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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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Geklapper und Gelächter erfüllten Raum in ein behagliches Licht. Unten waren alle Plätze besetzt. Sie stiegen eine Holztreppe nach oben und nahmen am letzten freien Tisch Platz. Aufmerksam studierte Max das Ambiente: blau-weiß karierte Gardinen, bäuerliche Antiquitäten und Zinngeschirr an den Wänden. Ihr Tisch aus massivem Eichenholz war hell vom jahrzehntelangen Blankscheuern. Sie bestellten einen Löffeltrunk.
    Der Kellner trug ein rot-weiß kariertes Hemd, ein schwarzes Wams und schwarze Kniebundhosen, die Ammerländer Tracht. Er reichte jedem von ihnen einen großen, schweren Zinnlöffel. Dann goss er Weizenkorn hinein.
    »Ah!«, rief Julia. »Bei uns sagt man nach alter Tradition abwechselnd einen plattdeutschen Spruch auf, während man den Schnaps trinkt. Pass auf!
    Ik see di. Ich seh dich.
    Dat freit mi. Das freut mich.
    Ik sup di to. Ich trink dir zu.
    Dat do! Das tu!
    Ik heb di tosoppen. Ich hab dir zugetrunken.
    Hest ’n Rechten droapen. Hast den Richtigen getroffen.
    So hebt wi dat immer dohn. So haben wir’s immer getan.
    So schall dat ok wietergohn. So soll’s auch weitergehn.«
    Sie prostete ihm zu, und sie tranken und leckten ihre Löffel dann ab.
    Max bestellte zweimal geräucherten Aal und sagte: »Das finde ich auch, so soll’s weitergehen.« Sie war einfach zauberhaft. Am liebsten hätte er ihr jetzt gleich gesagt, dass sie den Richtigen getroffen hatte.
    Julia wehrte ab. »Wenn ich heute Abend zu viel trinke, kann ich morgen nicht arbeiten, und ich hab ein strammes Pensum zu erledigen.«
    »Na komm«, bettelte Max, »einen noch. Das gehört doch zur Öffentlichkeitsarbeit dazu – die Einführung in die Sitten und Gebräuche von Rhodo-Country.«
    Max hob wieder den Löffel, den er, vorschriftsmäßig abgeleckt, mit der hohlen Seite nach unten auf den Tisch gelegt hatte, und der Kellner schenkte erneut ein.
    »Aber nur noch einen!«, seufzte Julia.
    Endlich kamen ihre Aale. Auf Tellern, aber ohne Besteck. Dazu gab’s Schwarzbrot. Mit großen Augen verfolgte Max, wie Julia ihrem Aal mit den Fingern das Genick brach, den Kopf abknickte und die Haut abzog. Brutale Sitten!
    Er grinste ironisch. »Perfekt fürs erste Date.«
    »Dies ist ja zum Glück nur ein Geschäftsessen«, erwiderte sie betont sachlich. »Am besten krempelst du die Ärmel hoch. Nimm lieber die Uhr ab, das Fett kann einem schon mal am Handgelenk entlanglaufen.«
    Max nahm seine Armbanduhr ab und legte sie neben seinen Teller.
    »Hast du noch Fragen für deinen Artikel, Max?«, fragte Julia, griff ihren Aal beherzt an beiden Enden und begann, genussvoll eine Seite der Gräte abzuknabbern.
    »Oh, viele, viele …« Max probierte das feste, fette, geräucherte Fleisch der Delikatesse. »Hm, das ist exzellent, unglaublich gut!«
    »Ja, wirklich lecker.«
    Der Schnaps wärmte Julia wohlig von innen. Sie hatte ganz vergessen, wie gut so ein Smoortaal schmeckte. Überhaupt war es doch angenehm und entspannend, hier zu sitzen. Sie beobachtete, wie der junge Engländer den Abend genoss, und ihr ging auf, dass sie sich solche kleinen Freuden seit Langem versagte.
    Nach dem Essen brauchten sie natürlich noch einen Korn für die Verdauung. Und dann forderte sie der Kellner auf, die Hände wie beim Händewaschen in der Luft über dem Teller zu reiben. Erstaunt befolgte Max die Anweisung. Der Kellner goss ihm Schnaps direkt aus der Flasche über die Hände.
    »Welche Vergeudung!«
    »Das muss so sein.« Julia schmunzelte, als sie an der Reihe war. »Sonst bleibt der Geruch wochenlang an den Händen. So dauert’s nur Tage.«
    Beide reinigten sich die Finger danach noch mit Zitronenscheiben. Sie tranken nun Bier und Wasser.
    Max hatte sein Jackett ausgezogen, und Julia fiel seine gute Figur auf. Breite Schultern hatte er, einen durchtrainerten Rücken und schmale Hüften – er war wirklich attraktiv.
    »Was sind denn so die Schwierigkeiten oder Probleme bei der Rhodozucht?«, kam Max wieder auf ihr Fachthema zu sprechen.
    »Ach, ganz schlimm sind Ungeziefer und Krankheiten. Zum Beispiel der Dickmaulrüssler – aber das willst du nicht wirklich wissen, oder?«
    »Doch! Erzähl mir mehr.« Betont verträumt stützte Max seinen Ellbogen auf.
    »Na gut.« Julias Augen blitzten. »Den Dickmaulrüssler darf man auf keinen Fall ›beerdigen‹. Der legt seine Eier an die Wirtspflanze, und die Würmer, die später daraus schlüpfen, fressen dann die Ballen auf.«
    »Frechheit!«
    »Oder die Zikade, auch ganz fies. Im August oder September

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