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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Eltern herzlich und meinte dann:
    »Net wahr, das kommt unverhofft? Ich hatt’ euch doch geschrieb’n, daß ich erst zu Weihnacht’n kommen darf!«
    »Freilich! Hast wohl Urlaub?«
    »Hm, so halb und halb; aber das darf ich euch nur heimlich sag’n!«
    Er schob sie auf ihre Sitze zurück, zog sich selbst einen Stuhl herbei, sah sich vorsichtig in der Stube um und berichtete dann mit gedämpfter Stimme:
    »Ich soll den Schmugglerkönig fang’n!«
    »Den Schmugglerkönig? Du?«
    »Ja, ich!«
    »Das klingt absonderlich! Wie kommst denn Du dazu?«
    »Das ist nämlich so gewes’n: Es ist seit Menschengedenk’n hier an der Grenz’ noch gar net so zugegang’n wie jetzt; die Schwärzer treib’n ihr Geschäft ja ganz in’s Große und so öffentlich, als hätte ihnen kein Mensch ‘was dageg’n zu sag’n. D’rum hat der König wieder Militär hergelegt, grad’ wie damals vor vielen Jahr’n, wo der Path’ den Lieutenant erschossen hab’n soll. Aber das hat nix geholf’n, weil die Packläufer einen Hauptmann hab’n, der gescheidter ist als die Beamt’n und Soldat’n alle mit ‘nander. Der bringt ein Abenteuer nach dem andern fertig; in allen Blättern und Schrift’n wird über ihn geles’n, und ich glaub’, er liest’s auch selber mit! Jetzt haben sie gar einen Preis auf seinen Kopf gesetzt; aber ich hab’ gemeint, das hilft auch nix, denn das Militär kennt die Gegend net und mit den Aufsehern ist’s fast ebenso. Da muß Einer her, der alle Schlich’ und Wege genau weiß und ihnen aufpaßt, ohne daß sie’s ahnen. Das hab’ ich ‘mal gesagt, und der Herr Hauptmann hat’s erfahr’n. Dem sein Bruder ist im Ministerium; und so ist’s von Einem zum Anderen gegang’n, bis ich plötzlich zum Oberst muß. Der hat mir Urlaub auf unbestimmte Zeit gegeb’n und ein Schreib’n, welches ich hier beim Amte und beim Grenzkommandanten vorzuzeig’n hab’. Nun zieh’ ich die Montur aus und geh’ spazier’n; kein Mensch wird denk’n, weßhalb ich eigentlich zu Haus’ bin, und wenn das Glück gut geht, will ich den König schon erwisch’n. Seht her!«
    Er öffnete den Quersack und zog zwei Revolver aus demselben hervor.
    »Die hab’ ich mit bekommen, weil ich kein Seit’ngewehr und keine Flint’ trag’n darf. Es ist mir auch verbot’n, mich mit einem Grenzer oder Soldat’n seh’n zu lass’n, weil die Schwärzer sonst Verdacht bekommen könnt’n.«
    Die Mutter sah zwar mit besorgtem, aber auch stolzem Auge auf ihren Sohn. Sie wußte, daß seine Vorgesetzten sehr viel auf ihn hielten, und wenn sie auch erkannte, daß ein Vorhaben wie das seinige ihn in große Gefahren bringen könne, so fühlte sie sich doch gehoben durch die Ehre, welche in dem ihm gewordenen Auftrage für ihn lag. Der Vater aber schüttelte bedenklich den Kopf.
    »Du bist mir zu Haus’ willkommen, Wilhelm, aber stell’ Dir die Sach’ nur net leichter vor, als sie ist. Wenn es herauskommt, was Du willst, so kann Dir’s sehr leicht an den Krag’n gehn. Ich glaub’ auf zehn Leut’ ist jetzt hier bei uns Einer zu rechnen, der den stillen Handel treibt, und Du machst Dir auf Lebenszeit die ganze Gegend zum Feind!«
    »Laß nur geh’n, Vater. Ich werd’ die Sach’ schon so andreh’n, daß Niemand nix vermuthet. Und an die dreihundert Thaler mußt Du doch auch ‘mal denk’n!«
    »Das schon!« schmunzelte er. »Es wär’ ganz hübsch, wenn die hier auf den Tisch zu lieg’n kämen, aber das wird wohl seine gute Weile hab’n. Die Dich herschick’n, sind ganz gewiß sehr kluge Herrn, aber wie’s hier zugeht, das wiss’n sie doch so richtig net. Denk’ Dir nur, wie’s vorige Woch’ gewes’n ist! Da droben an der Mauth gibt’s mitt’n in der Nacht auf aanmal ein Getrappel; die Wach’ kommt ‘raus und sieht acht Reiter vor dem Hause halt’n, mit Gewehren in der Hand und die Pferd’ mit hohen Pack’n belad’n.«
    »’was Verzollbares?« fragt der Offizier.
    »Ja,« antwortet der Vorderste.
    »Was denn?«
    »Für fünftausend Thaler feine Waar’; aber krieg’n thut Ihr nix dafür als blos die Ehr’, mit dem Pascherkönig geredet zu hab’n!« Und wie er das sagt, da lacht er laut und galopirt mit den Andern davon, daß die Funken flieg’n. Der Offizier hat den Mund aufgeriss’n und sich halb todt geärgert. Und am andern Morgen früh, da fehl’n hier im Dorf acht Pferde, bei dem Dukatengraf’n zwei, beim Richter zwei und die andern bei vier kleinen Bauern. Die hab’n sie heimlich aus den Ställen

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