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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Militair und Forst-und Zollbeamten wohl besetzt, auch um den Feldhof hatte man eine Kette gezogen, und im Stollen stand eine hinreichende Zahl Soldaten, um den Paschern gewachsen zu sein.
    Frieder schlich leise voran, hinter ihm zunächst der Lieutenant und die beiden Beamten. Es war zehn Uhr, und die Entscheidung nahte. Sie gelangten so weit an den Vorrathsraum heran, daß sie jedes Wort der beiden Sprecher verstanden.
    »Nun, machst’ mit?« frug der Feldbauer. »Mich brennt’s an die Fers’n, und deshalb hab’ ich Dir viel Vortheil gelass’n bei dem Handel. Meine Bedingungen kennst’!«
    »Ja, ich bin dabei!«
    Sie schlugen ein. Dann legte der Bauer die Bücher wieder in den Schrank zurück und zog ein Paket hervor.

    »Das Uebrig’ thun wir später ab; jetzt müss’n wir zu den Leut’n, die schon längst gewartet hab’n. Hier hast’ All’s, was wir brauch’n!«
    Sie legten Perrücken und Bärte an, banden Larven vor und verhüllten sich in unkenntlich machende Kleidungsstücke. Dann schob der Waldkönig den Riegel zurück, blies die Laterne aus, welche ihnen bis jetzt geleuchtet hatte und schlüpfte zwischen der sich bewegenden Mauer und der Stollenwand hindurch. Der Andre folgte.
    Die bereits vollzählig versammelten Pascher erhoben sich bei ihrem Erscheinen. Ihre Gesichter waren nicht zu sehen, aber ihren Bewegungen konnte man die Befremdung darüber entnehmen, daß ihr Oberhaupt in Begleitung erschien.
    »Ich hab’ Euch bestellt net um der gewöhnlich’n Ursach’, sondern aus einem andern Grund. Ich tret’ heut’ zurück vom Geschäft und geb’ Euch an meiner Stell’ einen andern Anführer. Hier steht er. Er wird Euch stets so unbekannt bleib’n wie ich, aber stets auch so gut auf Euern Vortheil seh’n. Die Aend’rung kann net leicht und schnell geschehn; sie muß zuvor gar reiflich von uns besprochen werd’n. Darum wird heut ein Rath abgehalt’n, bei dem ein Jeder seine Meinung sagt.«
    Die Schmuggler steckten überrascht die Köpfe zusammen; die Nachricht schien keinen guten Eindruck auf sie gemacht zu haben. Nach längerem lüstern trat Einer hervor.
    »Waldkönig, denkst’ etwa, Du kannst uns verhandeln wie eine Herd’ Schaf’ oder Rinder, die sich’s ruhig gefall’n läßt, wenn man ihr einen andern Hirt’n giebt? Wir woll’n – –«
    »Was Ihr wollt, könnt Ihr nachher sag’n. Vielleicht tret’ ich net vollständig aus und geb’ Euch dies’n nur als Stellvertreter. Ich hab’ Euch doch gesagt, daß Euer Vortheil absolvirt werd’n soll, und Ihr könnt versichert sein, daß ich net anders als mit Eurer Zustimmung handeln werd.«
    Das schien sie einigermaßen zu beruhigen.
    »Und was wird mit dem Feldwebel?«
    »Der kommt zunächst d’ran; aber es wird anders, als es ausgedacht war. So lang das Kommando hier war, konnt’ er uns nütz’n; jetzt ist’s weg, und er kann uns nur Schaden bringen. Er kennt den Stein und den Stoll’n; er merkt vielleicht auch, wer ihn herbeigelockt hat; er muß sterb’n, sonst sind wir von jetzt an keine Stund’ mehr sicher. Seid Ihr’s zufried’n?«
    »Ja.«
    »Holt ihn heraus!«
    Er gab den Schlüssel zu der Gefängnißthür aus der Tasche; der Feldwebel wurde herzugebracht.
    »Buschwebel, wie hast’ Dich entschied’n?«
    »Ich kann net auf Eure Wünsch’ eingehn.«
    »Gut, das verkürzt die Sach’. Paß auf, wenn ich drei sag’, drück’ ich los!« Er zog das Pistol aus dem Gürtel und erhob den Arm. Zwei der Pascher hielten den Gefesselten. »Eins – zwei – –«
    »Halt – ergebt Euch!« erscholl es da im Hintergrunde des Raumes, und in demselben Augenblicke wurde der Waldkönig von zwei eisernen Armen gepackt. Frieder war herbeigesprungen und hielt ihn, daß er sich nicht zu rühren vermochte. An seiner Seite stand der Lieutenant, den gezogenen Degen in der Faust, und über die ganze Breite des Raumes starrten den Versammelten drohende Gewehrläufe entgegen.
    »Fort, durch das Loch!« brüllte der Feldbauer, indem er sich unter dem Griffe Frieders vergeblich wand.
    Die Pascher gehorchten dem Rufe. Sie stürzten, Einer immer den Andern drängend und hindernd, der Trichteröffnung zu. Der Vorderste riß den Stein zurück und warf sich auf den Boden, um hindurch zu kriechen.
    »Halt, sonst schieß ich!« schallte es ihm entgegen.
    Er fuhr zurück.
    »Drauß’n steht der ganze Kessel voll Grenzer!« rief er erschrocken.
    »Laß los, sonst schieß’ ich!« schäumte der Feldbauer. Er rang den einen Arm empor und richtete

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