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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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broncirte Wolkenschichten.
    »Es ist doch gut gemeint und wunderbar eingericht’t vom lieb’n Gott, daß die Farb’, welche für uns das Abendroth bedeutet, für fernere Ort’ zur Morg’nröthe wird!« flüsterte er vor sich hin. »Ob es wohl auch wahr ist, daß das Unglück aanes Menschen sich stets allemal für den anderen in Glück umwandelt? Dann könnte man sich wenigstens tröst’n. Aber ich hab’ noch net geseh’n, daß der Haß, der uns verfolgt, irgend wem Heil und Seg’n gebracht hat. Es bleibt dabei; ich stemme mich dageg’n und zahle von jetzt an All’s mit gleicher Münz’ zurück. Die Kathrin’ soll seh’n, daß ich mich nimmer fürcht’!«
    Man hatte mit dem Abendbrode auf ihn gewartet.
    Trotz seiner Jugend vertrat er in Allem die Stelle des Hauswirthes, welcher Letztere nur in höchst dringlichen Fällen einmal die Ruine verließ, um die Wohn-oder Wirthschaftsräume zu betreten. Marie, welche seit einer langen Reihe von Jahren die Wirthschaft führte, genoß die Achtung, welche man sonst nur der Hausfrau zu zollen gewohnt ist; so schwer es einem Dienstboten ankam, als Ingesinde auf den Teufelshof zu ziehen, – war er einmal da und hatte das allgemeine Vorurtheil überwunden, so sehnte er sich gewiß nicht wieder zu einer anderen Herrschaft, und so hatte sich denn, obgleich von einem eigentlichen Familienleben nicht die Rede sein konnte, zwischen den Bewohnern des Tannenhofes ein Verhältniß herausgebildet, welches in Beziehung auf gegenseitige Anhänglichkeit und Liebe nichts zu wünschen übrig ließ.
    Besonders war es Marie, deren stilles, geräuschloses und aufmerksames Walten wohlthuend auf den Kreis der Hausgenossen wirkte. Eine Mutter hätte nicht besser für die Ihren sorgen können, als sie es that; Gustav galt ihr fast mehr als Sohn, und wenn sich gar die Rede auf Haubold lenkte, so glänzten ihre Augen in sichtbarem Feuer, und über ihre zerrissenen Züge breitete sich eine Verklärung, die nur dem tiefsten Innern entstammen konnte.
    Als nach Tische der junge Tannenbauer aus seiner Stube, in welche er sich begeben hatte, wieder herab kam, blickte sie ihn erstaunt an. Er hatte sich zum Ausgehen angezogen.
    »Willst’ noch fort, Gustav?« fragte sie. »Das ist doch grad’ so aan Wunder, als wenn der Oheim jetzt noch vor zu uns kommen wollt’!«
    »Hast Recht, Marie! Aber es muß auch ‘mal aan Wunder geben, damit die Welt zum Glauben kommt.«
    Sie schien eine Erklärung der sonderbaren Worte zu erwarten; er aber enthielt sich jeder Beifügung und verließ schweigend den Hof. Sein Weg führte ihn durch das Dorf nach dem Gasthause, aus dessen oberen Räumen lustige Tanzmusik durch die geöffneten Fenster herab auf die Straße schallte.
    Während das junge Volk sich munter im Saale herumschwenkte, saßen die älteren Männer in einem Nebenzimmer und unterhielten sich über die größte Neuigkeit des heutigen Tages.
    »Aan gescheiter Kerle ist er,« klang es am unteren Ende des Tisches, wo die weniger wohlhabenden Bauern saßen, während oben die reichen Vierspänner ihren Platz behaupteten. »Ich hab’ ganz genau Acht gegeb’n; er strich die Küh’ nur so über den Leib und hat sich seinen Spruch dabei gedacht, und davon sind sie schon bis zum Abend so besser ‘word’n, daß ich glaub’, ich werd’ sie noch erhalt’n. Das mit den Düt’n ist ja nur zum Schein gewes’n, denn bei dem Streich’n hat es geknistert wie bei aaner Elektrisirmaschin’; das war Teufelswerk und kommt von dem Zauber, dem er überleg’n gewesen ist.«
    »Ja, den Teufel hat er, das ist gewiß!« versicherte mit schnarrender Stimme der Ortsrichter. »Ich hab’ ihm auch die Leviten richtig geles’n und ihm gesagt, daß er vom Dorfe lass’n soll.«
    »Besser hast’s ihm net gesagt, als ich!« behauptete Heinemann. »Aber das mit dem Teufel nehm’ ich bloß, um ihn zu ärgern, denn ich glaub’ net d’ran, obgleich ich net waaß, wie ich’s erklären soll, daß stets aan Unglück geschieht, wenn er aus seiner Klaus’ hervorkommt. Heut’ ist er ausgewes’n, und paßt auf, wir werd’n schon morgen wiss’n, was wir davon hab’n. Es sollte geboten werd’n, daß ihn Kaaner zu sich kommen läßt!«
    »Zu wem soll’n wir denn in der Krankheit geh’n, wenn kaan Arzt und Niemand helf’n kann? Wir können doch net an dem mit leid’n, was Du von ihm denkst!«
    »Und ist das etwa net wahr? Wer soll’s denn sonst gewes’n sein, als er? Als die Schauspieler in das Dorf gekommen sind, hat

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