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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Dorfburschen.
    »Wer hat Herz und hält zu mir? Herbei, wer ‘was auf seine Tanz’rin giebt und sie sich net verschimpfiren lassen will!«
    Im Nu waren die Jacken herunter und sämmtliche jungen Leute standen bei ihm.
    »Kellner, die Thür weit auf!« gebot Frieder und trat auf seinen Gegner zu.
    »Jetzt gilt’s die Wahl, Herr Feldwebel. Sie hab’n den Krieg erklärt und er mag losgehn: Entweder bekomm’ ich meine Tänz’rin oder« – er erhob mit deutlicher Bewegung den Arm – »erst durch das Fenster, jetzt durch die Thür!«
    Die Soldaten sahen die nervigen Arme der Bauernburschen und die weit überlegene Zahl derselben, sie zogen sich langsam von dem Feldwebel zurück. Dieser bemerkte die Flucht, er erkannte, daß seine Partei trotz der Stärke des Feldbauers und auch seiner eigenen Unerschrockenheit den Kürzeren ziehen werde, und ließ die Hand von Martha.
    »Schön, so gehts auch ohne Kampf,« meinte Frieder. »Wer blanke Knöpf’ am Rock hat und in fünf Minut’n noch im Saal ist, wird exgeschafft. Ich will Euch zeig’n, was es heißt, sich unsern Madels aufzuzwingen und dazu zum Kampf zu blas’n! Vorwärts, angetret’n zum Tanz!«
    Die Musik fiel ein; er tanzte mit Martha vor, die Anderen folgten, und die Soldaten schlichen Einer nach dem Andern aus dem Saal. Nur der Buschwebel blieb beim Feldbauer stehen. Als die gegebene Frist verlaufen war, trat Frieder zu ihm.
    »Links schwenkt, marsch!«
    Er faßte ihn beim Kragen. Da trat der Bauer an ihn heran.
    »Den läßt gehn’, sonst hast’s mit mir zu thun!«
    »Ich hab gesagt, daß ich Dir aus dem Weg geh’, Feldbauer; doch komm’ mir net in den meinen. Der Webel geht hinaus, und damit basta!«
    »Er bleibt hier! Und mein Madel gibst’ her; es hat Keiner ein Recht auf sie, als dem ich es geb’!«
    »Was hast’ für ein Recht zu vergeben? Bist’ etwa der Vater oder der Vormund?«
    »Der Vater bin ich und befehl’, daß sie kommt!«
    »Der Stiefvater bist’, der Henker und Pein’ger. Aber das sag’ ich Dir, Feldbauer, wenn die Martha über Dich klagt, daß Du ihr den Streit entgelt’n läss’st, so laß ich sie Dir von der Obervormundschaft fortnehmen! Sie soll hier bei der Mutter sitz’n, doch nur so lang es mir gefällt, net Dir! Jetzt nochmals vorwärts!«
    Der Feldwebel legte die Hand an den Degen und machte Miene, ihn zu ziehen, sofort aber flog er unter die bereit stehenden Bursche hinein, diese schoben ihn weiter, Einer dem Andern zu, und er kam durch die Thür und zur Treppe hinab, ehe er nur den geringsten Widerstand zu leisten vermochte. Innerlich beschämt, doch ohne dies sich zuzugestehen, verließ er die Schenke, wo er zweimal nach einander die schmachvollste Niederlage erlitten hatte, und begab sich nach seinem Quartiere. Als er am Bachhof vorüberging, schüttelte er drohend die Faust gegen denselben.
    »Das werd’ ich dem Frieder gedenk’n! Er und der Waldkönig, sie sind mir verfall’n, der Ein’ weg’n der Lieb’ und der Andre weg’n der Ehr’!«
    Rache brütend faß er in der ihm eingeräumten Stube des Feldhofes, bis der Bauer mit Martha und ihrer Mutter nach Hause kam. Dieser hatte sich auf dem Saale außerordentlich ruhig verhalten und kein Wort mit den Frauen gewechselt, sich auch auf dem Heimwege vollständig schweigsam gezeigt. Die Drohung Frieders, sich an die Obervormundschaft zu wenden, hatte ihre Wirkung nicht verfehlt. Ueberhaupt war es nicht die unvergleichliche Körperstärke des jungen Mannes allein, sondern in demselben Grade auch die geistige Ueberlegenheit desselben, was ihm imponirte, wenn er dies auch weder sich selbst noch einem Andern gegenüber Wort haben mochte.
    »Nun, ‘hast Dein Wort schön gehalt’n!« meinte er, als der Feldwebel zu ihm in die Wohnstube trat. Die Beiden hatten nicht lange gezaudert, Brüderschaft zu schließen. »Erst thust’ als willst’ ihn fress’n, und dann weichst’ zurück und läss’st dich gar spedir’n. Ihr Soldat’n sind gar tapfere Leut’ – aber blos mit der Zung’, net mit der Faust!«
    »Sei still! Wo ist denn Dein Beistand geblieb’n, den Du mir versproch’n hast? Als es zum Austrag kommen sollt’, bist dagestand’n, als ob Dir die Ernt verhagelt sei. Dir schadet’s nix, wenn Dein Gesicht ein paar Schwiel’n und Striemen weiter erhält, bei mir aber ist des anders. Was soll der Lieut’nant sag’n, wenn ich gezeichnet oder vielleicht gar zum Dienst untauglich gemacht werd’?«
    »So steck’ die Händ’ in die

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