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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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dabei allmählich an den Rechtsverkehr. Damals, als Student in Berlin, war er fast nur U-Bahn gefahren, um sich möglichst wenig von seinen Kommilitonen zu unterscheiden. Und in seinem Jahr in Buenos Aires, dem Paris Südamerikas, hatte er vor allem das Nachtleben studiert und sich deshalb ebenfalls überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Taxen fortbewegt. Nun zuckelte er gemütlich durch das Ammerland und hing seinen Gedanken an Julia nach.
    Er musste sie wiedersehen. Wie stellte er es am besten an? Und wieso war er sich eigentlich sicher, dass sie nicht gebunden war? Natürlich könnte er sämtliche Register ziehen – aus einem Hubschrauber rote Rosen über ihrem Haus abwerfen lassen, mit ihr nach Paris jetten und sie in die Oper entführen, sie auf seine Privatyacht einladen … Aber zum einen glaubte er nicht, dass er damit wirklich ihr Herz erobern würde, und zum anderen war diese – zugegeben vertrackte – Situation auch ideal, um herauszufinden, wie weit er ohne Vermögen und Familienruf kam. Wenn sie sich jetzt in ihn verliebte, dann um seiner selbst willen.
    Im Moment war Hein seine einzige Verbindungsperson zu Julia. Max beschloss, diesen Kontakt auszubauen.
    Am Nachmittag telefonierte er mit seinem Vater. »Es ist wirklich wie mit der Stecknadel im Heuhaufen. Ich weiß nicht, wo ich suchen soll. Mach dir keine großen Hoffnungen.«
    »Ich glaube, uns verbindet etwas Schicksalhaftes mit diesem Rhododendron«, erwiderte der alte Lord, der keineswegs im Verdacht stand, sentimental zu sein. »Such weiter, mein Junge. Ich habe noch einen Tipp für dich. Du erinnerst dich vielleicht daran, dass die Rose von Darjeeling vor allem im ersten Morgenlicht eine besondere Leuchtkraft besaß. Vielleicht ist es nicht die Frage, wo du suchen musst, sondern wann ..«
    »In Ordnung, Vater«, gab Max zurück, »aber dann muss ich wohl noch etwas länger hierbleiben. Zur Beiratssitzung nächste Woche bin ich auf keinen Fall zurück.«
    Pünktlich um sechs Uhr erreichte Max die kleine Hofstelle von Hein Brunßengerdes, die einsam auf dem Lande lag. Er hoffte, dass Julia doch kommen würde. Bestimmt war er ihr nicht gleichgültig. Das hatte er am Abend zuvor gespürt. Sie scheute sich nur aus Gründen, die er nicht kannte.
    Ein Dutzend Autos stand bereits am Straßenrand. Einige Bauern knatterten auf Mopeds oder Treckern herbei. Die meisten Besucher trugen noch Arbeitskluft, waren offenbar Monteure, Maurer, Gärtner, Landarbeiter. Hein hieß alle willkommen.
    Max begrüßte er mit einem Augenzwinkern. »Moin, Max!«
    Sie unterhielten sich ein wenig über den Hof und über die Rhododendronbüsche, die ihn, typisch für diese Gegend, umgrenzten wie andernorts Zäune.
    Hein verriet mit listiger Miene: »Ich hab mit Julia gewettet, dass Max gewinnt.«
    »Max?«
    »Tut mir leid, ich kannte dich noch nicht, als wir das Schwein getauft haben. Rennschweine brauchen kurze Namen, dann kann man sie besser anfeuern. Ist aber eins der besten.«
    »Will ich hoffen. Und sie setzt nicht auf Max?«
    »Nee, ihr Liebling ist Rudi Ringel.«
    »Verstehe. Und glaubst du, sie kommt?«
    »Keine Ahnung. So viel Arbeit is jetzt auch wieder nicht. Hab ich ihr gesagt. Und ich kann vor der Rhodo gerne mal ’ne Stunde länger arbeiten. Hab ich ihr auch gesagt.«
    Hein wurde von anderen Gästen gerufen. Er machte Max schnell noch mit Gerda bekannt. »Pass mal ein bisschen auf sie auf. Damit sie mir keiner wegschnappt.«
    Gerda schnitt Hein eine lustige Grimasse und stellte sich neben Max an die Rennstrecke, die mit Strohballen gesichert war und längs neben dem Schweinestall verlief. Gerda klärte ihn über das Training auf, das offenbar in der Nachbarschaft Kultstatus besaß. Geprobt wurde zweimal pro Woche. Heins Vater überwachte die Bratwürste am Grill und gab Getränke aus. Die meisten Zuschauer brachten etwas mit, sie lieferten es bei ihm ab, und die anderen legten einen kleinen Obolus in einen Spendenkarton. So auch Max, als er knusprige Thüringer Bratwürste für sich und seine neue Bekanntschaft holte.
    »Haben Sie auch etwas mit Baumschulen zu tun?«, fragte er Gerda.
    »Nee«, lachte sie, »ich bin Fußpflegerin. Muss es ja auch geben.« Sie musterte ihn aufmerksam. »Wissen Sie, dass Sie aussehen wie dieser englische Lord oder was, wie dieser Maximilian?«
    Max zuckte kaum merklich zusammen. Gerda erzählte, sie entspanne am besten, wenn sie Klatschzeitschriften lese. Sie kenne sich aus, nicht nur mit Blaublütern der ersten

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