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Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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die Locke abgeschnitten hatte. Die vorzeitige Trennung von ihm hatte eine Wunde in ihrem Herzen hinterlassen, die bis heute nicht verheilt war. Liebevoll legte sie Schuhe und Locke in das Kästchen zurück. Darin lag auch ein Ring, den Henry ihr nach ihrer ersten Nacht gegeben hatte. Noch eine Erinnerung, die Narben hinterlassen hatte.
    Der Rubin schimmerte in ihrer Handfläche tiefrot. Sie steckte ihn an und betrachtete ihn einen Moment lang. Ihre Hände
waren glatt und gepflegt, weil sie nicht wollte, dass ihr feines Stickgarn an rauer Haut hängen blieb. Sie rieb sie jeden Morgen und jeden Abend mit Rosenöl und Salben ein, hatte aber ihre vornehmliche Funktion nie darin gesehen, kostbare Ringe zur Schau zu stellen. Entschlossen zog sie den Rubinring wieder ab. Sie würde Alexander bitten, ihn in Ipswich zu verkaufen, und den Erlös zu der Lösegeldsumme beisteuern. Nach der letzten Sammlung waren ihre Schmuckschatullen leer, aber sie hatte noch einen Ballen teurer Seide aufgehoben und besaß einen goldenen, mit Perlen verzierten Gürtel. Wer würde ihn hier schon bemerken? Außerdem konnte sie sich jederzeit einen anderen weben und das Muster so kunstvoll gestalten, dass er mehr hermachte, als er wert war. Sie würde auch ihren Rosenkranz aus Bernstein verkaufen und durch einen aus einfachem Holz ersetzen. Sie würde ihre Pächter aufsuchen, befehlen, bitten und betteln und so viel Geld wie möglich zusammenkratzen und dem Schatzmeister zur Verfügung stellen, damit er das Lösegeld nach Deutschland schicken konnte. Aber während die Geiseln ausgelöst werden konnten, fragte sie sich, ob sie wohl je aus ihrem eigenen Gefängnis zu entkommen vermochte.

    Hugh blickte sich verstohlen um und huschte dann in das dunkle, modrig riechende Gewölbe. Er war ziemlich sicher, dass ihn niemand gesehen hatte, und außerdem hatte er den Terrier Tib bei sich und konnte jederzeit behaupten, dass er Ratten jagen wollte.
    An einer Wand stand eine Reihe Weinfässer. Der Zapfen von einem war beschädigt, sodass der Inhalt langsam herauströpfelte. Ein Mann würde mehrere Stunden brauchen, um davon betrunken zu werden, aber Hugh machte es Spaß, unter dem Zapfen zu liegen und sich den guten roten Wein in den Mund tropfen zu lassen. Es war hauptsächlich der Reiz des Neuen
und Verbotenen als das Verlangen nach Alkohol, den er viel leichter aus der Halle oder der Speisekammer hätte stiebitzen können, der ihn dazu antrieb. Hier würde ihn, wenn er Glück hatte, niemand stören, und er konnte in Ruhe seinen Gedanken nachhängen.
    Während Tib in den Ecken und zwischen den Fässern herumschnüffelte und Weintropfen auf Hughs Zunge fielen, dachte er über seinen älteren Bruder nach. Es war immer dasselbe, wenn er erwähnt wurde, ein gequälter Ausdruck trat in die Augen seiner Mutter, und sie zog sich in sich selbst zurück. Manchmal ging dieser Zustand so schnell vorüber, wie eine Wolke über die Sonne hinwegglitt, aber manchmal hielt er auch länger an – wie ein grauer, verregneter Tag.
    Zu seinen frühesten Kindheitserinnerungen gehörte ein Bild, wie er neben seiner Mutter stand, sie ihm über das Haar strich und ihm erzählte, er würde ein genauso großer, starker und schöner Junge werden wie sein Bruder William. Er erinnerte sich, dass er gefragt hatte, wer denn dieser William war, denn er kannte keinen solchen Bruder. Seine Mutter hatte ihm erklärt, William sei der Sohn des Königs und könne nicht bei ihnen leben, weil er am Hof erzogen werden müsse. Hugh war noch sehr jung gewesen und hatte es seltsam und spannend gefunden, einen königlichen Bruder und somit eine Verbindung zum König zu haben. Er war zu klein gewesen, um sich darüber zu wundern, dass er ihn nie zu Gesicht bekam, und dementsprechende Fragen zu stellen. Es war einfach eine Tatsache, die er hinnahm. Seine Mutter sprach selten von diesem magischen Wesen, aber wenn sie es tat, klang es, als habe er allein die Fähigkeit, ihre Welt zu erhellen.
    Doch seit einiger Zeit hatte sich Hughs Wahrnehmungsvermögen zu schärfen begonnen. Es hatte immer wieder geheißen, sein königlicher Bruder würde zu Besuch kommen. Sein Vater
hatte im Vorübergehen erwähnt, dass er ein Treffen arrangieren wollte, aber dann waren die Auseinandersetzungen zwischen Longchamp und John of Mortain und die Gefangennahme des Königs dazwischengekommen, und nichts war geschehen. Die Aufregung über die Aussicht, seinen unbekannten Bruder endlich kennen zu lernen, war abgeebbt und hatte

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