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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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verzweifelt, so eindringlich. Eirik setzte sich wieder neben sie, löste ihre Hand von seinem Ärmel und barg sie in seinen Händen. Zart und zerbrechlich wirkten ihre Finger, und in aufwallender Zärtlichkeit streichelte er den Nagel ihres Zeigefingers, den sie blutig gebissen hatte. Sie zuckte zusammen.
    „Biete ihm meinen Leib gegen den des Frankenmädchens. Kämpft, spielt, ringt um uns, es ist mir gleich, wie ihr es anstellt. Dein Pfand bin ich. Sein Pfand ist die Fränkin. Der Sieger bekommt uns beide.“
    Er verstand nicht, was sie damit sagen wollte.
    „Wenn du gewinnst, soll er mich für alle Zeiten in Ruhe lassen“, flüsterte sie. „Und er soll dir die Fränkin überlassen.“
    Warum sollte Andronikos auf diesen Handel eingehen?
    Als hätte er seine Frage laut gestellt, antwortete sie: „Er wird darauf eingehen, glaub mir.“
    Weil er ein Spieler ist. Weil er mit allen spielt.
    „Und wenn ich verliere?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Du verlierst nicht.“
    „Ich muss darüber nachdenken.“
    „Denk nicht zu lange nach. Gut möglich, dass es für dein Frankenmädchen dann zu spät ist.“
    Sie stand auf; die Unterredung war beendet. Eirik sprang auf die Füße. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Ehe sie ging, wandte sie sich ein letztes Mal zu ihm um.
    „Morgen reisen wir zu seinem Landsitz. Du wirst mich doch begleiten?“
    Sie traf diese Entscheidung für ihn. Sie ließ ihm keine Wahl.
    Er nickte nur.
    Sie legte ihm den Beutel mit den Goldmünzen in die Hand. „Danke“, flüsterte sie und ging.
    Lange stand Eirik reglos da und lauschte. Alles blieb still. Die beiden Soldaten waren zurückgekehrt und beobachteten ihn abschätzig. Als Eirik schließlich ging, glaubte er, ihre bohrenden Blicke im Rücken zu spüren.
    Er gehörte nicht mehr zu ihnen. Trotzdem stand ihm ein Kampf bevor. Und dieses Mal stand mehr auf dem Spiel als sein eigenes Leben.
    Die Hitze des Tages wich einer milden Abenddämmerung. Johanna spazierte durch den Innenhof, mit langsamen Schritten ging sie auf und ab. Ihr Hintern schmerzte noch immer von Andronikos’ Züchtigungen am Vortag, obwohl Ermingard sie mit einer kühlenden Salbe versorgt hatte. Stumm hatte sie die Salbe in Johannas Kehrseite eingerieben. Auf Johannas Versuche, ein Gespräch zu beginnen, und sei es noch so belanglos, war sie nicht eingegangen. Sie hatte nur immer wieder stumm den Kopf geschüttelt.
    Auch Theodora und Livia hatten sich verändert. Als wäre Johanna gezeichnet. Nein, schlimmer: als wäre sie tot, ein Geist, der unter Lebenden wandelte.
    Alle wussten, dass sie die Nächste war. Sie wussten es und mieden den Blickkontakt mit Johanna, damit sie nicht das leise Mitleid in ihren Augen lesen konnte.
    Sie trat am Abend in den großen Raum und ging zu der Tafel. Theodora blickte auf. Livia, die sich gerade erhob und gehen wollte, sank wieder auf die Bank. Schweigend beobachteten die beiden, wie Johanna sich einen Teller nahm, vom Fleisch auftat, ein Stück Brot abbrach, Früchte neben das Fleisch häufte und sich einen Weinkrug nahm.
    „Setz dich zu uns“, sagte Theodora sanft. Sie hatte gewonnen. Andronikos hatte Johannas Tod beschlossen, da konnte Theodora großzügig sein.
    „Danke, ich stehe lieber.“
    Johanna ging zurück in ihr Gemach. Sie wollte nicht weinen, aber alles schmeckte nach Salz, und sie würgte schwer an dem Klumpen, der in ihrer Kehle klebte und ihr das Essen schier unmöglich machte.
    Sie fürchtete sich vor dem Moment, wenn er nach ihr schicken ließ. Sie fürchtete sich, weil ihr Haar noch nass war von dem morgendlichen Bad, das Ermingard ihr aufgedrängt hatte. Sorgfältig hatte sie Johannas Haar gewaschen und danach ausgespült, hatte die Strähnen entwirrt und gekämmt, ehe sie Johanna hinausschickte, dass sie es in der Sonne trocknen lassen konnte.
    So pflegte man wohl nur ein Mädchen, dessen Haar schon bald in knisterndes Nichts aufging.
    Es war dunkel, als er nach ihr schickte.
    Wieder leuchtete Ermingard ihr den Weg. Doch diesmal führte sie Johanna nicht in eine kleine Kammer, nicht in einen dunklen Gang, sondern in einen großen Raum, der prachtvoller war als alle anderen Räume, die sie bisher aufgesucht hatte. Mosaikböden, Wandteppiche, goldener Glanz und warmer Kerzenschein.
    Sie war in seinen Privatgemächern.
    Das Zittern erfasste ihren Körper unerbittlich. Sie widerstand dem Wunsch, auf die Knie zu sinken und ihn um ihr Leben anzuflehen. Wo war ihr Überlebenswille hin, wo ihre Wut?
    Johanna

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