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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Begegnung bei Antonie wahrgenommen hatte. Sie blickte sich hilfesuchend nach Albert um, doch der war immer noch in sein Gespräch vertieft. Antonie nickte ihr indessen aufmunternd zu. »Antonie von Birkenstock ist eine geborene Brentano«, flüsterte sie ihr ins Ohr.
    Rosa wurde der Mund trocken. Sie wollte nicht schon wieder etwas falsch machen und entschied sich, zu schweigen, aber da neigte sich Antonie von Birkenstock selbst vertraulich vor: »Man erzählte mir, dass Sie aus der Banda Oriental stammen. Es ist ein fernes Land, nicht wahr, sehr wild und anarchisch? Es heißt, es wird von Gauchos regiert.«
    Rosa hatte keine Ahnung, ob das so war – und sie war auch nicht sicher, ob die Worte verächtlich gemeint waren oder anerkennend.
    »Davon weiß ich nichts«, gab sie unumwunden zu. »Ich bin in Montevideo aufgewachsen. Mein Großvater ist ein Kaufmann.«
    »Nun, in der Stadt geht es sicher gesitteter zu als in der Wildnis. Erzählen Sie mir von Ihrer Heimat. Ich habe so gar keine Vorstellung von dem Land. Von welcher Musik wird es durchdrungen?«
    Rosa wusste nicht, was sie meinte. »Meines Wissens ist der Bau einer Oper geplant«, stammelte sie, »mein Vater meint allerdings, das sei eine reine Geldverschwendung.«
    Als Antonie von Birkenstock irritiert die Braue hob, fügte sie schnell hinzu: »Die Dienstboten singen gerne während der Arbeit. Und unser Stallknecht spielt die Bandola, das ist ein Instrument mit …«
    »Wie man nur ohne Kunst leben kann!«, unterbrach Antonie von Birkenstock, die das offenbar nicht gelten lassen wollte, sie abrupt. »Ich würde keine Luft zum Atmen finden. Hat das Land denn große Maler hervorgebracht?«
    Nun war die Verachtung in ihrer Stimme unüberhörbar. Rosa warf einen hilfesuchenden Blick zu Antonie, doch diese nickte ihr nur wieder zu, als wolle sie sie an den Rat erinnern, ganz sie selbst zu sein.
    Rosa entschied sich für Offenheit. »Manche Innenhöfe unserer Häuser sind mit Bildern ausgestattet. Mein Vater allerdings meinte einmal, dass es nicht notwendig sei, es genüge, sie mit Leder zu bespannen.«
    »Einen Künstler vom Schlage eines Carl Morgenstern findet man in der Banda Oriental also vergeblich?«, fragte Frau von Birkenstock beißend.
    »Wer ist denn das?«, gab Rosa verwirrt zurück.
    Die Dame verdrehte die Augen. »Gott gebe, dass ich Europa nie verlassen muss.«
    Mit diesen Worten rauschte sie davon.
    Rosa richtete sich an Antonie: »Was habe ich denn nun schon wieder falsch gemacht?«
    Anstatt darauf einzugehen, reichte Antonie ihr ein Glas Champagner. Rosa hatte dergleichen nur selten getrunken. Prickelnd rann das Getränk durch die Kehle und belebte sie. Sie fühlte, wie ihre Wangen sich röteten, und als sie sich umblickte, stieg Schwindel in ihr hoch. Albert war weiterhin in sein Gespräch vertieft, an dem sich nun auch Carl-Theodor beteiligte, und Adele hockte im Kreise anderer gewandeter Frauen.
    »Komm, ich stelle dir noch mehr Damen vor«, meinte Antonie und zog sie mit sich.
    Rosa hätte sich am liebsten gesträubt, folgte ihr jedoch schließlich.
    Namen wurden genannt, die sie schon einmal gehört, aber wieder vergessen hatte – Rothschild, Bernus und Guaita. Die Gesichter, die dazugehörten, waren edel und stolz. Die Blicke, die auf Rosa fielen, ein wenig fasziniert, aber vor allem herablassend.
    Die meisten der Damen sprachen von Dingen, die Rosa nicht verstand und die sich um Kunst und Politik drehten. Nur eine richtete direkt das Wort an sie. »Die Reise von Ihrem Heimatland hierher muss schrecklich weit gewesen sein.«
    Rosa nickte. »Wir waren mehr als einen Monat unterwegs.«
    »Gütiger Himmel!« Die Frau wedelte sich mit einem Fächer frische Luft zu. »Dafür bin ich zu alt. Meine längste Reise führte nach Italien. Mein Gatte und ich sind dort auf Goethes Spuren gewandelt.«
    »Wer ist Goethe?«, fragte Rosa.
    »Sie kennen den berühmtesten Sohn dieser Stadt nicht?«, rief die Dame ungläubig.
    Rosa war verwirrt, Antonie schwieg vielsagend. »Ist er etwa auch heute Abend hier zu Gast?«, wollte Rosa wissen.
    Antonie unterdrückte hörbar ein Prusten, die anderen Frauen lachten offen. »Ihm dürfte es etwas schwerfallen, einer Einladung nachzukommen, selbst wenn unsere liebe Clotilde Koch-Gontard sie ausspricht. Der werte Herr Geheimrat ist schließlich seit über fünfzehn Jahren tot.«
    Rosa schwieg verlegen. Plötzlich gesellte sich auch Antonie von Birkenstock wieder zu ihnen. »Ich fürchte, in der Banda Oriental gibt

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