Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
wir auf?«
»Nun, nicht dass irgendjemand der Meinung ist, Longchamp könne auch jetzt noch Intrigen spinnen, aber ich habe trotzdem zugesagt, mich auf den Weg zu machen, sowie ich etwas gegessen habe. Bis Hereford reitet man vier Tage, drei, wenn wir die Pferde nicht schonen, aber das geht nur ohne Gepäckkarren. Sie werden nachkommen müssen. Ich möchte, dass du mit den Kindern nach Framlingham gehst. Ich stoße dann zu euch, sobald ich kann.«
Ihr Herz wurde schwer.
»Ich soll dich nicht nach Hereford begleiten?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nicht, was mich dort erwartet. Wenn Longchamps Kastellan sich weigert, mir die Tore zu öffnen oder mir die Burg zu übergeben, muss ich sie belagern. Ich möchte dich keiner unnötigen Gefahr aussetzen. In Framlingham seid ihr alle sicher.«
Der Gedanke, erneut von ihm getrennt zu werden, verdunkelte ihre Seele. In Framlingham würden die Steinmetze und Zimmermänner an den neuen Türmen und Gebäuden arbeiten, und es würde nirgendwo Ruhe geben, nicht bei all dem Klirren
der Hämmer und Meißel, dem Staub und dem Lärm. Und während er sie und die Kinder in Sicherheit wusste, musste sie aus der Ferne um ihn bangen.
Ihre Gefühle mussten sich in ihrem Gesicht widergespiegelt haben, denn er berührte ihre Wange und küsste sie. »Es wird nicht lange dauern, das verspreche ich dir. Sobald ich kann, setze ich einen vertrauenswürdigen Stellvertreter ein, aber erst muss ich mir selbst ein Bild von der Lage machen.«
Ida zwang sich, verständnisvoll zu nicken, aber sie fühlte sich betrogen. Wenigstens würde ihr Zeit bleiben, vor ihrer Abreise nach Norfolk ihren Vorrat an Stoffen und Garnen aufzustocken, und während sie sich dort aufhielt, konnte sie damit fortfahren, die Halle und ihre Schlafkammer nach ihrem Geschmack neu einzurichten, aber das war für sie nur ein schwacher Trost, weil nur sie und die Kinder das Ergebnis ihrer Arbeit bewundern würden. Aber da sie wusste, dass Roger bezüglich Hereford Recht hatte, schüttelte sie das Selbstmitleid, das sie zu überwältigen drohte, entschlossen ab, doch die Enttäuschung blieb.
30
Ipswich,
März 1193
Roger stand mit seinem Hafenmeister Alexander am Kai und sah zu, wie die Seeleute die Segel eines dort festgemachten Schiffes einholten. Die Flut hatte eingesetzt, das brackige Wasser der Flussmündung schwappte gegen die Pfähle des Anlegestegs. Ein leichter Regen fiel, und die feuchte Luft roch
nach Tang. Der Horizont im Westen war tiefgrau, obwohl die Sonne im Untergehen begriffen war. Roger hielt ein zerknittertes Stück Pergament in der Hand, und an seinem Mittelfinger steckte der schwere Goldring, der dem Brief beigelegen hatte.
Alexander drehte sich um und gab einem Sergeanten einen Wink.
Roger massierte seufzend seinen Nasenrücken. Er war zutiefst erschöpft. Er war erst am gestrigen Nachmittag aus Hereford eingetroffen, aber nach dem Erhalt von Alexanders Botschaft sofort zum Kai hinuntergegangen. Sein Gesäß fühlte sich nach den langen Stunden im Sattel taub an, und seine Hose stank nach Pferd. Es gab keinen Frieden, kein Pausieren. Wenn die Informationen in diesem Brief ein erster Hinweis waren, dann stand das Land am Rand eines Aufruhrs.
Auf dem Rückweg von seinem Kreuzzug hatte Richard den Landweg gewählt und war in Österreich von dem Herzog des Landes, mit dem er während des Kreuzzugs in einen heftigen Streit geraten war, gefangen genommen worden. Herzog Leopold hatte ihn an Kaiser Heinrich von Deutschland ausgeliefert, der gleichfalls politische Gründe hatte, Richard in Gefangenschaft zu halten. Nach der Einkerkerung seines Bruders setzte John nun alles daran, selbst König zu werden, und die Justiciare, Königin Eleanor und alle, die Richard die Treue hielten, bemühten sich, dies zu verhindern. Roger betrachtete den mit zwei Rubinen und einem Saphir besetzten Ring, den der Count of Mortain bei Richards Krönung getragen hatte – genau die Art Scherz, die zu John passte.
Der Sergeant kam mit zwei Kameraden zurück, die einen verletzten, blutenden Mann, dessen Hände fachmännisch mit Seemannsknoten gefesselt waren, zwischen sich herschleiften.
»Der Kapitän sagt, der Bursche ist in Saint-Omer an Bord gekommen«, erläuterte Alexander. »Er hat sein Gepäck durchsucht,
während er schlief, den Brief und den Ring gefunden und gemeint, Euch das zeigen zu müssen.«
»Das hat er gut gemacht.« Roger reichte Alexander einen Beutel Silber. »Sorg dafür, dass er für seine Umsicht
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