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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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Johannas Kopf rangen so viele Gedanken um ihre Aufmerksamkeit, dass sie glaubte, den Verstand zu verlieren. Sie dachte an Eirik. Sie dachte an Andronikos, seine sanfte Stimme und seine weiche Hand. Es schien ihr unvorstellbar, was Theodora am Vorabend angedeutet hatte. Doch obwohl die anderen beiden Frauen in der Sonne saßen und der Wind mit ihren Kleidern aus bunten, zarten Seidenstoffen spielte, lag eine Traurigkeit zwischen ihnen, als fügten sie sich in ein schreckliches Schicksal. Als fände Theodora nur deshalb diese liebevollen Worte, weil sie Schwestern waren. Sie teilten dasselbe grausame Schicksal.
    Zögernd trat Johanna ins Sonnenlicht. Die Wärme verfing sich in ihrem roten Haar, und die taubengraue Seide ihres Kleids schimmerte grünlich. Ihre Hände strichen über den Stoff; es war ihr unangenehm, nach all den Wochen in ihrem kurzen Kittel aus grobem Stoff plötzlich in ein Gewand gekleidet zu werden, das einer Adligen würdig war.
    Livia blinzelte gegen die grelle Sonne und wandte sich wieder an Theodora. „Erzähl mir mehr von ihm.“
    „Du willst gar nicht alles wissen“, erwiderte Theodora. Müdigkeit lag in ihrer Stimme und ihrer Bewegung, als sie sich eine Strähne ihres offenen Haars aus der Stirn strich.
    Johanna hockte sich den anderen beiden gegenüber auf die zweite Steinbank. Es war still im Garten; nach dem Lärm des Sklavenmarkts konnte sie hier endlich durchatmen. Vorsichtig sog sie die warme, angenehm saubere Luft ein, nahm den Duft der Rosenblüten in sich auf, die an den Steinwänden emporrankten und ihre Blüten zu voller Pracht entfalteten.
    „Er wird es mögen, mit dir zu spielen. Mit deiner Angst.“
    Ein Klappern hinter Johannas Rücken ließ sie herumfahren, ehe sie Theodora fragen konnte, was sie damit meinte. Ermingard eilte durch den Garten, drei junge Männer folgten ihr hastig und trugen kleine, gedeckte Tischchen vor sich her.
    „Ich habe euch doch gesagt, ich werde euch holen.“ Ermingard baute sich vor ihnen auf, stemmte die geballten Fäuste in die runden Hüften und maß nacheinander Theodora, Livia und Johanna mit Blicken. Was sie sah, fand ihre Zustimmung, denn sie nickte knapp und wandte sich ab. „Unser Herr kommt heute Nachmittag aus Byzanz. Seid für ihn bereit, wenn er nach euch schicken lässt.“
    Sie ging. Johanna starrte ihr nach; der Rücken schien ihren Unmut auszusprechen, wie es ihre Lippen nicht vermochten.
    „Ermingard ist eine gute Frau.“ Wieder Theodoras sanfte Stimme, die so wenig von dem verriet, was sich hinter den Narben verbarg, die ihr Gesicht in zwei Hälften zerrissen. „Sie kümmert sich auch spät in der Nacht noch um eure Blessuren.“
    Ein Schweigen legte sich über den Garten, und Johanna fragte sich, warum niemand aß.
    „Aber er will doch lange …“ Livia verstummte.
    „Du meinst, er will lange seinen Spaß mit uns haben? Wenn’s so einfach wäre. Mädchen wie wir sind auf dem Sklavenmarkt billig und leicht zu bekommen. Wenn ihr wüsstet, wie viele ich schon kommen und gehen sah.“
    Johannas Kopf ruckte hoch. „Wie meinst du das?“, fragte sie, ihren ganzen Mut raffend. „Was heißt das, dass die Mädchen verschwinden, dass sie billig zu bekommen sind?“
    Livia und Theodora wechselten stumm einen Blick, als rangen sie, wer von ihnen Johanna die Wahrheit sagen sollte. In Johannas Bauch ballte sich plötzlich die Angst, und fröstelnd schlang sie die Arme um ihren Oberkörper.
    Theodora nahm ein Stück vom Brot, das auf ihrem Tischchen in einer Schale lag. Weißes, weiches Brot aus fein gemahlenem Mehl, das sie mit einer gezierten Bewegung in ein Schälchen mit süßem Honig tunkte. „Was weißt du?“, fragte sie.
    „Wir sind seine Sklavinnen. Er wird uns benutzen, um …“ Sie sprach nicht weiter.
    „Ja, wir sollen ihm Lust bereiten, sprich’s ruhig aus. Für ihn sind wir nichts außer Huren. Seine Huren. Er nimmt uns, wie es ihm gefällt.“
    Theodora beugte sich vor. „Er weidet sich an unserem Schmerz.“
    Johanna runzelte die Stirn. Sie versuchte, diese Worte mit dem Mann in Einklang zu bringen, dem sie in der Nacht begegnet war. Seine kindliche Stimme, seine weichen Hände, seine zarten Bewegungen … Und dieser Mann liebte es, Schmerzen zu bereiten?
    „Und wenn du wimmernd vor ihm am Boden liegst, wenn du ihn anflehst, endlich damit aufzuhören, wenn du ihn anbettelst, dass er dich erlöst, und wenn für dich der Tod die einzige Erlösung ist, die du zu erhoffen glaubst, dann tröstet er dich, dann

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