Die Rose von Byzanz
Schachspiel, aber Andronikos hatte darauf bestanden. Die Entscheidung lag bei ihm, schließlich wurde er herausgefordert.
Und er war ein Meister des Schachspiels.
Was Eirik nicht von sich behaupten würde …
„Können wir beginnen?“, fragte Andronikos. Er richtete seine purpurrote mit Goldfäden bestickte Tunika und wischte ein unsichtbares Stäubchen von seinem Ärmel.
„Natürlich.“ Eirik räusperte sich.
„Bitte. Du hast die weißen Figuren.“
Ein weiteres Mosaiksteinchen auf dem Weg zu seiner Demütigung. Eirik wusste, das hier bereitete Andronikos viel Spaß. Er genoss dieses Spiel. Er wähnte sich als Sieger.
Doch Eirik war nicht bereit, kampflos aufzugeben.
Sie spielten schweigend. Eirik saß nach vorn gebeugt und hatte nur Blick und Gedanken für das Schachspiel, das Muster aus weißen und schwarzen Feldern, weißen und schwarzen Figuren, die vor- und zurückwogten in einem stummen Tanz. Er überlegte lange, ließ sich bei jedem Zug Zeit. Vom Wein trank er nicht, sondern ließ sich Wasser bringen; die Süßigkeiten ließ er stehen und bat einen Diener, ihm aus der Küche Eintopf oder etwas ähnlich Deftiges zu bringen.
Ganz anders Andronikos. Er spielte nicht nur auf dem Schachbrett, sondern darüber hinaus gab er eine Vorstellung als großzügiger, ja, sogar großherziger Mann. Er plauderte mit Irene und Johanna, aber ihn kümmerten nicht die einsilbigen Antworten Johannas und die kühlen Irenes; er ließ sich die verschiedensten Leckereien aus der Küche bringen, bestellte mehr Wein und stand nach so manchem Zug auf und umrundete das Spielbrett mit einem zufriedenen Grinsen.
Kurz: Er tat alles, um Eirik zu verunsichern.
Doch es gelang ihm nicht. Zug um Zug drängte Eirik seine Figuren zurück, schlug einen Bauern mehr, ja, es gelang ihm sogar, gegen das Opfer eines Läufers, den er hoffnungslos in eine Ecke gestellt hatte, einen Turm zu schlagen. Das selbstzufriedene Grinsen Andronikos’ verblasste.
„Schach.“ Eirik schob seinen Turm zur Grundlinie vor.
„Du spielst nicht schlecht, Waräger.“
Eirik zuckte nur mit den Schultern.
„Nein, mich würde das interessieren. Woher diese Fertigkeit? Ich habe geglaubt, leichtes Spiel mit dir zu haben, aber jetzt erweist du dich nicht nur als ebenbürtiger Gegner, sondern drohst auch, mich in drei Zügen mattzusetzen.“ Nachdenklich studierte er das Schachbrett. „Nein, sogar in zwei Zügen. Siehst du es auch?“
Eirik sah es, doch er schwieg dazu.
„Wenn ich mit meiner Dame …“ Andronikos überlegte laut. Aber dann schüttelte er den Kopf. „Wie schade. Die erste Partie geht wohl doch an dich.“ Er legte seinen König hin – das Zeichen, dass er sich geschlagen gab.
Eirik atmete tief durch. Er hatte gewonnen. Nur noch ein Sieg trennte ihn von Johanna.
Erst jetzt wagte er, zu ihr herüberzublicken, und erschrak: Sie weinte.
„Na, kein Grund, traurig zu sein!“ Andronikos hatte es auch gesehen. „Aber weil sich dein tapferer Warägerkrieger so gut geschlagen hat, erlaube ich euch beiden, den Rest der Nacht gemeinsam zu verbringen. Nun, was hältst du davon, Feuerhexe?“
Sie schluchzte auf.
„Nimm sie dir, diese Nacht ist sie dein.“ Er machte eine einladende Handbewegung. „Ich lasse mir nicht vorwerfen, ich sei nicht großzügig.“
8. KAPITEL
Ein merkwürdiges Gefühl war es, an seiner Seite zu gehen. Sie hob nicht den Blick, horchte nur auf seine Schritte. Ihre nackten Füße waren eisig kalt.
Sie sehnte sich nach ihm, dass es eine Qual war. So sehr hatte sich alles in ihr angespannt, während sie dem Schachspiel zusah, dass ihre Muskeln jetzt von der Anstrengung zitterten und schmerzten.
Aber in ihr tanzte etwas anderes.
Diese Nacht gehörte ihnen.
Sie gingen in ihr Gemach. Still war es in diesem Teil des Palasts. Dunkel lag der große Raum da, in dem sie mit Theodora und Livia die Mahlzeiten einnahm. Sie steuerte die Tür ihres Gemachs an. Dahinter waren sie allein. Dahinter wagte sie erst, das Wort an ihn zu richten.
Sie fürchtete die Tränen, die in ihren Augen brannten.
Und was geschah danach?
Für diese Nacht durfte er über sie verfügen. Dankbarkeit und Angst vermischten sich. Sie wollte ihm zeigen, wie froh sie war.
Sie wollte ihm nah sein.
Aber erwartete er das nicht auch von ihr, da sie für diese Nacht sein war?
Zögernd blieb sie in der Mitte ihres Gemachs stehen, das von wenigen Kerzen beleuchtet wurde. Eirik verharrte hinter ihr.
Was sollte sie nur sagen?
Er sprach zuerst. „Wenn du
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