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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sicher sein vor allem Leid so lang mein Leben währt!«
    Er hatte wie im Schwur die Hand erhoben, und der Sternenschein flimmerte in einer Thräne, die an seiner Wimper hing. Dann hüllte er sie sorgfältig ein, zog ihren Arm in den seinen und nahm den unterbrochenen Weg wieder auf. Kein Wort wurde weiter gesprochen; aber als er, im Hofe angekommen, sie von sich ließ, frug er:»Sagst’ es der Mutter?«
    »Ja.«
    »Darf ich nachher zu ihr kommen?«
    »Nein, Heiner. Sie wird Dich rufen lass’n! Willst’ das Gedicht noch wieder hab’n?«
    »Behalt’s, Alma! Ich hab’s auf Dich gemeint gleich damals, als Du mich auf dem Fichtler trafst.«
    Es war eigenthümlich. Er hatte die Herrin des Hofes erst ein einziges Mal gesehen, damals, als er dem Balzer nachging. Er fühlte ihr Wohlwollen, ihr freundliches Sorgen und Wirken Tag für Tag immer deutlicher, aber nur aus der Ferne. War sie wirklich so sehr krank, daß ihr ein kurzes Zusammensein mit Andern unmöglich wurde?
    So kam das Weihnachtsfest heran, an dessen erstem Feiertage die Kantate öffentlich aufgeführt werden sollte. Die Kirche sollte ihren Raum dazu hergeben, und man wußte, daß aus der ganzen Umgegend eine zahlreiche Zuhörerschaft dazu herbeiströmen werde.
    Am heiligen Abende war Hauptprobe. Sie war für den Nachmittag angesetzt und verlief zur vollständigen Zufriedenheit aller Betheiligten. Als sie beendet war, trat Alma zum Kantor.
    »Herr Kantor, darf ich eine Bitte aussprechen?«
    »Sprich, mein Kind!«
    Er hatte ihr seine ganze Liebe geschenkt und, wenn sie auch nur zeitweilig bei ihm sein konnte, in ihrem Umgange Ersatz für die Verlorene gefunden.
    »Mama hat so viel Schönes von der Kantate gehört und kann doch nicht zur Kirche kommen; da läßt sie fragen, ob Sie nicht die Güte haben und heut Abend für ein Stündchen zu uns kommen wollten. Wir haben ein sehr gutes Instrument, und ich und Heiner könnten ihr Einiges vortragen!«
    »Ich würde sehr gern kommen; aber der Weg und meine Augen – – –«
    »Wir schicken den Schlitten, Herr Kantor.«
    »Gut, so will ich zusagen!«
    Er war einigermaßen neugierig, die Besitzerin des Teichhofes kennen zu lernen, die noch kein Bewohner des Ortes zu Gesicht bekommen hatte, und fuhr, als der Schlitten anlangte, seiner Bestimmung mit reger Erwartung entgegen. Heiner empfing ihn und nahm ihn zunächst mit zu sich.
    »Nehmt zunächst bei mir aan Glas Wein, Herr Kantor! Man ist drüb’n noch zu sehr mit Anordnung der Bescherung beschäftigt.«
    Es dauerte jedoch nicht lange, so kam Alma um sie zu rufen. Sie wurden in das Musikzimmer geführt. Heiner hatte diese renovirten und neu ausgestatteten Räume noch nicht betreten. Er und noch mehr sein Vater erstaunten über den Reichthum, welchen der Teichhof jetzt in sich schloß. Der Kantor bemerkte davon nichts; er suchte mit seinen kranken Augen nach der Herrin des Gutes.
    Diese erhob sich aus einer Ottomane, welche durch die farbigen Lichtschirme im Dunkeln gehalten wurde, und bewillkommnete die Gäste mit ihrer leisen und, wie es schien etwas belegten Stimme. Dann nahm man Platz. Der Kantor setzte sich an das wirklich prachtvolle Instrument und Alma und Heiner sangen zu seiner Begleitung abwechselnd oder im Duett. So waren sich die Vorträge schon eine ganze Weile gefolgt, da bat Alma auf einen Wink der Mutter: »Nun noch die Engelsarie, Herr Kantor!«
    »Warum diese, Kind?«
    »Weil sie den Eingang zur Weihnacht bildet, und dann will Mama bescheren.«
    »So mag es sein. Aber schone Deine Stimme, damit sie morgen nicht versagt!«
    Er griff in die Tasten. Das rauschte und brauste, das wogte und schwirrte, als sei der Himmel geöffnet und sende die Menge seiner Heerschaaren zur Erde nieder. Dann löste sich aus dem wallenden Tonmeere ein großgezeichnetes Thema, wiederholte sich und wechselte in den verschiedensten Gestaltungen, umwob sich mit glanzvollen Harmonien und begann dann nach einer ahnenden Pause:
    »Ich verkünde große Freude,
    Die Euch widerfahren ist,
    Denn geboren wurde heute
    Euer Heiland Jesus Christ!«
     
    Während der Einleitung war Alma zu dem Armleuchter getreten, um die Schirme zu verstellen. Ihre Mutter hatte sich erhoben und ihre Stelle eingenommen. Sie sang. Erst wie unsicher und im Mezzoforte; nach und nach aber schwoll dieses zum festen, entschiedenen Forte an, so daß der Kantor erstaunt aufhorchte. Als er aber zu rascherem Tempo überging und hinter ihm das
    »Jubelnd klingt es durch die Sphären,
    Sonnen künden’s jedem

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