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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Frankfurter Kaufleute praktisch wehrlos gegen sie. Sie können völlig überhöhte Preise verlangen, weil sie keine Konkurrenz haben.« Er lachte, da er sich offenbar köstlich darüber amüsierte, dass die Deutschen von den Briten übertölpelt wurden. Immerhin war er gönnerhaft genug, um hinzuzufügen: »Sie nun hätten die Chance, die britischen Zwischenhändler auszuschalten und selbst Waren zu importieren. Leute wie Alejandro und Julio de la Vegas haben gute Kontakte zu den hiesigen Hacienderos. Das könnten Sie sich zunutze machen.«
    Albert nickte nachdenklich. »Und was wissen Sie über die Familie de la Vegas?«
    »Eine alte spanische Familie, die vor zwanzig Jahren hierher ausgewandert ist. Zunächst hielten sie wie alle ihresgleichen enge Verbindungen zum Mutterland, aber dann wuchs die Einsicht, dass sich die Unabhängigkeit mehr lohnt. Der alte Alejandro setzt klassisch auf Häute, Talg und Fleisch – sein Sohn auf größere Vielfalt der Waren. Ich nehme an, er ist für jeden Kontakt nach Europa dankbar.«
    »Und ich könnte diese Kontakte bieten«, schloss Albert.
    Rufus klatschte sich auf die Schenkel: »Was bin ich für ein Idiot, Ihnen Ratschläge zu geben. Schließlich will ich mir von euch Deutschen das Geschäft nicht verderben lassen. Eines Tages wird Lateinamerika eine englische Kolonie sein – und das ganz ohne Gewalt.«
    Albert nahm sich ein zweites Brötchen und schmierte Butter darauf. Er entschied, auf Julios Schreiben zu antworten und die Abendeinladung anzunehmen. Allein der Gedanke daran versetzte ihn in Aufregung. Auch wenn er immer noch nicht wusste, wie er Rosa helfen würde – er würde sie wiedersehen. Und falls er wirklich mit Julio ins Geschäft kam, wäre dies ein Triumph gegenüber seinem Vater. Dann musste der nämlich eingestehen, dass es alles andere als ein Fehler war, diese weite Reise unternommen zu haben, und Albert hatte den Vorwand, immer wieder aufs Neue in ferne Länder aufzubrechen.
     
    Am nächsten Abend zog sich Albert seinen besten Frack an – keinen besonders eleganten, wie er sie in Frankfurt trug, aber einen von jenen, die nicht zum Knittern neigten –, und brach zu den de la Vegas’ auf.
    Bis jetzt hatte er keines der spanischen Patio-Häuser von innen gesehen, und als er es erreichte, blieb er stehen und nahm das typische Flachdach und das Aussichtstürmchen gründlich in Augenschein. Die Vorderfront kündete nicht unbedingt von Reichtum, eher davon, dass die Familie hinter kleinen, vergitterten Fenstern Abgeschiedenheit suchte. Das bestätigte, was er oft genug gehört hatte: dass sich das Leben der reichen Familien vorzugsweise im Inneren abspielte und sie nur zu wenigen Anlässen das Haus verließen.
    Er betrat es nun durch ein großes Portal aus dicken Zedernholzbohlen und mit Bronzebuckeln, das bis abends geöffnet blieb, und betrat einen schmalen, dunklen Flur, der dahinter folgte.
    Dort wurde er von Julio de la Vegas in Empfang genommen.
    »Kommen Sie nur, kommen Sie!«, rief er und schlug ihm die Hand auf die Schulter, als empfinge er einen alten Freund. Albert klopfte sich unauffällig den Staub vom Ärmel, versuchte aber, eine gleichmütige Miene aufzusetzen.
    Auf die Eingangshalle folgte ein kurzer Vorplatz, Zagúan genannt, dessen Wände mit Malereien aufwarteten, und von dort erreichte man den zweiten Innenhof, um den herum die Wohnräume lagen.
    Der Hof war mit kleinen Steinen gepflastert, und ein Kanal brachte Wasser in die Räume und den Garten. Albert hob bewundernd die Braue. Bis jetzt hatte es ihn entsetzt, dass es in der Stadt kaum Wasserleitungen gab und die Straßen allesamt dreckig waren, doch bei den reichen Familien galten erfreulicherweise andere Standards.
    Julio schien zu bemerken, was in ihm vorging. »Wir leben eben doch nicht wie die Tiere, auch wenn die Engländer Sie das gewiss glauben machen wollten.«
    Albert sagte nichts dazu. Er war überrascht über Julios joviales Lächeln und dessen sichtbaren Eifer, ihn zu beeindrucken. Damals, als er ihn mit Rosa erwischt hatte, hatte er eher feindselig gewirkt. Sein Herz pochte schneller, als er an Rosa dachte, doch noch war weit und breit nichts von ihr zu sehen.
    Julio brachte ihn zum großen Saal – la Sala –, wo die Familie befreundete Personen empfing und sich abends nach dem Essen aufhielt. Albert stellte fest, dass die Zimmer hoch sowie geräumig und die Fenster um vieles größer als die Luken waren, die zur Straße hinwiesen. Der Boden war mit Teppichen

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