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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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Oder die im Frühling und im Herbst blühen. Oder bis spät in den Juni hinein.«
    »Was ist von Wildarten zu halten?«
    »Die sind interessanterweise bei uns anspruchsvoller als in ihrer angestammten Heimat. Ich persönlich mag sie sehr. Unter Kennern ist da auch gerade ein kleiner Boom zu verzeichnen.«
    »Blühen alte rote Sorten eigentlich schon jetzt im April?«
    »Ja, es gibt durchaus welche.«
    Max schöpfte Hoffnung für seinen Suchauftrag. Er schaute wieder nach draußen und spähte in jeden Garten, den sie passierten.
    Am Schlosspark Rastede liehen sie sich Fahrräder aus, um die große Anlage zu erkunden.
    »Das war die Sommerresidenz des Herzogs von Oldenburg«, rief Julia.
    Sie zeigte Max das Schloss, das sich immer noch im Privatbesitz der Nachfahren befand, und ein gegenüberliegendes klassizistisches Palais. Max war sportlich, aber Radfahren gehörte nicht zu seinen bevorzugten Hobbys. Er hoppelte unsicher mit dem ungewohnten Fortbewegungsmittel über das kräftige Wurzelwerk von Bäumen, die wie dicke Adern aus dem Boden hervortraten. Julia schien über alle Hindernisse zu fliegen. Sie war ihm ein ganzes Stück voraus.
    »Halt mal an, ich versteh nur die Hälfte«, rief Max.
    Erhitzt schoben sie nun auf Wegen im lichten Schatten der Baumveteranen ihre Räder, und Julia erzählte weiter.
    »1777 hat der spätere Herzog das hier gekauft. Damals war der Garten im französischen Stil streng geometrisch gestaltet – eben die bezähmte Natur. Peter Friedrich Ludwig war aber ein moderner Mann und wollte dementsprechend einen modernen Garten. Das war zu jener Zeit der englische Landschaftspark.«
    Max merkte, wie er mit seinen Gedanken abschweifte. Er malte sich aus, wie er Julia in seine Arme reißen und küssen würde. Ihr Haar würde sich lösen, sie würde einen kleinen überraschten Schrei ausstoßen, und wenn seine Lippen erst auf ihren … Ihm wurde heiß.
    »Sicher sagt dir als Mitarbeiter von Park & Garden der Name Lancelot Brown etwas.« Julia sah Max auffordernd an.
    »Wie bitte? Lancelot?«, stammelte er. »Du meinst König Arthurs Tafelrunde? Den Freund von Ritter Ivanhoe?«
    »Nein, ich meine den bedeutendsten englischen Landschaftsarchitekten des 18. Jahrhunderts!«
    »Ach so, den Lancelot, klar!«
    »Na, bei dem hat der Oldenburger Hofgärtner Carl Ferdinand Bosse gelernt. Bosse erhielt den Auftrag, sich in Rastede um den Park zu kümmern, und er pflanzte hier die ersten Rhododendren. Sein Halbbruder gründete übrigens vor zweihundert Jahren in Rastede die erste Baumschule des Ammerlandes.«
    Noch nie hatte Max erlebt, dass allein eine Stimme ihm körperlich ein solches Wohlgefühl bereitete. Hypersensibel reagierten seine feinen Körperhärchen, sie reckten sich, als wäre er im Rausch, schienen kleine La-Ola-Wellen über seinen ganzen Körper zu senden, sobald Julia redete.
    Unter ihren Schritten raschelte das vertrocknete kupferfarbene Buchenlaub vom Vorjahr, die Fahrradreifen zerknackten kleine Äste. Zitronenfalter flatterten ihnen voraus. Hellgrüne Kastanienblattfinger und Farne am Wegesrand begannen sich zu entrollen. Max überlegte fieberhaft, wie er bei Julia punkten könnte. Als sie eine Gruppe lila blühender Rhodobüsche erreichten, die sich im Schlossteich spiegelten, zitierte er den Satz, den er im Kurpark aufgeschnappt hatte.
    »Manche Blütenblätter schimmern so zart und durchscheinend, dass man sich wundert, wie sie die dunklen Sprenkel darauf tragen können.«
    »Stimmt!« Julia schenkte ihm ein erstauntes, warmes Lächeln. So viel Sensibilität hatte sie ihm gar nicht zugetraut. »Einige blühen auch, bevor sie das Laub austreiben. Die finde ich besonders interessant. Und, achte mal drauf, oft verändert sich die Farbe während des Aufblühens.«
    »Können wir uns vielleicht hinsetzen? Dann kann ich mir das alles besser aufschreiben …«
    Sie setzten sich auf eine Parkbank in den Sonnenschein, und Max erhielt einen Crashkurs in Botanik. Er lernte, dass Rhododendren sich in rund fünfzig Millionen Jahren entwickelt hatten. Gerade mal zwei Arten auch in Mitteleuropa – die Alpenrosen, mit und ohne »Wimpern«.
    »Die sogenannte bewimperte Alpenrose war der erste Rhodo, von dem wir schriftlich überliefert haben, dass er in einem Garten gezüchtet wurde«, wusste Julia, »und zwar in England und das bereits 1656. Vor zweihundert Jahren wurden dann gerade mal zwölf Arten in europäischen Baumschulen oder Gärten kultiviert. Zunächst vermehrten Gärtner einfach nur die

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