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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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wir nicht einmal das.«
    »Und dennoch …«
    »Nichts dennoch – ich will kein Wort mehr davon hören.«
    Der Ausdruck ihres Gesichts wurde eisig, und Carlota hatte dem nichts entgegenzusetzen. Valeria war zwar nie eine strenge Mutter gewesen, doch manchmal legte sie etwas so Hartes, Kaltes an den Tag, das Carlota tief verstörte. Rührte es vom Verzicht auf ein Leben in Wohlstand? Oder von einem noch größeren Opfer?
    Plötzlich stand da nicht nur Härte in ihrer Miene, sondern auch Trauer, namenlos und tief. Carlota scheute sich, im Bodensatz von diesem Gefühl zu wühlen, und erhob darum keinen Einwand, als Valeria die Briefe in den Herd warf.
    Wortlos starrten die beiden auf die Flammen, die das Papier rasch vertilgten. Valeria war offenbar in Erinnerungen versunken – während Carlota nur die Zukunft im Sinn hatte.
    Warum wartete sie eigentlich darauf, dass sich endlich etwas ändern würde, anstatt ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen? Warum ließ sie – die sie mit zwanzig Jahren längst erwachsen war – immer noch ihre Eltern über Wohl und Wehe entscheiden? Wenn sie hier nicht versauern wollte, musste sie etwas tun – und während sie auf die Flammen blickte, kam ihr eine Idee.
    Sie brauchte die Briefe eigentlich nicht mehr, schoss es ihr durch den Kopf. Sie kannte ja jetzt Claires Nachnamen – Gothmann. Das sollte genügen, um ihr Vorhaben umzusetzen.
     
    In der Zeit mit José hatte Tabitha vor Glück nichts essen können, jetzt war es der Kummer, der ihre Kehle eng und das Herz schwer machte. Leonora verzichtete zwar darauf, sie einzusperren – dennoch verließ Tabitha ihr Zimmer kaum, vergrub sich im Bett und fluchte auf Gott und die Welt.
    Von ihrem Versprechen, José eine neue Anstellung zu verschaffen, war nichts übrig geblieben als die Einsicht, dass sie hier trotz ihrer Herkunft und ihres feinen Namens ein Niemand war: Die wenigen Bekanntschaften mit Montevideos reichen Familien konnte sie nicht nutzen, galt deren Loyalität im Zweifel doch ihrem Onkel Julio statt ihr.
    José schien ohnehin keine großen Erwartungen zu hegen. Zu ihrem einzigen Treffen in der Nähe der Rennbahn, wo sie vor kurzem noch unter seiner Anleitung geritten war, kam er mit düsterem Gesicht und erklärte, ohne ihr in die Augen zu sehen, dass seine Ersparnisse nicht lange reichen würden, um über die Runden zu kommen, und dass er demnächst Montevideo verlassen müsste, um wieder Arbeit zu finden.
    Anstatt sie zu küssen, ging er einfach davon. Tabitha lief ihm hinterher und nestelte am Verschluss der Kette, die sie trug. Es war ein Geschenk ihrer Großmutter und gewiss von hohem Wert.
    »Hier!«, sagte sie und hielt das Schmuckstück hoch. »Wenn du sie verkaufst, dann kannst du etwas länger in Montevideo bleiben.«
    Er musterte erst die Kette, dann sie. »Ich bin kein Bettler, der auf Almosen angewiesen ist«, erwiderte er und ließ sie erneut stehen.
    Sein Stolz, seine Wildheit und seine Ungezügeltheit waren das, was sie stets am anziehendsten gefunden hatte, doch als sie ihm nachblickte, hatte sie das Gefühl, geschlagen worden zu sein.
    Isabella, die sie zur Rennbahn begleitet hatte, fand auf dem Heimweg viele tröstende Worte – doch vergebens. Nach Josés Rausschmiss hatte Tabitha sie noch verdächtigt, sie bei Julio verpetzt zu haben, war sie doch vermeintlich die Einzige, die von ihrer Liaison ahnte. Aber Isabella hatte ihr berichtet, dass die Köchin sie mit José gesehen hatte und sofort zu Tante Leonora gelaufen war.
    »Es ist so ungerecht!«, rief Tabitha. »José ist ein Mann mit aufrichtigem Herzen. Er liebt die Pferde mehr als jede Münze. Warum blickt Onkel Julio verächtlich auf ihn herab, während er Mimosen wie Alonso preist?«
    Der war mittlerweile mehrmals zum Abendessen zu Gast gewesen, und nicht jedes Mal hatte Tabitha eine gute Ausrede gefunden, sich den Treffen zu entziehen.
    »Es betrübt mich, dass du so leidest«, erwiderte Isabella, »aber zugleich denke ich mir, dass das Leid nun mal die Kehrseite des Glücks ist – und dass man beides nur erlebt, wenn man liebt. Und es ist immer noch besser zu lieben, als vor Langeweile zu vergehen.«
    Bis jetzt war Tabitha so mit ihrem eigenen Schmerz beschäftigt gewesen, dass sie keinen Gedanken daran verschwendet hatte, wie Isabella über ihre Liebe dachte. Nun studierte sie aufmerksam ihr Gesicht, das wehmütig und verklärt zugleich wirkte.
    »Hast du denn deinen Mann geliebt?«, fragte sie.
    »Ach wo!«, meinte Isabella mit

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