Die Rose von Darjeeling - Roman
Moment nichts für uns tun.
PPS : Vielleicht ist es ja ein Wink des Schicksals …
Kathryn schickte den Boten in die Küche, sich etwas Erfrischendes zu trinken zu holen, dann starrte sie wieder auf den Brief ihrer Freundin. Für einen Moment vergaß sie Aashmi. Ach, arme Sam! Sie fühlte aufrichtig mit ihr. Sam hatte sich so gefreut auf ein paar Tage ungestörten Glücks. Und welche Sorgen musste sie jetzt durchstehen! Auch wenn Mrs Cox einem manchmal mit ihrem ewigen Genörgel gewaltig auf die Nerven gehen konnte, Samantha hatte außer ihrer Mutter keine Verwandten in Indien.
Ein Wink des Schicksals, hatte Sam geschrieben. Sollte am Ende sie für ihre Freundin … Kathryn schwankte. Nein, das konnte sie ihrem Vater nicht antun. Er hatte nur noch sie, seine Tochter. Und auch wenn ihr Verhältnis nicht das allerbeste war, ohne seine Erlaubnis in seiner Abwesenheit den Teegarten verlassen, das konnte sie nicht. Die beiden Deutschen wären sicher auch alles andere als begeistert, wenn sie plötzlich da stünde.
Kathryn hatte Gustav und Carl einige Tage zuvor doch noch gefragt, ob sie nicht mitkommen könne. Aber die beiden hatten sie nicht einmal ausreden lassen. Ihr lautes Gelächter war eine deutliche Antwort gewesen. Kathryn spürte, wie sich auf einmal Ärger in ihr breitzumachen begann. Die Männer hätten ihre Bitte zumindest ernst nehmen können, oder? Und immer musste sie sich nach anderen richten. Waren echte Abenteurer nicht Menschen, die eben nicht warteten, bis ihnen etwas erlaubt wurde, sondern Menschen, die auf eigene Verantwortung handelten? Die taten, was sie für richtig hielten?
Kathryns Gedanken rasten. Es wäre schon noch möglich, die Expedition einzuholen. Die Männer ritten im Schritttempo vor den zu Fuß gehenden Trägern auf einem Bergkamm von Darjeeling aus einen weiten Bogen in Richtung Sikkim. Sie aber könnte mit dem Pferd den Weg durch die Wälder ins Tal hinunter abschneiden. Und Geestra Valley lag ohnehin viel näher an der Grenze als Darjeeling.
Die junge Frau schrak aus ihren Träumen, als der Arzt vorfuhr. Dr. Smith machte sich gleich mit Aashmi und Kathryn auf den Weg zu der Hütte der Familie, um Babu zu untersuchen. Es genügte ihm ein kurzer Blick, um zu erkennen, dass es dem Jungen sehr schlecht ging.
»Das Kind muss dringend ins Krankenhaus. Ich werde es gleich mit nach Darjeeling nehmen«, sagte er zu der besorgten Mutter.
Dr. Smith nahm sich nicht einmal Zeit für einen Tee.
Als Kathryn zurück zum Haupthaus lief, fühlte sie sich auf einmal von allen allein gelassen.
Sie hatte das Hausportal kaum erreicht, als ihr Jay meldete, dass der gesuchte Aufseher aufgetrieben worden sei. »Er wartet im Schreibkontor.«
Kathryn lief ins Haus und stellte den Mann gleich zur Rede. »Stimmt es, dass Sie die Pflückerin Aashmi aufgefordert haben, Sie nach der Arbeit in Ihrer Unterkunft aufzusuchen?«
Padma war unrasiert, seine Kleidung ungepflegt. Er antwortete frech und schien sich keiner Schuld bewusst zu sein. »Das ist doch ganz normal«, antwortete er. »Das ist der Alltag in jedem Teegarten, Miss Whitewater.«
»Und wenn die Pflückerin nicht gefällig ist, was dann? Dann sieht sie schon, was sie davon hat, nicht wahr?«
Der Aufseher gab sich kaum Mühe, sein dreckiges Grinsen zu unterdrücken. »Aber wer sagt denn so was? Die Frauen kommen doch freiwillig. Es macht ihnen sogar Spaß.«
»Ach, das können Sie beurteilen?« Kathryn maß den Mann mit einem hochnäsigen Blick.
»Ihr Herr Vater hätte dafür sicherlich mehr Verständnis als Sie«, erklärte Padma. Er lächelte maliziös. »Und die Frauen freuen sich über kleine Geschenke.«
Irritiert sah Kathryn ihn an. »Was wollten Sie da gerade andeuten? Weshalb sollte mein Vater eine andere Auffassung von Anstand haben als ich?«
Er sagte nichts, zog nur die Augenbrauen hoch, spitzte den Mund und sah dann betont unschuldig auf seine erdverkrusteten Stiefel.
Kathryn wurde zornig. »Antworten Sie! Ich habe Ihnen eine Frage gestellt!«
»Weil Ihr Vater auch nur ein Mann ist …«
»Ich weiß, dass er ein Mann ist. Also, was? Ich verlange eine klare Antwort.«
Es bereitete Padma sichtlich Freude, ihr die Wahrheit zu sagen. »Weil alle im Teegarten außer Ihnen, Memsahib, wissen, dass Ihr Vater regelmäßig abends Besuch von einer Pflückerin bekommt. Seine Verandatür ist stets nur angelehnt.«
Fassungslos starrte Kathryn den Mann an. Nein, das konnte nicht sein. Unmöglich.
Der Aufseher wirkte jedoch sehr
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