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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Gordon
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über ihren Handrücken. Es kribbelte, es brannte, als hätte er sie mit Säure übergossen. Es schmerzte.
    Aber sie zog die Hand nicht zurück. Sie wartete. Innerlich bebte sie, sehnte sich so sehr nach seiner Berührung. Sehnte sich nach seinen Küssen, die er ihr früher jede Nacht hatte zukommen lassen. Oh, er wusste allzu gut, was ihr gefiel.
    „Ich habe lange auf diesen Moment gewartet“, flüsterte er. „Weißt du eigentlich, wie sehr es mich schmerzte, dich mit diesem räudigen Waräger zu sehen? Wie du dich lieber mit einem dreckigen Nordmann vergnügt hast und deinen heiligen Körper entweihtest, statt mit mir …?“
    Sie antwortete nicht.
    Seine Lippen berührten ihre Hand. Sie zuckte zurück, aber seine Hand hielt ihre Finger unnachgiebig fest, es schmerzte fast.
    Wie alles. Alles, was mit dir zusammenhängt, schmerzt irgendwann.
    Aber warum konnte sie ihn nicht vergessen? Warum stand sie in seinem Gemach und hatte gleichermaßen Angst und freute sich auf das, was sie erwartete?
    Sie sollte gehen. Sofort. Sie sollte sich umdrehen und verschwinden. Schnell! Es war verboten, nicht nur das: Seine Liebe erdrückte sie. Zerstörte sie. Es hatte lange gedauert, bis sie in Eiriks Armen vergaß, dass sie mehr war als nur die Geliebte ihres Bruders.
    Aber war sie denn mehr?
    „Du hast doch nicht etwa Angst vor deinem eigenen Bruder?“
    Spöttisch hob er seine Augenbrauen. Diese weichen, zarten Brauen, die sie so gerne gestreichelt hatte …
    Irene wandte den Kopf ab. „Ich bin müde“, log sie.
    „Dann lass uns Wein trinken. Hast du Hunger? Ich lasse uns etwas bringen. Komm, wir setzen uns und reden.“
    Worüber willst du denn reden? Doch nicht über längst vergangene Zeiten?
    „Weißt du noch? Als unser Vater starb, ließ er uns vorher zu sich rufen. Er hat dir aufgetragen, immer auf mich aufzupassen.“
    „Irgendwie drängt sich mir der Gedanke auf, das ist mir nicht allzu gut gelungen.“
    Er lachte und geleitete sie zum Bett. Sie sträubte sich, wollte sich nicht in die weichen Kissen fallen lassen, weil sie fürchtete, danach nie wieder aufstehen zu wollen.
    Dir genügt nicht, dass ich dich liebe. Du willst es nicht nur wissen, du willst diese unmögliche Liebe leben.
    Sie hasste ihn.
    Vorsichtig setzte sie sich auf die Bettkante.
    Andronikos streifte seine Stiefel ab. Ein Diener kam und trug auf einem Silbertablett allerlei Köstlichkeiten herbei. Hinter ihm kam ein Junge, der ein Tischchen vor sich hertrug, auf dem er silberne Becher und einen passenden Krug balancierte. Er stellte das Tischchen ab. Edelsteine funkelten im Kerzenschein.
    Andronikos klatschte in die Hände. Die Diener verneigten sich tief, dann huschten sie lautlos davon, verschmolzen mit den Schatten und ließen sie allein.
    „Trink.“ Er reichte ihr einen Becher Wein.
    Ihre Hände waren eiskalt und verschwitzt. Sie nahm den Becher entgegen, versuchte sich an einem Lächeln, das gründlich misslang. Seine Hand berührte ihre. „Du brauchst keine Angst haben, kleine Schwester.“
    „Früher warst du immer der Kleine“, versuchte sie, ihn abzulenken.
    „Du meinst ganz früher? Als Vater starb?“ Er lächelte, nippte am Wein und lehnte sich zurück. „Weißt du, dass Vater vergiftet wurde?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    Ihr Vater starb, als Andronikos elf war und sie gerade das dreizehnte Lebensjahr vollendet hatte. Eines Tages legte er sich zu Bett und klagte über heftige Leibschmerzen. Er stand nie wieder auf, doch dauerte es Wochen, bis sein Leiden ein Ende nahm.
    „Ich muss zugeben, er war nicht gerade einer meiner saubersten Morde. Aber mein erster.“
    Sie erstarrte.
    Blickte ihren Bruder an. Fragend. Forschend.
    Das hast du nicht getan. Oder doch? Du warst noch ein Kind, als er starb. Nein, das ist wieder einer deiner bösen Scherze. Schon immer hattest du einen bitteren Sinn für Humor und konntest jeden in die Irre führen.
    Besonders sie. Sie hatte sich von seinen Geschichten immer täuschen lassen.
    Andronikos lachte. „Meine Güte, du solltest dein Gesicht sehen! Ich glaube, du hast gerade überlegt, wie du es beweisen kannst.“ Er beugte sich zu ihr herüber. „Glaube mir, wenn ich es getan habe, gibt es nicht genug Spuren, um es mir nachzuweisen. Nicht nach so vielen Jahren.“
    „Du widerst mich an.“
    „Trotzdem bist du hier, nicht wahr? Ich halte dich nicht gegen deinen Willen fest. Ich habe auch noch gar nicht damit gedroht, dich zu fesseln. Nichts dergleichen.“
    Sie rührte sich nicht. Der Wein

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