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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Häuschen!«
    »Und ich? Darf ich auf meinem Hofe bleiben?« frug Kaiser in trübem Scherz. »Peter, Du hast mir die Hölle so heiß gemacht, wie’s kein Pfarrer zu Stande gebracht hätte, doch ich habe jetzt eingesehen, daß ich gar viel an Dir gut zu machen habe, und ich werd’s nach Kräften thun!«
    Als die Anderen herbeikamen, fanden sie die beiden Männer Hand in Hand neben einander sitzen. Ein einziger Nachmittag hatte die Entzweiung eines ganzen Menschenalters ausgeglichen; der Abend war hereingebrochen, und als nun traulicher Lampenschimmer die Stube erhellte, beleuchtete er einen Kreis glücklicher Personen, unter denen es Einen gab, der erst jetzt erkannte, worin der wahre Reichthum bestehe – den alten Kaiserbauer.

Der Teufelsbauer
Originalerzählung aus dem Erzgebirge von Karl May
I.
    »Reißt aus, reißt aus, der Teufelsbauer kommt!« rief es unter einem Trupp von Schuljungen, welche sich mit ihren Spielen auf der Dorfstraße breit gemacht hatten, und kaum war der ängstliche Ruf erschollen, so stob die Schaar lautlos nach allen Richtungen auseinander.
    »Macht rasch die Thür’n zu und schlagt drei Kreuze; der Einsiedel geht durchs Dorf!« klang es in den Häusern.
    Die Fenster und Thüreingänge wurden geschlossen, und nur verstohlen lugten die Köpfe der Neugierigen nach dem Manne, dessen bloßes Erscheinen die Abergläubischen unter den Dorfbewohnern in Furcht zu setzen vermochte.
    Es war eine lange, breitschulterige Gestalt, welche langsam dahergeschritten kam, den Blick finster zur Erde gesenkt und scheinbar gleichgiltig gegen die verletzenden Demonstrationen.
    Aus dem Fenster eines Hauses, neben dessen Thür auf blechernem Schilde das Wort »Ortsrichter« zu lesen war, schaute ein kleines, hageres und spitzes Gesicht hervor.
    »Tannenbauer,« tönte es schnarrend zwischen den schmalen, breitgezogenen Lippen hervor, »geh’ doch net durchs Dorf, sondern lauf’ lieber dahinter weg. Du waaßt schon, warum!«
    Der Angeredete that, als habe er die Beleidigung nicht vernommen, und setzte ohne Zögern seinen Weg weiter fort.
    Unter dem Thorwege eines der größeren Güter lehnte ein hagerer, aber sehnig gebauter Mann, dessen kleine, grünlich schimmernde Augen unter den haarlosen und eigenthümlich zwinkernden Lidern hervor neugierig die Straße beobachteten. Als er den Kommenden erblickte, fuhren die eng zusammengezogenen Züge überrascht auseinander, und mit gehässigem Grinsen murmelte er vor sich hin:
    »Der Teufelsbauer vom Tannenhofe? Was muß denn den heut’ zum Sonntage aus seiner Satansklaus’ hervorgetrieben hab’n? Wenn der sich sehen läßt, so giebt es sicher aan Unglück im Dorfe. Wart’, ich fürcht’ mich net vor ihm und werde ihm gleich zeig’n, daß ich noch immer der Alte bin!«
    Er trat einige Schritte vor, reckte die Beine breitspurig voneinander und schlug die langen Arme herausfordernd über die Brust zusammen.
    »Lebst’ denn wirklich noch, Haubold Frieder?« fragte er mit absichtlich erhobener Stimme, damit man ihn in der Nachbarschaft hören könne. »Hab’ gedacht, daß Du schon längst mit dem Leibhaftigen fortgeflog’n bist! Aber sag’ doch ‘mal, wie war denn eigentlich damals die Geschicht’ mit meinem Bruder? Bist wohl net mit dabei gewes’n?«
    Haubold zog die Brauen enger zusammen, senkte den Kopf noch tiefer und würdigte auch diesen Zuruf keiner Beantwortung. Als er das scharfe, höhnische Lachen vernahm, welches hinter ihm erscholl, wurden seine trotz des Alters noch immer schön zu nennenden Züge um einen Schatten bleicher, die Lippen legten sich mit herbem Ausdrucke aufeinander, und aus dem großen dunkeln Auge fiel ein Blitz zur Erde, in welchem Verachtung und Bitterkeit mit gleicher Stärke leuchteten.
    Da klang es halblaut und freundlich aus der Ecke des zu dem Gute gehörigen Gartens:
    »Gut’n Tag, Herr Haubold!«
    Verwundert blieb er stehen und hob den gesenkten Kopf empor. Am Zaume stand mit verlegenem Gesichtchen ein junges, kaum zwanzigjähriges Mädchen, welches unter dem forschenden Blicke des ernsten Mannes die Augen niederschlug, als habe es eine Sünde begangen.
    »Grüß’ Gott, mein Kind! Sag’, wer bist Du denn, daß Du dem Teufelsbauer net auch den Gruß versagst?«
    »Ich bin die Kathrin’, und mein Vater – mein Vater, das ist – das ist der Wies’nbauer, der jetzt zu Euch geredet hat,« lautete die zögernde Antwort.
    »Der Wies’nbauer? Du bist seine Tochter und magst mich doch grüß’n?«
    »Ich grüß’ Euch

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