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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beiden Männer stellte. Auch ihr hatten die Kräfte versagt, so daß sie erst jetzt herbeigekommen war. »Hast’ doch die Mutter geseh’n?«
    »Die Mutter? Nein, ich hab’ noch Niemand net geseh’n. Geh’ in das Haus; dort wirst’ sie treff’n!«
    Mit einem kurzen Angstschrei eilte sie fort. An der Thür kam ihr ein Trupp Flüchtiger entgegengestürzt, denen ein dunkler, brenzeliger Rauch nachwirbelte. Unter ihnen befand sich auch die Magd, beladen mit einem Pack von Kleidungsstücken.
    »Kannst net mehr hinein, Kathrin’! Das Feuer hat das Reisig ergriff’n, und in der Stub’ steht All’s in Brand.«
    »Wo ist die Mutter?«
    »Die Mutter? Ich hab’ sie jetzt gar net geseh’n. Als das Wetter kam, da ist sie mit der Latern’ nach dem Bod’n ‘gangen, um die Lad’n zu verschließ’n. Darauf kam sogleich der Blitz, und seitdem waaß ich nix von ihr.«
    »Mein Gott, die Mutter verbrennt!« schrie entsetzt das Mädchen auf. »Ich muß sie hol’n!«
    Sie konnte diesen Vorsatz nicht ausführen. Schon beim ersten Schritte wurde sie von dem dicken Rauche, welcher ihr entgegendrang, zurückgeworfen, und wehklagend eilte sie zum Vater zurück. Dieser erschrak aufs Höchste und machte den gleichen Versuch, wie sie, aber mit demselben Erfolge.
    »Die Wies’nbäuerin steckt im Feuer! Wer will hinein zu ihr?« ging es von Mund zu Mund, aber Niemand fühlte sich berufen, diese Frage durch die That zu beantworten. Die Flammen schlugen schon aus den unteren Räumen, und die Treppe war unmöglich mehr zu erreichen.
    Da brachen sich Zwei mit einer Leiter Bahn, welche sie zur Giebelseite des Hauses trugen und dort an eines der oberen Fenster lehnten.
    »Halt’ fest, Gustav; ich steig’ hinauf!«
    »Nein, Oheim. Hinauf geh’ ich, und Du hilfst mir nachher von auß’n!«
    Er drängte den Tannenbauer auf die Seite, klomm die Sprossen empor, zertrümmerte mit einigen Schlägen der Faust das Fensterkreuz und stieg dann hinein.
    »Die Teufelsbauern thun’s!« rief Einer verwundert.
    »Die können’s auch,« lautete die Antwort. »Der Haubold kann den Feuerseg’n sprech’n, der im siebent’n Buch Mosis steht. Er setzt sich auf seinen Rapp’n, reitet dreimal im Galopp rund um das Haus herum, und das Feuer ist auf der Stell’ erlosch’n. Er mag’s dem Heinemann nur net zum Gefall’n thun. Zwar hab’ ich’s von ihm noch net geseh’n, aber von seinem Vater, als damals der Pfarrhof brannte.«
    »Ja, und von ihm haben’s die Beiden gelernt, so daß ihnen nun das Feuer nix anhab’n kann. Kaan Anderer hätt’s gewagt, in diese Glut zu steig’n; aber paß auf, der Gustav bringt die Bäu’rin ganz heil heraus!«
    »Nein, das ist nun net mehr möglich! Schau, die Flamm’ ist schon ganz nah’ am Fenster!«
    »Und doch! Da kommt er schon; er ist mitt’n durch das Feuer hindurch!«
    Es war so. Gustav erschien an der Oeffnung, einen dunkeln, schweren Gegenstand tragend.
    »Komm herauf, Oheim; ich muß sie Dir hinaus geb’n. Aber mach’ schnell, sonst faßt mich der Brand!«
    Der Teufelsbauer stieg empor und nahm die besinnungslose Bäuerin in Empfang.
    Während er sie nach unten brachte, schwang sich der Jüngling heraus. Noch im letzten Augenblicke hatten die Flammen seine vollständig versengte Kleidung ergriffen; er stürzte sich mehr von der Leiter, als er sie herabklomm, und eilte dann der Richtung zu, nach welcher die Spritze ihren Wasserstrahl versandte.
    »Löscht mir das Feuer!« rief er dem Richter zu.
    Dieser, welcher jetzt die Mündung des Schlauches selbst leitete, zögerte, dem Rufe Folge zu leisten. Da legte Haubold die Gerettete zur Erde, sprang herbei, stieß ihn hinweg und ließ einen dichten Tropfenregen auf den Neffen fallen. Dieser war zu Boden gesunken; die Anstrengung und der Schmerz hatten ihm das Bewußtsein geraubt.
    Katharina kniete mit ihrem Vater bei der Mutter, um welche sich, ebenso wie um Gustav, ein Kreis Neugieriger bildete.
    »Er ist verbrannt!« bemerkte der vorige Sprecher. »Sie hab’n den Seg’n gar net gesproch’n oder aan’n Fehler dabei gemacht.«
    »So kommt die Straf’ für solches Satanswerk, und wenn er stirbt, fährt seine Seel’ zur Höll’!«
    »Nehmt Euch in Acht, daß Ihr net selbst hinfahrt statt seiner!« zürnte Haubold, welcher, jetzt mit der Untersuchung des Neffen beschäftigt, die lieblosen Worte vernommen hatte. Er blickte suchend im Kreise herum und gewahrte einen seiner Knechte. »Spring’ rasch nach dem Tannenhof und hol’ die Trag’ sammt

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