Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
und Liebe überquellen, als sie ihn sich so geschmeidig in den Sattel schwingen sah wie die jungen Männer, die die Gangarten der Pferde vorführten. Sein Knappe reichte ihm seinen Schild und die gestreifte Lanze, und Roger ritt mit Anketil zu seiner Linken auf das Feld zu.
William Marshal und der junge König wärmten sich in einem Sparringskampf auf. Beide Männer waren geschickte Kämpfer, wie Ida zugeben musste. Roger und Anketil begannen es ihnen gleichzutun. Ida konnte den Blick nicht von ihrem Mann losreißen. Er war nicht so kräftig gebaut wie William Marshal, bewegte sich aber schnell, anmutig und koordiniert.
Das Feld füllte sich allmählich, die Rufe wurden lauter, die Gerüche stechender, das Farbenmeer bunter. Männer gesellten sich zu ihren Gefährten, und da zwischen dem König von England und seinem ältesten Sohn heute offensichtlich keine Feindseligkeit herrschte, schlossen sich Roger und sein Gefolge den Rittern des jungen Königs an, um sich den Franzosen und Flamen zu stellen. Ida bemerkte, dass der junge König Roger mit
einem Handschlag begrüßte, als ihre Pferde aneinander vorbeitrotteten. Trotz aller Differenzen verhielt sich ein Kämpfer bei solchen Gelegenheiten stets ritterlich.
Die Gruppen wurden langsam größer, die Kraftproben heftiger. Schilde prallten gegeneinander, zerkratzten Bemalungen und hinterließen Risse in dem Lederbezug. Männer versuchten, gegnerische Pferde am Zügel aus dem Getümmel zu zerren. Die Rufe der Herolde, die im Namen ihrer Herren Befehle brüllten, das Donnern der Hufe, das Schnauben der Schlachtrösser, die dumpfen Laute, mit denen Waffen auf Schilde trafen, erweckten in Ida das Gefühl, sich am Rande eines Gewittersturms zu befinden.
Sie hielt nach Roger Ausschau und erhaschte einen flüchtigen Blick auf ihn. Er wendete Marteal in vollem Galopp und packte mit präziser Kontrolle die Zügel eines anderen Ritters. Die rotgelbe Decke flatterte im Wind, Erdbrocken spritzten unter den Hufen der Schlachtrösser auf. Die aufeinander abgestimmten Bewegungen von Mann und Pferd glichen einem zum Leben erwachten Kriegslied, und Idas Magen revoltierte vor Furcht und überwältigendem Stolz.
Zwei Ritter trabten verspätet auf das Feld. Ihre Pferde trugen dieselben Farben wie die Rogers, aber auf ihren Schilden prangte nicht nur das rote Bigod-Kreuz auf gelbem Grund, sondern über den oberen Rand verliefen noch rote Zinnen. Zuerst hielt Ida sie für Ritter ihres Mannes, begriff aber rasch, dass es sich um seine Halbbrüder handeln musste. Sie trieben ihre Pferde auf das Kampfgetümmel zu, und einer wandte sich nach links, der andere nach rechts.
Ida sprang auf und starrte über das Meer von Männern und Pferden hinweg, konnte Roger aber in der Menge nicht ausmachen. Großer Gott! Sie presste eine Hand auf die Brust, weil ihr das Atmen plötzlich schwerfiel.
Ihre Sicht wurde von zwei Rittern versperrt, die so nah an ihr vorbeigaloppierten, dass Schaum vom Maul eines der Schlachtrösser auf ihr Kleid spritzte. Der Hengst hatte die Ohren zurückgelegt und die Zähne gefletscht. Ein Ritter hatte die Zügel seines Gegners gepackt und versuchte ihn vom Feld zu ziehen, während der Mann, der sich in seiner Gewalt befand, darum kämpfte, sich loszureißen. Sein Hengst stolperte, sein Reiter wurde aus dem Sattel geschleudert und landete hart auf dem Boden. Knappen eilten herbei, um ihm zu helfen, während sein Gegner das schwitzende, zitternde Pferd zum Stillstand brachte. Der verletzte Ritter wand sich stöhnend auf der Erde. Sein Bein stand in einem unnatürlichen Winkel von seinem Körper ab. Ida spürte, wie ihr ihr Mageninhalt in die Kehle stieg.
Bertrice zupfte sie am Ärmel.
»Madam, Ihr steht zu nah am Feld, kommt nach hinten.«
Die Knappen trugen den Ritter in Richtung eines der Zelte. Ida suchte das Turnierfeld verzweifelt nach Roger und Marteal ab, konnte sie aber nirgendwo entdecken. Rot und Gelb waren beliebte Farben, und es ließ sich nicht auf den ersten Blick sagen, wer wer war. Sie grub die Finger in die feuchten Handflächen. Rogers Brüder würden es nicht wagen, ihn bei einem so öffentlichen Ereignis anzugreifen, noch dazu, da man sie anhand ihres Wappens identifizieren konnte, aber Turniere waren dafür berüchtigt, dass Männer sie nutzten, um einen Streit beizulegen oder einen neuen anzufangen. Nach außen hin kämpften sie auf derselben Seite, aber das musste nichts heißen. Ein Schlag von hinten war weit gefährlicher als einer, der gegen
Weitere Kostenlose Bücher