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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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sterben sie alle, haben sie gesagt. Aber ich hab trotzdem gebetet.« Gerdchens Augen strahlten. »Und dann bist du doch gekommen!« Er war fest davon überzeugt, dass er seinen Teil zur glücklichen Heimkehr beigetragen hatte. »Und jetzt bete ich jeden Abend, dass Mama und das Baby gesund werden. Meinst du, das hilft wieder?«
    »Ich hoffe es, Gerd … Ich bete auch jeden Tag.« Gerdchen legte seinen Arm auf die Brust des Vaters. Er sprach in die Brusttasche des Pyjamas hinein: »Kriegen wir wieder Krieg? Musst du wieder weg, Papa?«
    Carl schluckte, er umarmte den Kleinen fest. »Ich glaub nicht, dass es bald wieder Krieg gibt … Mach dir nicht so viele Gedanken! Und nun schlaf.«
    Etwas tapste über den Flur. Die Türklinke senkte sich langsam, sprang dann hoch. Hansi stand im Türrahmen mit dem von Gesine genähten Teddy im Arm, rieb sich die Augen. »Mama?«
    Carl seufzte. »Komm her, Hansi. Jetzt ist es auch egal …« Sein Jüngster krabbelte zu ihnen ins Bett und schmiegte sich von der anderen Seite an seinen Vater. Carl brachte es nicht über sich, die Jungs zurück in ihre Kinderzimmer zu schicken. Er wagte sogar im Schlaf kaum, sich umzudrehen, aus Sorge, er könnte einen der beiden aus Versehen erdrücken oder verletzen.

London
    September 1951
    »Kathryn«, Lord Taintsworth räusperte sich, »mir sind da seltsame Gerüchte zu Ohren gekommen.«
    Blass, aber gefasst blickte seine Frau ihn an.
    »Du sollst vorm Eingang der Chelsea Flower Show in den Armen eines fremden Mannes gelegen haben.«
    Kathryn schwieg.
    Alfred räusperte sich noch einmal. »Außerdem habe ich von Golffreunden aus Cornwall gehört, dass die Spanische Grippe dort schon im März abgeklungen ist.« Er hielt kurz inne, dann fügte er hinzu: »Ich habe immer sehr an dir geschätzt, dass du ein ehrlicher Mensch bist.«
    Kathryn atmete tief durch.
    Sie ist so schön wie nie zuvor, dachte Lord Taintsworth schmerzlich berührt.
    Kathryn überlegte. Sollte sie es ihm jetzt sagen? Sie hatte zwar die Hoffnung auf ein gemeinsames Leben mit Carl noch nicht ganz aufgegeben, doch seinen Briefen entnahm sie neben den Liebesbekundungen auch, wie stark er in seiner Heimat verwurzelt war, wie er an seiner Familie hing. Sie selbst ertappte sich dabei, dass sie überlegte, ob sie ihre Kinder und künftigen Enkelkinder je zu Gesicht bekommen würde, wenn sie nach Kanada auswanderte. Ich werde meine Wohltätigkeitsprojekte auf Jersey nicht weiter vorantreiben können, dachte sie. Und es gefällt mir doch, als Lady Taintsworth vielen mächtigen und interessanten Menschen zu begegnen. Wie schön, dass ich Annabella in ihrem Liebeskummer ein wenig helfen konnte und dass unser Verhältnis dadurch endlich vertrauter geworden ist. Der arme Alfred, wie soll er nur ohne mich zurechtkommen? Mir werden die Gespräche mit Louis über alte Naturheilverfahren fehlen. Ob Carl mit mir wirklich auf Dauer so glücklich werden kann wie mit seiner Familie im Ammerland – auf lange Sicht betrachtet, in der Summe aller Dinge, die ihm Befriedigung verschaffen …? Ist es richtig von mir, ihn dort herauszureißen? Wenn ich ihn wirklich liebe, sollte ich nicht das für ihn wünschen, was für ihn das Beste ist? Und gegen all das stand nur ein einziges Argument, dieses übermächtige sehnsüchtige Gefühl: ICH LIEBE DICH , CARL , ICH WILL BEI DIR SEIN !
    Kathryn entschied, die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Der Mensch konnte nicht alles selbst entscheiden. Sie war bereit, aufzubrechen und neu anzufangen. Aber sie würde ebenso das Gegenteil akzeptieren.
    »Alfred, ich möchte dich auch jetzt nicht belügen«, antwortete sie schließlich. »Es stimmt, ich wäre beinahe ohnmächtig geworden, und ein Mann hat mich gehalten. Was die Quarantäne angeht – es hätte die Spanische Grippe sein können. Wenn der Amtsarzt es für möglich hielt, warum hätte ich es anzweifeln sollen? Und zum Glück ist mein Fieber ja schnell wieder verflogen …«
    »Wobei der Amtsarzt ein alter Bekannter ist …«
    »Ja und? Das mindert nicht seine Qualifikation.« Sie sah ihn offen an. »Alfred, wenn du nach mehr fragst, berichte ich mehr. Aber ich möchte dich bitten, tu es nicht. Will ich wissen, was du manchmal spätabends in Saint Helier treibst? Ich bin wieder hier. Ist das nicht, was wirklich zählt?«
    Lord Taintsworth ging einige Male auf und ab, für ihn ein Ausdruck größter Erregung. Dann blieb er vor ihr stehen.
    »Nun … Du hast Recht. Du bist hier, das ist es, was zählt. Willkommen

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