Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
finanzieren.«
»Und wie lauten die Bedingungen?« Sie blickte ihn über den Rand ihres Weinbechers an, bemüht, gefasst zu erscheinen.
»Er hat alle seine Söldner nach Flandern zurückzuschicken und muss eine weitere Geldstrafe bezahlen – wie hoch sie ausfällt, weiß ich nicht, aber sie wird bestimmt nicht gering sein.«
Juliana wartete. Sie wusste, dass noch etwas kommen würde, denn das, was er bislang gesagt hatte, stellte kein unüberwindliches Hindernis dar.
»Der König beabsichtigt, Framlingham dem Erdboden gleichzumachen.«
Julianas Brauen schossen in die Höhe.
»Wie bitte?«
»Alle Verteidigungsanlagen werden zerstört.« Er warf ihr einen finsteren Blick zu. »Henry hat schon Zimmerleute angeheuert und seinem obersten Baumeister Ailnoth die Aufsicht übertragen. Bungay ist auch bedroht, obwohl Henry sich noch nicht entschieden hat, aber mit Sicherheit wird er dort seine eigene Garnison stationieren. Er wird auch den dritten Penny der Grafschaft einbehalten und Vorräte und Vieh beschlagnahmen.« Seine Augen loderten jetzt sturmgrau. »Von seinem Standpunkt aus ist er großzügig. Er gestattet meinem Vater, seinen Titel zu behalten. Auf Lebenszeit.«
Juliana biss sich auf die Lippe. Das war allerdings eine schlechte Nachricht.
»Auf Lebenszeit?«, wiederholte sie.
Roger nickte.
»Und danach wird der König Verhandlungen mit den Erben aufnehmen, was heißt, dass er den Titel des Earls sowie die damit verbundenen Einnahmen beliebig lange zurückhalten kann. Meine Stiefmutter …« Er verzog das Gesicht. »Meine Stiefmutter setzt alles daran, meinem Halbbruder zu dem zu verhelfen, was von dem Erbe noch übrig ist.«
Juliana konnte ihr Entsetzen nicht verbergen.
»Das wird nie geschehen!« Sie erstarrte vor Zorn. »Du bist Norfolks rechtmäßiger Erbe!«
»Ich habe den größeren Anspruch, aber das hindert sie nicht daran, ihre Forderungen bei Hof vorzutragen. Es wird zu einem erbitterten Kampf kommen. Sie wird sich auf die Ungültigkeit deiner Ehe mit meinem Vater berufen und behaupten, ich wäre ein Bastard.«
Julianas Augen blitzten.
»Dann wird sie es mit der geballten Macht der de Veres aufnehmen müssen. Wie kann sie es wagen!«
»Sie will das Beste für ihre Söhne – oder zumindest das Beste, was sie retten kann.« Er richtete sich auf. »Es ist mein Kampf, und ich werde ihn so gut ausfechten, wie es mir möglich ist. Aber ich bin kein Narr. Wenn ich Hilfe brauche, werde ich zu dir kommen.«
»Und ich werde dir helfen. Ich habe es immer bedauert …« Sie presste die Lippen zusammen. Die Art, wie er angelegentlich in seinen Weinbecher starrte und ihrem Blick auswich, verriet ihr, dass es für Entschuldigungen zu spät war, und Männer führten derartige Gespräche generell nicht gern. »Ich will auch das Beste für dich«, sagte sie, »und zwar nicht nur die Brosamen, die vom Tisch fallen.«
»Im Moment ist mein Vater noch am Leben«, erwiderte Roger,
»und er kann noch viele Jahre vor sich haben. Gerüchten zufolge zieht er sich an den Hof von König Philipp von Flandern zurück.«
»Glaubst du das?«
Er nickte zustimmend.
»Ich denke, sein Stolz verbietet es ihm, in England zu bleiben.«
»Und deine Stiefmutter?«
»Soweit ich weiß, will sie mit dem jüngeren Sohn in Bungay bleiben. Der ältere geht vielleicht auch nach Flandern ins Exil, um seine Sohnestreue unter Beweis zu stellen.« Seine tonlose Stimme verriet, was er von einem solchen Schritt hielt.
»Und du, mein Sohn?«, fragte Juliana. »Was wirst du tun?«
»Wenn mein Vater ins Exil geht, gehe ich nach Framlingham.«
»Auch wenn es dort nichts außer Gras gibt?«
Ihre Blicke kreuzten sich. Seine Augen waren so hart wie Feuersteine.
»Auf Gras kann man ein Zelt aufstellen«, versetzte er. »Man kann Pferde damit füttern und Zerstörtes wieder aufbauen.« Dann griff er nach einem weiteren Törtchen.
Juliana betrachtete seine Hände: die festen Finger, die Daumen, die so beweglich waren wie ihre eigenen. Sie waren nicht lang, dafür aber symmetrisch und kräftig. Eine frische rosafarbene Narbe zog sich über drei Finger seiner linken Hand. Seine Haut war bis zu den Ärmeln seiner Tunika gebräunt und mit feinen goldenen Härchen besetzt. Sie erinnerte sich daran, wie sie die Hände eines kleinen Jungen gehalten hatte, weiß, weich, narbenlos und manchmal schmutzig vom Spielen im Staub. Sie pflegte sie dann zwischen ihre eigenen zu nehmen und mit kostbarer Seife aus Kastilien in ihrer Waschschüssel zu
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