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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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immer tiefer wanderten, erst über ihren Hals, dann übers Dekolleté.
    Sie wusste, was er tat, würde keine anständige Dame mit sich machen lassen, doch das war sie ohnehin nicht mehr. Sie hatte alles über Bord geworfen, warum jetzt nicht auch noch ihre Erziehung und ihr Schamgefühl?
    Außerdem tat es gut, sich ganz seinen Händen zu überlassen – kundigen Händen, die ihren Körper streichelten, sich bis in verborgenste Stellen vorwagten, Verlangen entfachten, das ihr fremd war und vor dem sie sich fast ein wenig fürchtete.
    Sie wehrte sich dennoch nicht, als er erst sie, dann sich selbst entkleidete, ihre Beine spreizte, sich auf sie legte. Heiß rann das Blut durch ihre Adern, doch zugleich fühlte sie sich seltsam unbeteiligt, so, als sähe sie aus weiter Ferne zu, wie er sich in ihren Körper schraubte, etwas in ihr zu zerplatzen schien, ein stechender, brennender Schmerz sie zerriss. Sie hörte ihn stöhnen, als er immer schneller in sie zu stoßen begann. Der Schmerz verging, doch jener Anflug von Lust, den sie zuvor empfunden hatte, kam nicht wieder. Hoffentlich gefällt es ihm, dachte sie.
    Hinterher fühlte sie sich verklebt und schmutzig. Das Blut raste nicht länger durch ihre Glieder. Stattdessen fror sie unter seinem und ihrem Schweiß. Es war so dunkel, dass sie nicht in seinen Zügen lesen konnte. Er sagte auch nichts – nicht, dass er sie liebte, nicht, wie es weitergehen sollte. Immerhin streichelte er zärtlich über ihren Arm, und fürs Erste wollte sie sich damit begnügen.
     
    Claire ging lange vor dem Haus auf und ab. Dass sie überhaupt hier war, erschien ihr wie ein kleines Wunder, denn jeder einzelne Schritt hatte sie unendlich viel Überwindung gekostet: Luis’ Adresse herauszufinden, die Quinta zu verlassen, sich von Claudio zu ihm kutschieren zu lassen. Mehrmals hätte sie ihr Vorhaben am liebsten abgebrochen, und jetzt am Ziel drohte sie der Mut endgültig zu verlassen.
    Ich kann es einfach nicht, dachte sie.
    Sie wusste nicht, was ihr schwerer fiel: sich den eigenen Erinnerungen auszusetzen oder seinem womöglich verächtlichen Blick. Allerdings – die Erinnerungen waren ohnehin allgegenwärtig, und sein Blick war, als er auf ihr geruht hatte, zwar ein bisschen ausdruckslos, aber ganz sicher nicht verächtlich gewesen. Und es war ja auch nicht so, dass sie auf seine Vergebung hoffte – nur auf ein paar kurze Worte.
    Anstatt endlich anzuklopfen, ging sie jedoch weiterhin vor dem Haus auf und ab, bis plötzlich ein junger Mann den Kopf aus dem Fenster steckte: »Kann ich Ihnen helfen, Doña?«
    Sie fuhr herum, musterte den Mann – und zuckte zusammen. Er sah aus wie Luis, nur jünger, nicht so streng, und sein Lächeln war breiter und offener.
    »Sie müssen sein Sohn sein!«, brach es aus ihr hervor.
    Luis hatte eine Familie …
    Sie wusste nicht, ob sie bestürzt sein sollte oder erleichtert – bestürzt, weil es sie daran erinnerte, auf was sie selbst verzichten musste, erleichtert, weil er trotz allem glücklich geworden war.
    Der Kopf des Mannes verschwand, und kurze Zeit später trat er auf die Straße. »Ja«, sagte er, »wenn Sie Luis Silveira meinen – ich bin sein Sohn. Antonio …«
    Claire stockte das Herz. Ihr einstiges Gespräch kam ihr in den Sinn, als Luis ihr anvertraut hatte, dass er sich nur Töchter wünschte und sie nach seiner Mutter nennen würde. Sie wiederum hatte von Antonie erzählt und Hoffnungen auf einen Sohn geäußert.
    »Ein kleiner Antonio …«, hatte er damals gesagt.
    War es Zufall, dass er seinen Sohn so genannt hatte?
    »Wollen Sie zu meinem Vater?«, fragte er nach langem Schweigen. »Oder vielleicht zu meinen Schwestern?«
    »Sie haben Schwestern?«
    »Zwei. Monica und Dolores.«
    Drei Kinder.
    Sie schloss die Augen. Gewiss, sie freute sich ehrlich für ihn, aber zugleich wurde dieser Druck auf ihrer Brust immer schmerzhafter … Ach, sie hätte nicht herkommen sollen! Luis hatte wahrscheinlich schon seit Jahren keinen Gedanken mehr an sie verschwendet und lebte zufrieden mit seiner Familie, während sie …
    Sie war eine Träumerin, obwohl sie wissen sollte, dass auf dieser Welt Träume keinen Bestand hatten! Besser, sie ersparte Luis ihren Anblick!
    Wortlos wandte sie sich ab und eilte die Straße entlang, an deren Ende Claudio mit der Kutsche wartete.
    »Doña?«, rief Antonio ihr hinterher. »Soll ich etwas ausrichten?«
    Claire antwortete nicht, sondern hastete weiter, den Kopf auf den Boden gerichtet, so dass sie

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