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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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vergnügt lachte, wenn er es am Bauch kitzelte, oder das ihm nach langen Arbeitstagen seine Zigarre anzünden durfte?
    »Ich finde, dass du ein wenig zu viel Zeit mit deinem Musiklehrer verbringst«, sagte er streng.
    Röte schoss in ihr Gesicht – leider nicht Ausdruck von Scham, sondern von Wut. »Na und?«, gab sie schnippisch zurück.
    Albert fühlte sich hilflos wie einst, als er vor den überbordenden Gefühlen Rosas an seinen Schreibtisch geflohen war. »Ich freue mich ja, dass du Freude am Gesang hast«, fügte er gemäßigter hinzu. »Aber ich finde dennoch, dass du besser mehr Zeit mit Männern deines Standes verbringst.«
    »Nicolas ist ein hochbegabter Musiker!«
    »Daran zweifle ich auch gar nicht. Aber sieh doch«, er seufzte. »Er hat ein Engagement an der Oper, soviel ich weiß. Wie lange wird es wohl währen, einige Wochen, Monate? In jedem Fall wird er danach woanders hinziehen. Es ist ein sehr unstetes Leben, das er führt. Du wirst schrecklich unglücklich sein, wenn er Frankfurt verlässt.«
    »Dann gehe ich eben mit ihm! Ich liebe es, zu reisen!«
    Gott bewahre!, dachte Albert, aber er riss sich zusammen. »Deswegen biete ich dir doch eine solche Reise an!«, sagte er hastig. »Ja, du sollst etwas von der Welt sehen, fremde Orte kennenlernen, exotische Länder erforschen. Aber dein Zuhause ist hier – nicht an der Seite eines … eines …«
    Tabitha sprang auf und starrte ihn wutentbrannt an. »Er ist ein ehrenwerter Mann!«
    »Ist er das?« Alberts Beherrschung bekam endgültig Risse. »Ich habe erfahren, dass er dich geküsst hat«, fügte er schneidend hinzu. »Und das würde kein ehrenwerter Mann tun, solange er nicht verlobt ist.«
    Er sah, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. Offenbar fragte sie sich, woher er das wusste, und hatte ein Hausmädchen im Verdacht. Ihm selbst hingegen war kurz gar nicht wohl, dass er allein dieser anonymen Nachricht vertraute. Wie es aussah, war es aber die Wahrheit, denn sie stritt es nicht ab. Mehr noch: Sie war sogar noch stolz darauf. »Nicht er hat mich geküsst, sondern ich ihn!«, rief sie.
    »Tabitha!« Sein Unbehagen wich Entsetzen. Was war nur in sie gefahren? Wo war ihre Unschuld, ihre Unbekümmertheit, das Mädchenhafte?
    Als er ihren Blick suchte, sah er nichts Kindliches, nur Trotz und … Härte. Woher, zum Teufel, kam diese bloß?
    Sie schien zu ahnen, dass sie zu weit gegangen war, denn sie wandte sich schnell ab. Doch ihm entging nicht, wie ihre Kiefer mahlten.
    »Ich will dir doch nichts Schlechtes … und jenem jungen Musiker auch nicht. Aber du musst einsehen …«
    »Was?«, begehrte sie wieder auf. »Dass er nicht der rechte Mann für mich ist?«
    Er verzichtete darauf, zu nicken. »Ich glaube, es ist besser, du gibst die Gesangsstunden auf«, sagte er bloß.
    Zu seiner Betroffenheit sah er Tränen in ihren Augen glänzen.
    »Warum muss ich auf etwas verzichten, was mir solche Freude bereitet?«
    »Nun, wir könnten auch einen anderen Lehrer suchen.«
    »Großmutter hast du die Liebe zur Musik einst auch ausgetrieben!«, warf sie ihm vor. »Sie hat früher doch auch gesungen, nicht wahr? Warum hat sie es wohl aufgegeben, wenn nicht deinetwegen!«
    Albert erblasste. »Was hat sie dir darüber erzählt?« Seine Stimme war kalt – und erschreckte ihn ebenso wie sie. Dennoch fasste sie sich alsbald wieder und trotzte ihm: »Großmutter wird es nicht zulassen, dass du mir das Singen verbietest.«
    Albert fuhr zusammen, als ihm aufging, dass sie damit wohl gar nicht so unrecht hatte.
    »Aber ich treffe in diesem Haus die Entscheidungen«, schrie er. Sein Zorn war so heftig wie seine Ohnmacht und Hilflosigkeit, die gleichen Gefühle wie damals, als er Rosa nichts hatte recht machen können – ganz anders als jener Fabien Ledoux. »Wenn ich Nicolas verbiete, das Haus zu betreten, wird niemand dem zuwiderhandeln.«
    Er bereute seine Worte und noch mehr seine Lautstärke, doch es war zu spät.
    Tabitha starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Dann weiß ich, was ich zu tun habe«, sagte sie mit zitternder Stimme.
    Sprach’s, erhob sich und ging.
    Albert hatte keine Ahnung, was ihre kryptischen Worte bedeuteten. Seufzend ließ er sich auf den Stuhl fallen, seine heftigen Gefühle verrauchten. Warum war das Leben so schwer, warum waren die Frauen so undurchschaubar? Warum hatte sie sich nicht in einen Bankierssohn verliebt, und was sollte er nun tun?
    Es war unmöglich, zu ihr durchzudringen, und darum unvermeidbar, Rosa zu Rate

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