Die Rose von Darjeeling - Roman
ja auch so hervorragend, wie er dieses Jahr gelungen war. Ein angemessener, fairer Preis würde ihm helfen, den Engpass zu überbrücken. Zur Not musste er einen privaten Investor als stillen Teilhaber suchen.
Carl und Gustav suchten zu Beginn der Woche, nachdem Dr. Apple sie medizinisch untersucht hatte, ihre Träger aus und blieben dann in der Stadt in einem Hotel. Am nächsten Tag setzte sich von Darjeeling aus ein Vortrupp in Marsch, am Tag darauf sollte der Haupttrupp mit den Sahibs zu Pferde starten. Es war geplant, dass Samantha und Tsarong erst zwei Kilometer hinter der Stadt zu ihnen stießen. In Darjeeling selbst würde der Aufbruch viel Aufsehen erregen, und sie wären als Mitreisende sofort aufgefallen.
Kathryn kam, begleitet von Tinley, um den Aufbruch der Gruppe mitzuerleben. Zunächst wurde der Name eines jeden Trägers laut vorgelesen. Es waren etwa zur Hälfte Nepalesen von den Stämmen der Gurkha und Sherpa und zur anderen Hälfte Tibeter, vor allem Bhotias. Jeder hatte eine bestimmte Last, für die er fortan verantwortlich war, und erhielt fünfzehn Rupien als Vorschuss. Die Männer gaben das Geld gleich weiter an ihre Frauen, die gespannt zuschauten und ihnen dann halfen, die Lasten so zu polstern, dass sie möglichst wenig drückten. Zum Abschied wurde warmer Reiswein herumgereicht. Jede Frau hängte ihrem Mann einen weißen Segensschal um.
Kathryn hatte zwei besonders schön bestickte Exemplare besorgt. Sie ging an die Spitze und legte Carl und Gustav je einen Schal um den Hals. Ihre Augen wurden feucht, doch sie lächelte aufmunternd.
»Gut Pfad! Kommt gesund wieder.« Wie gerne wäre sie mit ihnen aufgebrochen! Ein scharfer, schneidender Schmerz durchfuhr ihre Brust.
»Passt auf euch auf«, bat sie. »Ich hoffe, ihr findet, was ihr euch wünscht.«
»Auf bald, Queen of Darjeeling!«, rief Gustav mit einem Augenzwinkern. Er küsste sie auf die Wange. Kathryn nahm den Duft von gebügelter Baumwolle mit einer Spur Sandelholz wahr. »Mach uns einen schönen Tee, wenn wir zurückkommen.«
»Auf Wiedersehen, Queen of Darjeeling!« Carl küsste sie auf die andere Wange. »Danke für deine Unterstützung.«
Die Morgensonne glänzte auf seinem welligen braunen Haar, die blauen Augen strahlten so intensiv, wie Kathryn es noch nie gesehen hatte. So sah ein Mensch aus, dessen Traum in Erfüllung ging. Sie versank in diesem Strudel der Gefühle, der ihr Herz zugleich leicht machte und sehnsüchtig.
Carl und Gustav würden ihr furchtbar fehlen.
Als Tinley und Kathryn Geestra Valley erreichten, kauerte vor der Tür des Haupthauses Aashmi.
»Sie ließ sich einfach nicht wegschicken, sie sitzt hier schon seit Stunden«, entschuldigte sich Jay.
»Schon gut, danke.« Kathryn wandte sich an das Mädchen. »Wie geht es deinem Bruder, Aashmi?«, fragte sie gleich alarmiert.
»Nicht gut.«
Kathryn schickte sofort nach einem Arzt. Dr. Smith, der regelmäßig die Teegärten bereiste, musste heute auf einer der benachbarten Plantagen sein. Besorgt sah sie dann wieder nach Aashmi, die immer noch traurig auf den Stufen vor dem Haus saß.
»Bedrückt dich noch etwas anderes?«, fragte Kathryn.
Aashmi nickte sichtlich verlegen, dann brach es aus ihr heraus, und sie erzählte von Padma und wie er sie bedrängte. »Ich bin an dem Abend nicht zu ihm gegangen«, schluchzte das Mädchen, »und jetzt ist er böse. Beim letzten Mal hat er mir nur vier Kilo Teeernte angerechnet und ins Büchlein geschrieben, obwohl ich mindestens sechs Kilo gepflückt habe.«
»Ich werde dir helfen«, sagte Kathryn, »das verspreche ich dir, doch um der Gerechtigkeit willen soll der Vorarbeiter sich auch äußern können. Erst mal kümmern wir uns um Babu, dann werden wir weitersehen.«
Kathryn beauftragte einen kleinen Jungen, nach dem Aufseher zu suchen und ihn herzubitten, als ein Bote aus Darjeeling kam. Er brachte einen Brief von Samantha. Die junge Frau riss ihn gleich auf und begann zu lesen.
Liebste Kathryn,
meine Mutter hatte einen Schlaganfall. Sie ist bei Bewusstsein, aber halbseitig gelähmt. Es kann sein, dass sie wieder gehen lernt, doch das wird dauern. Mutter braucht jetzt meine Hilfe, ich kann also nicht mit nach Sikkim wie geplant – Carl und Gustav habe ich benachrichtigen lassen, die Einreisepapiere lege ich bei. Tsarong bleibt übrigens auch in der Stadt. Wie schade für ihn.
Trotz allem ganz herzlichen Dank für Deine Hilfe.
In aller Eile
Deine Dich treu liebende Freundin Sam
PS : Nein, Du kannst im
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