Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
sich um den Griff ihres Dolches, und sie wusste nicht, wen sie zuerst niederstechen sollte, ihren Onkel oder den aufgeblasenen Boten, den Eneko von Iruñea nach Askaiz geschickt hatte. Wenn der Mann wenigstens wie ein Waskone gekleidet gewesen wäre, hätte sie ihn vielleicht ernst nehmen können. Doch in seinen Leinenhosen, den gewickelten Waden, der knielangen blauen Tunika mit bestickten Säumen und dem lächerlich kurzen Umhang sah Zigor aus wie ein Asturier. Noch anstößiger als sein Äußeres fand sie jedoch die Forderung, die er überbracht hatte.
    »Wie käme ich dazu, dir meine Sklavin zu übergeben? Ich habe sie ehrlich im Kampf erbeutet, und niemand – auch nicht mein Onkel oder Eneko – hat das Recht, sie mir abzufordern!« Okin hatte mit Maites Widerstand gerechnet, doch der Mann aus Iruñea lief dunkelrot an. »Es ist Graf Enekos Wille, dass Jungfer Ermengilda zu ihm gebracht wird, damit er sie ihrem erwählten Bräutigam übergeben kann.«
    Er nennt Eneko wirklich Graf, als wäre dieser ein Vasall der Asturier oder Franken und kein freier Waskone, schoss es Maite durch den Kopf. Sie verschränkte die Arme vor derBrust und bedachte den Boten mit einem hochmütigen Blick. »Wer ist Eneko, dass er mir etwas befehlen könnte?«
    »Bei Gott, Mädchen, willst du denn nicht begreifen? König Karl von Franken führt ein gewaltiges Heer Richtung Süden. Unsere gascognischen Verwandten vermögen die Anzahl seiner Krieger nicht einmal mehr zu schätzen. Karl den Kampf anzusagen wäre gleichbedeutend mit dem Ende unseres Volkes – und dazu wird es kommen, wenn der Schimpf, den du seinem Verwandten Eward angetan hast, nicht getilgt wird. Du wirst mir Ermengilda übergeben, damit ich sie nach Iruñea geleiten kann!« Drohend trat Zigor auf sie zu.
    Maite jedoch zückte ihren Dolch, so dass der Mann stehen blieb und sogar einen Schritt zurückwich. »Ermengilda ist mein Eigentum, und wer sie mir wegnehmen will, bekommt meine Klinge zu spüren.«
    Okin zischte einen Fluch. »Habe ich dir nicht prophezeit, dass dieses starrsinnige Ding nicht auf uns hören wird? Ich kann dir gar nicht sagen, wie oft ich Maite schon beschworen habe, Ermengilda zu ihrem Vater zurückzuschicken. Wäre Graf Roderich derzeit nicht damit beschäftigt, seinen König in Galizien gegen Mauregatos Rebellen zu unterstützen, würde er mit Sicherheit die Berge hier umgraben, um seine Tochter zurückzugewinnen.«
    »Ammenmärchen!«, rief Maite mit einer verächtlichen Handbewegung. »Zum einen weiß Graf Roderich nicht, dass seine Tochter sich hier bei uns aufhält …«
    »Weil du und deine Freunde den Anschein erweckt habt, sie sei bei Eneko in Iruñea!«, fiel Okin ihr ins Wort.
    Maite lachte wie über einen gelungenen Streich. »Genau das war meine Absicht. Roderich wird niemals das Leben seiner Tochter gefährden und Eneko angreifen, sondern vorher verhandeln.«
    »Hier geht es aber nicht um einen asturischen Grafen, sondernum den König der Franken. Der verhandelt nicht, der fordert!« Okin war mit seiner Geduld am Ende und überlegte, ob er nicht die Krieger, auf die er sich verlassen konnte, rufen und ihnen befehlen sollte, Maite festzusetzen. Da er sich mit dieser Handlung jedoch die jüngeren Männer und auch jene Stammesmitglieder zum Feind machen würde, die immer noch Iker nachtrauerten, gab er den Gedanken wieder auf und warf Zigor einen hilfesuchenden Blick zu.
    Der Mann aus Iruñea musterte Maite finster. »Dein Oheim hat recht! Das hier ist eine zu bedeutende Sache, um sie den Launen eines Mädchens zu überlassen. Wenn Graf Eneko die Rose von Asturien den Franken übergibt, kommt das Ansehen, das er dadurch gewinnt, auch eurem Stamm zugute.«
    »Pah!« Maite hob die Nase hoch, verriet ihr Okins Miene doch, wem dieses Ansehen zugutekommen sollte, nämlich in erster Linie ihm selbst. Ihr Onkel führte sich von Tag zu Tag selbstherrlicher auf und tat ganz so, als sei er der anerkannte Häuptling des Stammes und kein Anführer auf Abruf.
    Zigor von Iruñea begriff, wie stark es in Maite brodelte, und fürchtete das Schlimmste für ihre Gefangene. »Es soll ja nicht umsonst sein, Mädchen. Graf Eneko bietet dir im Austausch drei maurische Sklavinnen an, die mit Sicherheit besser arbeiten können als eine Dame von königlich-asturischem Blut.«
    »Ermengilda gehört mir, und dabei bleibt es, mag dein Anführer sich auch hundertfach mit einem asturischen Titel schmücken.«
    »Der Rang eines Grafen ist nicht auf Asturien

Weitere Kostenlose Bücher