Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
frag’n!«
Er suchte diesen auf und traf ihn, als er eben aus dem Schulhause trat.
»Bist’ einig geword’n mit ihm, Vater?«
»Net gern. Aber was will ich mach’n? Du hast A gesagt, so muß ich wohl B sag’n. Er giebt uns die zwei Seitenstub’n, und so lass’n wir die Sach’n gleich heraufschaff’n.«
»Oder auch net.«
»Warum?«
»Es ist uns noch ‘was Anders angebot’n word’n.«
»Von wem?«
»Von der Alma auf dem Teichhof.«
»Von der Alma? Die kenn’ ich doch gar net! Wer ist’s?«
»Die Tochter. Die Herrin läßt uns sag’n, wir soll’n bei ihr bleib’n, so lang es uns gefällt. Und wenn ich will, so kann ich Hofmeister oder Verwalter sein.«
»Du? greif zu, Heiner! So ‘was kommt net alle Tag’, und beim Kantor hätt’ ich mich in alle Ewigkeit net wohl gefühlt. Der Vogelsteller paßt net zu ihm. Geh’ hinauf und sag’s ihm ab!«
Heiner that dies und kehrte dann zu der seiner harrenden Alma zurück.
»Nun, hast gefragt?«
»Ja. Wir kommen auf den Hof.«
»Das ist gut, Heiner! Ich geh gleich wieder nach Haus’ und schick die Leut’ herbei, um Deine Sach’n zu hol’n. Das ist bald gemacht; Hülf’ ist ja auch noch andre da, und so wird der Einzug schnell fertig werd’n.«
Sie ging mit dem Knechte zurück und bald langten vom Teichhofe drei Wagen an der Brandstätte an, auf welchen die geretteten Sachen recht gut Platz hatten. Als aufgeladen war, ging es das Dorf hinab – einer neuen, schönern Zukunft entgegen, wie es Heiner dünkte. Am Hause des Vorstehers hielt ein Schlitten, in welchen soeben der Gensdarm seinen Gefangenen laden ließ. Die Augen waren ihm zerstört, so daß er nichts mehr sehen konnte, und ein leises Wimmern gab Zeugniß, daß die Schmerzen noch nicht aufgehört hatten. Heiner mußte unwillkürlich an jene Worte denken, welche Balzer ihm auf dem Fichtelberg zugeworfen hatte: »Ich streich’ die Rechnung net eher, als bis ich Dich net mehr zu sehn vermag!« Es war ihm nun ganz wörtlich sein Recht geschehen.
Im Teichhofe kam ihnen Alma entgegen und entschuldigte die Mutter, daß sie nicht zugegen sein könne, da sie sich leidend fühle. Dann wies sie ihnen die Zimmer an und war ganz besonders für die Unterbringung der Vögel besorgt, was die erworbene Zuneigung des alten Mannes um das Doppelte erhöhte.
Nun kamen Tage des Schaffens und der Sorge. Das Häuschen war versichert gewesen und der Schaden, den das Feuer verursacht hatte, also nicht bedeutend; aber es mußte doch gar viel überlegt, geordnet oder verändert werden, und wo es dabei einer weiblichen Hülfe bedurfte, war Alma stets bei der Hand.
»Heiner, ist sie wirklich Komtess’ gewes’n, eh’ sie auf den Teichhof kam?«
»Ja, Vater. Sie ist’s net nur gewes’n, sie ist’s auch noch.«
»So giebt’s auf der ganz’n Welt kaane schön’re, liebere und bess’re Komtess’ als sie. Aber ich wollt’ doch, sie wär’ aan Bauermadel!«
»Warum?«
»Hm, darum! Ich werd’ mich hüt’n und werd’s sag’n, es nützt doch nix. Aber nun siehst’ ja selber, was die Frau in der Wirthschaft zu bedeut’n hat, besonders wenn dem Mann das Haus abbrennt. Ohne sie kann er sich aus dem Wirrwarr gar net herausfind’n, und das ist sehr leicht zu erklär’n, denn wo kaane Frau im Haus’ ist, da giebt’s nur eitel Unordnung und Aergerniß!«
»So heirath’ doch; ich hab’ Dirs ja schon oft gesagt!«
»Hör’, Bursch’, komm’ mir net so, denn – – aber was ist denn das? Ich glaub gar, da kommt der Kantor! Da mach’ ich mich aus dem Staub!«
Wirklich trat der Genannte ein. Die Angelegenheit, welche ihn herbeiführte, mußte ihm am Herzen liegen, sonst hätte er mit seinen schwachen Augen nicht den ungewohnten Weg nach dem Teichhofe gesucht. Er hatte nach der Wohnung Heiners gefragt, und eine der Mägde brachte ihn herbeigeführt.
»Grüß Gott, Heiner! Darf ich Dich einmal besuchen?«
»Gern, Herr Kantor. Ich bin zu sehr in Geschäft’n gewes’n, sonst wär’ ich schon längst ‘mal zu Euch gekommen.«
»Das konnte ich mir denken. Aber nun bist Du wohl einigermaßen in Ordnung?«
»Leidlich, ja.«
»Dann möchte ich eine Bitte aussprechen.«
»Welche?«
»Du weißt, wie hoch mir Deine Kantate gilt. Sie ist meine beste Komposition. Alter und Schicksal haben es nicht gut mit mir gemeint, und ehe ich sterbe, möchte ich sie gern noch einmal hören. Mache mir die Freude und übernimm wie früher den Solotenor!«
»Wenn es Euch wirklich Freud’ macht, so will ich
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