Mauren hatte zu Diensten sein müssen. Ihm aber bot diese eine Liebesnacht in dem Wäldchen an den Ufern des Guadalquivir einen Vorteil, der für Ermengilda den Ausschlag geben konnte. Daher willigte er ein.
»Wir bleiben Freunde!«
»Versprochen?«
»Versprochen!« Konrad reichte Philibert die Hand. Dieser ergriff sie mit Tränen in den Augen. »Unser Heiland im Himmel ist mein Zeuge, dass ich Ermengilda keinem mehr gönnen würde als dir. Bei Gott, fast wünschte ich, sie würde dich nehmen. Damit könnte ich all das abtragen, was ich dir schulde. Aber ich liebe sie zu sehr.«
»Was würdest du tun, wenn Ermengilda mich wählt?«, fragte Konrad nachdenklich.
»Ich würde, sobald ich wieder reiten kann, mein Pferd satteln, das Schwert in die Hand nehmen und nach Süden reiten und dort so viele Mauren töten, wie ich nur kann, bevor es mich erwischt.«
Das Schlimme an Philiberts Worten war, dass sie so entsetzlichernst klangen. Konrad traute es ihm zu, so zu handeln, während er selbst nicht so weit gehen würde, eines Weibes wegen sein Leben wegzuwerfen.
Die beiden wussten nicht, dass sie belauscht worden waren. Ermengilda und Maite hatten ihr Bad beendet und sich angezogen. Kaum waren sie in lange Hemden und Übergewänder geschlüpft, ergriffen sie die Stolen, die ihnen als Kopftücher dienten, und eilten zu der Kammer, in der ihre Begleiter untergebracht waren. Sie kamen gerade rechtzeitig, um Philiberts Worte zu vernehmen.
Ermengilda fasste nach Maites Händen und presste sie gegen ihre Brust. »Verstehst du jetzt, warum ich ihn heiraten muss?« Das Wort »muss« fand Maite übertrieben, und sie sagte sich, dass es Konrad nur recht geschah, wenn Ermengilda sich für Philibert entschied. Hatte er doch ihre Freundin während ihrer Flucht bereits als sein Eigentum betrachtet.
»Ich muss vorher mit Konrad reden. Lenke du derweil Philibert ab.« Ermengilda zog Maite mit in die Kammer und schubste sie zu der Bettstatt, auf der der Verletzte lag. Sie selbst wandte sich an Konrad.
»Wollen wir nicht ein wenig hinausgehen?«
»Gerne!« Konrads Augen leuchteten auf. Wie es aussah, hatte das, was bei Córdoba zwischen ihnen geschehen war, doch Bestand. Er folgte Ermengilda bis zu einem Altan, der in den Hof hineinragte, und lehnte sich dort mit dem Rücken gegen eine der hölzernen Säulen, die das Dach trugen.
Ermengilda setzte ein paarmal zum Sprechen an, brach aber immer wieder ab und blickte zuletzt ängstlich zu Boden. »Das, was ich dir zu sagen habe, fällt mir nicht leicht. Wenn es Philibert nicht gäbe, würde ich dich mit Freuden zum Manne nehmen und glücklich mit dir werden. Doch so kann ich es nicht.«
»Das war knapp und deutlich!« Konrad biss die Lippen zusammen,um nicht
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