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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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    Alberts Entschlossenheit wankte. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Das waren gewiss nicht die Art Geschäfte, die er schließlich wollte. Rosa schien seinen Widerwillen zu spüren, denn ihr Blick wurde geradezu flehentlich. Was sollte er nur tun?
    »Nun gut«, fuhr Alejandro indes gemäßigter fort. »Ich kann mir schon vorstellen, Waren zu liefern, die für den deutschen Markt interessant wären. Meinetwegen besagtes Holz oder auch Zucker und Kaffee aus Brasilien. Solche Geschäfte bedürfen aber viel Vertrauens. Sie sind ein Fremder, den ich nicht kenne, noch dazu ein Deutscher.«
    Es klang wie ein Schimpfwort, und Albert fiel nichts ein, seine Vorurteile zu entkräften. Genau genommen waren auch er und Rosa einander fremd. Sie hatten nur einen einzigen Nachmittag miteinander verbracht. Dennoch war ihm ihr Anblick so vertraut, und er dachte, es müsste ihm das Herz zerreißen, wenn er dieses Haus für immer verließ und sie nie wiedersah.
    Er rang nach Worten, doch Julio kam ihm zu seinem Erstaunen zuvor. »Es gäbe durchaus eine Möglichkeit, dass er kein Fremder bleibt, Vater. Die Beziehungen zu unserer Familie ließen sich durchaus … stärken.«
    Alejandro musterte ihn sichtlich irritiert.
    Eine der Tanten, jene mit Namen Eugenia, die strenger als die andere schien, räusperte sich. »Es wäre vielleicht angebracht, wenn wir uns zurückziehen. Gewiss wollen Sie eine Zigarre rauchen und ein Glas Whiskey trinken.«
    Beides war in Gegenwart der Frauen wohl nicht üblich.
    Alejandro jedoch machte eine Bewegung, als wollte er ein lästiges Insekt erschlagen. »Und wie stellst du dir das vor?«, fragte er seinen Sohn streng, ohne seine Schwester auch nur eines Blickes zu würdigen.
    »Nun«, begann Julio gedehnt, »Sie reisen doch allein, Herr Gothmann. Ich nehme an, Sie sind noch Junggeselle.«
    »Ja«, antwortete Albert knapp und fühlte sich zum Stichwortgeber verdammt.
    Er sah, wie Rosa errötete, und begriff erst in diesem Moment, was ihr Bruder vorhatte und dass sie in seinen Plan eingeweiht sein musste.
    »Herr Gothmann wäre doch ein passabler Bräutigam für unsere Rosa, oder nicht?«, fuhr Julio fort.
    Albert war fassungslos, dass er es ohne Absprache wagen konnte, so weit zu gehen. Doch Julio hatte nicht nur ihn überrumpelt, sondern auch Alejandro. Dem blieb der Mund offen stehen, während die Tanten beide aufschrien. Albert konnte nicht recht deuten, ob sie einfach nur überrascht waren oder empört. Ihm selbst brach Schweiß aus. Ja, natürlich hatte er diese Möglichkeit in Betracht gezogen und nicht zuletzt darum geschäftliche Beziehungen vorgeschlagen. Doch er hatte gedacht, dass er über lange Wochen um das Vertrauen der de la Vegas’ ringen müsste – Zeit genug, seine eigenen Gefühle für Rosa zu prüfen und abzuschätzen, wie tragfähig sie für eine gemeinsame Zukunft waren.
    Tante Eugenia erhob sich. »Wir gehen nun«, erklärte sie streng. »Die Geschäfte der Männer sind unsere Sache nicht.«
    Rosa blieb jedoch einfach sitzen: »Wie es aussieht, geht es aber nicht um Geschäfte, sondern um mich.« Ihre Stimme klang heiser. War es ein Ausdruck von Liebe oder Verzweiflung?
    Alejandro hatte sich indessen wieder gefasst. »Ich habe Rosa aber Ricardo del Monte versprochen …«, setzte er an. Der Rest des Satzes ging im Stimmengewirr unter.
    »Aber Ricardo ist so alt!«, rief Rosa, woraufhin Eugenia sie unnachgiebig belehrte: »Als Mädchen tut man, was der Vater sagt.«
    »Bedenke«, warf Julio wiederum ein, »Ricardo kann uns bestenfalls zu Kontakten mit anderen Hacienderos verhelfen, und das sind großteils Blancos – Herr Gothmann hingegen zu ganz Europa.«
    Ob das nicht zu viel versprochen war?, dachte Albert.
    Im nächsten Augenblick verstummten sämtliche Gedanken. Rosa hatte sich nun doch erhoben, jedoch nicht, um mit den Tanten das Haus zu verlassen, sondern um energisch zu verkünden: »Ich würde Señor Gothmann viel lieber heiraten als Ricardo del Monte. O bitte, Vater! Du willst doch nicht, dass ich unglücklich werde. Ich bin deine einzige Tochter. Meine Mutter hätte das sicher nicht gewollt.«
    Alejandros Lippen begannen zu zittern, und kurz spiegelten seine Züge Alberts Hilflosigkeit. Fast rechnete er damit, er würde mit der Faust auf den Tisch donnern, um sie zu bezwingen, doch stattdessen nahm er das Weinglas und trank einen kräftigen Schluck – offenbar, um etwas Zeit zu gewinnen und sich seiner Gefühle klarzuwerden. Doch er

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