Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
Teufelsbub’, aber mit anderem Geld, als Du gegeb’n hast!«
»Bild’ Dir nix ein, Heinemann; Du bringst Dein Geld bei mir net an den Mann!«
Er schob ihn von sich ab und umspannte seine Hände dann mit solcher Festigkeit, daß dem zornigen Manne fast der Athem versagte.
»Du hast uns den Teufel an die Wand gemalt, und nun ist er zu Dir ‘kommen; er hat Deine Tochter geküßt und giebt sie net wieder her, Du magst nun mach’n, was Du willst. Geh’ hin in Fried’n und trag Dein Schicksal still und mit Geduld; das ist das Best’, was ich Dir rath’n kann!«
Er gab ihn frei.
»Net um die Seligkeit möcht’ ich diese Schand’ erleb’n, und Du darfst nur dann an sie denk’n, wenn – wenn,« setzte er mit grinsendem Hohne hinzu, »wenn auch ich im Fels’nbruch lieg’. Willst’ mich etwa hinunter expedir’n? Dann thu’s nur net eher, als bis ich das Feuer geseh’n hab’, was Du mir heut’ versprachst!«
Die Antwort wurde Gustav abgeschnitten.
Ein grelles, blendendes Licht zuckte an den Fenstern des Saales vorüber; ihm folgte ein krachender Donnerschlag, unter dem das Haus zu beben schien, und bei der augenblicklich eingetretenen tiefen Stille war das Brausen des Windes zu vernehmen, welcher draußen heulend die Wipfel der Bäume schüttelte. Das Gewitter war da, und gleich sein erster Schlag war ein so furchtbarer, daß der Schreck darüber Aller Gesichter erbleichen machte.
»Da hast’ das Feuer, Wies’nbauer!« tönte die Stimme Gustav’s durch das Schweigen.
Es leitete ihn bei diesen Worten keine bestimmte Absicht, und er sprach sie nur unter dem Eindrucke der Situation; aber es lag in Ton und Haltung etwas so unwiderstehlich Ueberzeugendes, daß sofort der Ruf erscholl:
»Es hat eingeschlag’n. Der Wies’nhof brennt!«
Der Streit war vergessen, und eine angstvolle Beweglichkeit kam über die Versammlung. Die Thür war zu eng, um die Andrängenden schnell genug hindurch zu lassen, unter deren Vordersten sich Heinemann befand. Er dachte nicht an den Gegner, dachte nicht an seine Tochter; er stürzte die Treppe hinab und hinaus in die vom Sturme durchfegte Nacht. In wenigen Minuten war der Saal geleert; nur zwei Personen befanden sich noch in demselben.
Gustav stand noch an derselben Stelle, an welcher er den verhängnißvollen Ruf ausgestoßen hatte. Er hätte nicht vermocht, sich Rechenschaft über denselben zu geben, aber er glaubte selbst so fest an die Wahrheit seiner Worte, als läge der Wiesenhof schon in Schutt und Asche vor ihm.
Ein klagender Laut ließ ihn zur Seite blicken. Dort saß mit thränenden Augen und gefalteten Händen Katharina zusammengesunken auf der Bank.
Er trat zu ihr hin.
»Bist wohl matt vom Schreck’, Kathrin’?«
»Ist’s wahr vom Feuer?«
»Ich hab’ net geseh’n, ob’s brennt und wo.«
»Aber Du sagt’st doch, daß es bei uns sei!«
»Net ich hab’s gesagt; die Ahnung hat aus mir gesproch’n. Komm, geh’; ich will Dich führ’n!«
»Ich waaß net, ob ich kann. Ach Gott, was hast Du heut’ gethan!«
»Ist’s bös gewes’n, Kathrin’? Dann will ich die ärgste Straf’ erleid’n, die es giebt; Du sollst mich nimmer wieder anschau’n, und ich geh’!«
»Nein, bleib’, Gustav! Der Vater hat mich verlass’n, und kaan Ander’s hat an mich gedacht. Ich kann ohne Deine Hilf’ net von hier weg. Komm, ich will mich auf Dich stütz’n!«
Er nahm sie in den Arm, um sie fort zu geleiten. Als sie auf die Straße traten, war dieselbe fast tageshell erleuchtet. Kein Regentropfen fiel zur Erde; nur den einen Blitzstrahl hatte das Wetter herabgeschleudert und war dann vom Sturme hinweggetrieben worden.
Aber oberhalb des Gasthofes stieg eine rothglühende Lohe flackernd empor, in welcher brennende Garbenbüschel wirbelten. Das Feuer mußte die kaum eingeheimste Ernte ergriffen haben.
»Die Erntezeit ist aane heil’ge Zeit, und wer sie durch Bosheit entweiht, der wird die Strafe find’n!« hatte Gustav heute zu Heinemann gesagt; er hörte noch die letzten Worte desselben: »Dann thu’s net eher, als bis ich das Feuer gesehen hab’, was Du mir heut’ versprachst!« in seinem Ohre klingen, und als er jetzt forschend aufblickte, um zu bestimmen, wo es brenne, ergriff ihn ein heiliges Grauen vor der Sicherheit seiner eigenen unwillkürlichen Prophezeiung.
Es war kein Zweifel möglich; der Wiesenhof stand in Flammen!
III.
Als Heinemann in die Nähe seiner Wohnung kam, drohten ihm die Kniee zusammen zu brechen. Er war nächst dem
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