Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
Stimme brach. »Für alles, was du erlitten hast, bitte ich dich um Verzeihung.«
Sein Mund verzog sich noch mehr.
»Lassen wir die Vergangenheit ruhen«, sagte er. »Ich bin am Hof aufgewachsen und habe viele Privilegien genossen, und ich bin der Sohn eines Königs, was nicht viele von sich behaupten können. Ich kann mich über nichts beklagen.«
Beide blickten auf, als Roger über die Schwelle trat und sich räusperte. Ida war dankbar für die Unterbrechung, denn sie wusste nicht, wie sie das Gespräch hätte weiterführen sollen. Ihr Sohn hatte nicht gesagt, dass er ihr verzieh, sondern nur, dass sie die Vergangenheit ruhen lassen sollten.
»Mylord Longespee.« Roger kam mit einem angespannten Lächeln näher und streckte eine Hand aus. »Seid mir willkommen.«
Ida beobachtete, wie ihr Sohn sich erhob und sich vor Roger verneigte.
»Die Schwertkampfübungen zeigen Erfolg?« Roger deutete auf die Waffe des jungen Mannes.
»Ja, Mylord, das tun sie allerdings.« William schloss eine Hand um den Schwertgriff und hob stolz das Kinn. »Mein Bruder, der König, will mir Land und Ämter geben. Ich werde ein Landgut bekommen und für das Eintreiben der Lizenzgebühren für Turniere verantwortlich sein.«
»Turniere?«, entfuhr es Ida überrascht. Henry hatte sich über diese Veranstaltungen stets verächtlich geäußert und sie in England verboten. Er war der Meinung gewesen, sie würden Rebellionen schüren und seien nur eine Gelegenheit für junge Männer, ihre Muskeln spielen zu lassen und mit ihrem Tand zu protzen.
Ihr Sohn nickte.
»Der König hat fünf Orte benannt, wo Turniere veranstaltet werden dürfen, aber nur gegen Entrichtung einer Teilnahmegebühr. Zwei Mark für einen Ritter und zehn für einen Baron.«
Der Stolz in seiner Stimme wurde durch unüberhörbare Begeisterung verstärkt. »Meine Aufgabe wird im Einziehen der Gelder bestehen. Ich teile sie mir mit Theobald Walter.«
»Ah«, sagte Roger wissentlich. »Das ist ein guter Einfall des Königs, so kommt er rasch an Geld. Die jungen Heißsporne werden bereitwillig zahlen. Theobald Walter ist der Bruder des Erzbischofs von Canterbury und ein erfahrener Höfling und Staatsmann. Du bist jünger und mit dem König verwandt, das ergibt eine gute Kombination. Die Männer werden darauf brennen, sich an den Turnieren zu beteiligen, und das wird sich auf dem Schlachtfeld positiv auswirken.«
Ida zuckte bei dem Wort Schlachtfeld zusammen, war aber ansonsten über die Neuigkeiten erfreut. Es war ein gutes Zeichen, dass ihr Erstgeborener in der Welt vorankam, ein Beweis dafür, dass sein königlicher Bruder ihn nicht im Stich ließ. Und nun, wo sie sich nicht mehr auf gefährlich dünnem Eis bewegten, konnten sie vielleicht auch mit ihrer momentanen Situation besser umgehen. Sie sandte Roger einen dankbaren Blick, den er mit einer flüchtigen ermutigenden Geste beantwortete. Das Gespräch über Turniere nahm seinen Fortgang. Manchmal lächelten sie sich an und machten kleine Scherze, und obwohl sich alle nicht recht wohl in ihrer Haut fühlten, wertete Ida das als gutes Zeichen. Sie hielt es sogar für möglich, die Vergangenheit mit der Gegenwart zu verweben und so eine ausgeglichene Zukunft für alle Betroffenen zu schaffen.
William Longespee hatte sich für dieses Treffen gewappnet, seit es nach der Belagerung von Nottingham anberaumt worden war. Er hatte oft davon geträumt, aber sich der Realität zu stellen hatte ihn jedes Quäntchen Mut gekostet, das er besaß. Während seines Aufenthalts in Deutschland war es zu einer maßvollen Annäherung zwischen ihm und Earl Roger gekommen.
Die ruhige Gelassenheit des Mannes und sein ausgeglichenes Wesen hatten William einen kleinen Eindruck davon vermittelt, was einen wahren Mann ausmachte. Obwohl sein Französisch einen schauderhaften Akzent hatte, obwohl er auffallende Hüte und extravagante Juwelen trug und seine Vorfahren gewöhnliche Sergeanten waren, war er durch und durch ein Edelmann. Aber Longespee wusste nicht, wie er sich seine Mutter vorstellen sollte, zu viele widersprüchliche Gefühle tobten in ihm. Was, wenn sie sich als herzlose Konkubine entpuppte, die ihn eiskalt im Stich gelassen hatte, als sich ihr die Möglichkeit einer vorteilhaften Heirat bot? Man hatte ihm versichert, sie sei freundlich und warmherzig, aber ein König nahm sich keine freundliche, warmherzige Frau als Mätresse. Was zu der Frage führte, ob sein Vater sie gezwungen hatte. Aber wenn er einer solchen Verbindung
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