Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
und nicht so nützlich. Glas kannst du nicht einschmelzen, wenn dein Geld knapp wird, und lässt du es fallen, ist es aus und vorbei. Mit ein paar Scherben kannst du nichts anfangen.«
»Macht das Glas nicht umso kostbarer?«
»Und weniger praktisch, meine Süße.« Er grinste. »Aber ich tausche diesen Kelch gerne gegen ein Glas ein, wenn du möchtest.«
Ida schüttelte den Kopf.
»Er ist das Geschenk einer Verwandten, also behalte ich ihn.«
Henry warf den Kopf in den Nacken und röhrte wie ein Hirsch.
»Eine ausgesprochen diplomatische Art, mir klarzumachen, dass du praktisch genug denkst, um den wahren Wert der Dinge im Leben zu kennen.«
»Ich lerne dazu«, gab Ida bescheiden zurück.
»Lern, so viel du willst, aber büße nicht deine Unschuld ein, denn sie ist ein Schatz von unschätzbarem Wert, und jeder wird versuchen, ihn dir zu rauben.«
Ida dachte, dass gerade Henry derjenige war, der das getan hatte, sagte es aber nicht laut. Sie wussten es beide, und er hatte es soeben so gut wie zugegeben.
»Werdet Ihr Lady Gundredas Sohn die Grafschaft zusprechen?«, fragte sie.
Henry verzog das Gesicht.
»Meine Liebe, ein Hugh Bigod reicht mir fürs ganze Leben. Der alte Bastard ist tot. Ich werde es mir zwei Mal überlegen, bevor ich ihn durch einen Mann vom selben Blut ersetze – selbst wenn er mir tausend Mark dafür böte.«
Ida ölte ihre Handflächen ein, ließ sie über Henrys Schultern gleiten und begann erneut die Muskeln zu kneten. Sein wonnevolles Stöhnen ließ sein Fleisch unter ihren Fingerspitzen erzittern.
»Ich bin versucht, die Grafschaft selbst zu behalten«, fuhr er fort, »aber der älteste Sohn ist ein bewährter Soldat und Verwalter … aber trotzdem ein Bigod«, fügte er mit einem leisen, verächtlichen Schnauben hinzu.
Ida hielt mit ihrer Tätigkeit inne.
»Demnach ist der Sohn der Countess nicht der Älteste?«, fragte sie.
»Dachtest du das? Nun, woher solltest du es auch wissen, und sie würde es dir sicher nicht sagen. Hugh of Norfolk hat aus seiner ersten Ehe mit Oxfords Schwester einen Sohn – Roger. Er ist im Moment sogar hier, er traf ein, kurz bevor die Tore geschlossen wurden, wie ich hörte. Ich habe den Marschall gewarnt, ein Auge auf ihn zu haben, falls die Familienbande etwas zu stark werden sollten.« Seine Augen funkelten. »Ich frage mich, was er mir für das Anrecht auf die Grafschaft seines Vaters bietet. Sicherlich keinen dieser Kelche, da seine Stiefmutter sie sich angeeignet zu haben scheint.«
»Wenn er der älteste Sohn ist, warum ist er dann nicht der Erbe?«
Henry zuckte die Achseln.
»Das ist er, aber sein Vater hat seine erste Ehe annullieren lassen, und die neue Countess versucht ihn um sein Erbe zu bringen, damit ihr eigener Sohn die Grafschaft bekommt. Sie möchte Roger zum Bastard erklären lassen.«
Ida gab einen Laut des Widerwillens von sich. Die Vorstellung, Gundreda könne sie übertölpelt haben, missfiel ihr.
»Was werdet Ihr tun?«
Henry dachte nach.
»Trotz ihrer Bemühungen wird Roger der legitime Erbe bleiben. Er ist der Neffe des Earl of Oxford, und seine Großonkel sind die de Clares. Da mische ich mich nicht ein. Ich nehme an, Gundreda weiß, dass sie in dieser Sache nicht gewinnen kann, aber sie kann einen größeren Teil des Erbes für ihren Sohn fordern, wenn ich gewillt bin, ihn ihm zu gewähren. Ihr ältester Sohn hat durchaus Anspruch auf die Ländereien, die sein Vater während seiner Zeit als Earl erworben hat, zum Beispiel den größten Teil der Landsitze in Yorkshire.« Ein berechnender Unterton schwang in Henrys Stimme mit. »Ich bin geneigt, das Erbe vorerst keiner der beiden Parteien zu überlassen. Der Vater war ein verräterischer Hurensohn, und schlechtes Blut wird weitergegeben. Roger mag ja bei Fornham für mich gekämpft haben, aber um das zu tun ist er desertiert und hat sich gegen seinen eigenen Vater gestellt.«
Ida hörte den Tadel in seiner Stimme und war auf der Hut. Sie wusste, dass der Umstand, dass sich seine eigenen Söhne gegen ihn aufgelehnt hatten, eine unheilbare Wunde in Henrys Seele hinterlassen hatte. Dass die Königin sie unterstützt hatte, hatte sein Misstrauen noch verstärkt und ihn noch zynischer werden lassen.
»Ihr müsst tun, was Ihr für richtig haltet, Sire«, murmelte sie.
Er drehte sich um und küsste sie.
»Ja, dass muss ich. Und ich muss zum Besten meines Reiches handeln. Du tust mir gut, mein Mädchen, weißt du das?«
Ida lächelte bescheiden und senkte den Blick.
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