Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
Bekannten unterhielten, die sie unter den Knappen gefunden hatten. Ida sah gleichfalls in ihre Richtung. Der Ältere hatte die Schultern nach hinten gezogen und sich in die Brust geworfen wie ein Hahn, während er mit irgendetwas prahlte.
Gundreda veränderte ihre Position, sodass sie Ida in eine Ecke drängte und vom Rest der Halle abschnitt. Es war ein dominanter, fast maskuliner Schachzug, der Ida beunruhigte. »Ich habe gehört«, fuhr sie fort, »dass Ihr einen gewissen, nun, sagen wir, Einfluss auf den König ausübt.«
Idas Wangen brannten.
»Mylady, wer auch immer Euch das gesagt hat, er irrt sich. Ich habe nicht den geringsten Einfluss auf den König.«
Gundredas Brauen schossen in die Höhe.
»Ich weiß aus verlässlicher Quelle, dass er Euch geradezu anbetet und Ihr eine seiner Favoritinnen seid.«
»Die Leute übertreiben immer.« Ida presste unbehaglich die Lippen zusammen.
»Trotzdem muss ein Körnchen Wahrheit daran sein. Das ist immer so.« Gundreda seufzte. Plötzlich wirkte sie nicht mehr einschüchternd, sondern müde und verhärmt. »Ihr wart freundlich zu mir. Ich berufe mich nur ungern auf unsere Verwandtschaft, bitte Euch aber trotzdem, Euch für mich einzusetzen, wenn es Euch möglich ist. Ich verlange nur das, was mir rechtmäßig zusteht. Ihr als Frau werdet das hoffentlich verstehen.«
Ida sah auf ihre Hände hinab, auf die manikürten rosa Nägel und die goldenen Ringe, die Henry ihr geschenkt hatte. Ihr erster Gedanke war, dass Gundreda, wenn die Ländereien ihr rechtmäßiger Besitz wären, sie auch erhalten würde, aber sie wusste aus bitterer Erfahrung, dass im Leben nicht immer alles gerecht zuging. Gundreda of Norfolk musste mit allen Waffen kämpfen, die ihr zur Verfügung standen.
»Ich werde es ihm ausrichten«, versprach sie. »Aber auf seine Entscheidungen habe ich wirklich keinen Einfluss.«
»Dennoch bin ich Euch dankbar. Ich werde es Euch nie vergessen.« Gundreda beugte sich vor, küsste Ida mit ihren trockenen, kalten Lippen auf beide Wangen und verließ den Raum. Kurz darauf trat ein Diener zu Ida und überreichte ihr ein prachtvolles Holzkästchen, auf das mit leuchtenden Farben das Wunder des heiligen Edmund gemalt war.
»Meine Herrin, die Countess of Norfolk, bittet Euch, dieses Geschenk als Zeichen ihrer Wertschätzung anzunehmen«, sagte der Mann.
»Dankt Eurer Herrin und richtet ihr aus, dass ich sie gleichfalls sehr schätze«, erwiderte Ida mit formeller Höflichkeit. Ein Anflug von Unbehagen keimte in ihr auf, als sie das Schloss mit dem dazugehörigen Schlüssel öffnete und den Deckel hochklappte. Auf schimmernd roter Seide ruhte ein silberner, mit
einem Eichenblattmuster verzierter Kelch. Am Fuß glühten Amethyste von der Farbe reifer Brombeeren, die denjenigen, der aus dem Kelch trank, vor Gift schützen sollten. Ida vermutete, dass sowohl das Kästchen als auch der Kelch weit mehr wert waren als alles, was sie für Gundreda tun konnte.
Ida ließ ihre eingeölten Hände über Henrys Schultern und Rücken gleiten. Er hatte einen fassförmigen Körper und war um den Bauch herum etwas zu korpulent, aber seine Haut fühlte sich angenehm unter ihren Fingerspitzen an, und die Sommersprossen erinnerten sie an die Sprenkel auf einem Ei.
Während sie ihn massierte, nahm er den silbernen Kelch aus dem Kästchen und drehte ihn in seinen rauen Händen.
»So, so«, sagte er mit einem dröhnenden Lachen. »Die Countess verkauft Hughs Schätze, um durch Bestechung zu Reichtum zu gelangen. Eine gerissene Füchsin.«
»Sire?« Ida schloss aus Henrys Ton, dass er den Fall ihrer Verwandten nicht wohlwollend behandeln würde.
Er drehte sich um, um sie anzusehen.
»Dieser Kelch stammt aus einem Satz, den ich im Jahr meiner Krönung Hugh Bigod gab. Er wurde am Rhein angefertigt. Meine Mutter hat ihn bestellt, als sie Kaiserin von Deutschland war. Ich schätze, das Kästchen hat etwas mit den Abgaben der Ritter zu tun, die die Bigods dem Kloster von Edmundsbury schuldig sind. Es würde mich nicht wundern, wenn es aus dem Kloster selbst entwendet worden wäre.«
Ida schüttelte stumm den Kopf, um anzudeuten, dass sie darüber nichts wusste.
Er gab ein belustigtes Grunzen von sich.
»Gefällt dir das Geschenk?«
Ida zögerte.
»Ich sehe, dass es kostbar und schön ist, und der Kelch
würde sich auf einem niedrigen Schrank oder Tisch prachtvoll ausnehmen, aber Glas ist hübscher und zarter.«
Sie spürte, wie er lachte.
»Das schon, aber auch zerbrechlicher
Weitere Kostenlose Bücher