Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
zurückkehrt, und ich rath’ darum, so bald wie möglich aufzubrech’n.«
»Ich stimme bei,« meinte der Lieutenant. »Die Einzelheiten, um welche es sich nur noch handelt, können und müssen ja den Umständen gemäß bestimmt werden.«
»Wohl! geben Sie mir Frist zu einem kurzen Frühstücke, während dessen ich die laufenden Geschäfte stellvertretenden Händen übergeben und den Assessor benachrichtigen werde. Dann bin ich bereit. Sie sind wohl mit Fuhrwerk versehen?«
»Nein; wir sind nur beritten. Vielleicht darf ich bemerken, daß es gerathen sein wird, alles Aufsehen zu vermeiden und darum den Weg vereinzelt zurückzulegen, womöglich auch in Beziehung der Kleidung – – –«
»Das versteht sich wohl von selbst, Herr Lieutenant. Geben wir uns ein Rendez-vous, wo wir uns treffen, ohne bemerkt zu werden!«
»Eine Strecke vor dem Dorfe steht eine einsame Waldschänke. Ist diese passirt, geht links ein Richtweg ab. Dürfen wir Sie auf demselben erwarten?«
»Gut. Ich werde den Wagen schon vor der Schänke verlassen und ihn retour schicken. Das Uebrige wird sich dann weiter finden.«
Er gab mit der Hand das Entlassungszeichen und begleitete die Männer bis an die Thür. Sie begaben sich in den Gasthof zurück, den sie erst verließen, als sie den Amtshauptmann mit dem Assessor vorüberfahren sahen. Unweit der Stadt schon überholten sie mit den raschen Braunen die Beamten, denen sie bald weit vorankamen.
»Eine allerliebste kleine Episode, das mit dem Rauchfleisch und den Kartoffelklößen, nicht wahr?« lachte der Lieutenant.
Frieder nickte vergnügt.
»Sie gestatten doch nachträglich, Sie als meinen Freund bezeichnet zu haben?«
»Ich dank’ Ihnen dafür! Es schien eine Ueberraschung zu sein für den Herrn. Aber darf ich vielleicht vorschlag’n, uns zu trennen? Es ist besser, wenn Niemand uns beisammen sieht. Sie reit’n über das Feld an den Bachhof und bind’n das Pferd an den Zaun. Am Buschrand bei der Zech’ treff’n wir nachher wieder zusammen.«
»Ich stimme bei; adieu bis dahin!«
Er ließ dem Braunen die Zügel schießen und flog davon. Frieder verließ bald darauf die Straße, um die Heimath auf Waldwegen zu erreichen. Als er dort ankam, fand er das Pferd bereits vor. Martha war allein in der Stube.
»Bist’ schon wieder da? Nun geht’s doch noch über den Vater her!«
»Er will’s net anders. Wir hab’n gethan, was wir konnt’n, vielleicht auch noch mehr, und sind nun ohn’ alle Schuld an ihm. Wirst’s ertrag’n können, Martha?«
»Bei Dir, ja, sonst net! Aber bang ist mir um die Mutter.«
»Die Stütz’ wird ihr net fehl’n. Ist sie wohler?«
»Ja; aber sprech’n mag sie net.«
Er rief die Eltern und gab ihnen kurzen Bescheid, versah sich dann mit dem nöthigen Licht und begab sich nach der Zechenhalde, wo der Lieutenant schon auf ihn wartete. Sie suchten mit einander den Richteweg auf und trafen auf der Stelle, wo Frieder den Feldbauer mit der Peitsche gezüchtigt hatte, mit dem Amtshauptmann und seinem Begleiter zusammen. Beide gingen auf das Allereinfachste gekleidet, so daß Jeder, der sie nicht persönlich kannte, sie für einfache Bürgers-oder Handwerksleute halten mußte.
»Der Feldbauer ist noch nicht zurück. Ich ging über den Feldhof, angeblich um mich nach dem Buschwebel zu erkundigen,« berichtete der Lieutenant.
»So bleibt uns freie Hand. Vorwärts; wir fahren ein!«
»Woll’n wir net erst zum Stein gehn, um nach der Bestellung zu sehn?«
»Ja, richtig. Das ist das Nothwendigste!«
Frieder ging voran. Sie gelangten, ohne Jemanden zu begegnen, an die Stelle. Die Zeit, in welcher die Schmuggler nachzusehen pflegten, war noch nicht da. Frieder hob den Granit empor.
»Am alten Stollen, um 10« las er.
Die Andern traten hinzu, um sich zu überzeugen.
»Er hat gestern bei der Fahrt von der Zech’ zurück den Zettel gelegt. Anders ist’s net.«
»Also um zehn Uhr,« nickte der Amtshauptmann. »Da bleibt uns genugsam Zeit für alle Vorbereitungen. Jetzt weiter, meine Herren!«
Der Zettel war unberührt geblieben; Frieder senkte den Stein und ging wieder voran nach der Halde zurück. Hier langte der Beamte in die Tasche und brachte einen Bund Schlüsselhaken zum Vorschein.
»Sie sehen, ich bin mit dem Nöthigen versehen und werde Sie nicht durch den Laden bemühen.«
Das Thor wurde geöffnet; sie traten ein. Frieder brannte die Laterne an. Die Herren griffen mit zu; die Haspel wurde über die Mündung gebracht, und paarweise langte man
Weitere Kostenlose Bücher