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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Koch-Gontard für ihre festlichen Diners, Soupers und Soireen mit mehr als einhundert Leuten ebenso berühmt war wie für ihre Wohltätigkeitsveranstaltungen.
    Als sie wenig später ankamen, konnte sich Rosa mit eigenen Augen überzeugen, warum ihre Feste zu den erlesensten gehörten. Für gewöhnlich fanden sie im Palais Thurn und Taxis statt, doch jetzt im Frühling hatte man die Feierlichkeit ins Kochsche Sommerhaus an der Mainzer Chaussee verlegt, wo unter freiem Himmel Tische aufgestellt worden waren. Sie bogen sich unter hauchdünnen Sektschalen, exquisiten Rotwein- und Rheinweingläsern, hohen Wassergläsern und Gefäßen für den Süßwein. Champagner floss ebenso in Strömen wie Château Lafite, der edelste aller Weine.
    In den vielen Pavillons im Park würde gespeist werden: Runde Tische waren mit Damasttischtüchern und feinstem Porzellangeschirr aus England gedeckt worden. Vor weißen und rosafarbenen Draperien und den wohlduftenden fremdländischen Blüten brach sich das Licht der Kerzen auf hohen Kandelabern in Spiegelscheiben. Das Haus erstrahlte innen und außen in Festbeleuchtung, die zunächst so grell schien, dass man kaum etwas vom Gebäude erkennen konnte. Aber als sich der Tag neigte – die Feste dauerten bis lange nach Mitternacht –, verlieh dieses Licht allem einen warmen Glanz.
    So neugierig Rosa den Garten musterte, so unsicher fühlte sie sich seit dem Augenblick, in dem sie aus der Kutsche gestiegen war. Sie war erleichtert, als Albert auf sie zukam und sie begrüßte, doch ehe sie ein Wort mit ihm wechseln und der Aufregung etwas Herr werden konnte, zog er sie schon in Richtung einer Familie mit rabenschwarzem Haar, dunklen Augen und nicht ganz so blasser Haut. Wahrscheinlich war das die italienische Familie Brentano.
    Sie hörte, wie Albert sie vorstellte, nicht aber, was die Brentanos erwiderten. Das Blut rauschte laut in ihren Ohren, und die deutsche Sprache, die sie mittlerweile gut beherrschte, kam ihr mit einem Mal fremd vor. Trotz allem war es tröstlich, als Erstes einer Familie zu begegnen, mit der sie das südländische Temperament teilte. Als deren neugierige Blicke sie maßen, dachte sie an Antonies Rat, ihrem Herzen zu folgen und frank und frei ihre Meinung zu sagen, strahlte insbesondere Frau Brentano an und erklärte: »Wahrscheinlich fühlen Sie sich hier in Frankfurt genauso fremd wie ich.«
    Kurz entglitten der Frau die Züge, und sie starrte Rosa halb entsetzt, halb missbilligend an. Bald riss sie sich wieder zusammen und lächelte ausdruckslos, doch sie kommentierte Rosas Ausruf mit keinem Wort. Es folgte irgendeine höfliche Bemerkung in Alberts Richtung, dann rauschten die Brentanos von dannen.
    Rosa blickte ihnen verwirrt nach. »Was habe ich denn falsch gemacht?«
    »Ach herrje«, seufzte Albert. »Die Brentanos leben schon seit langer Zeit in Frankfurt. Sie betrachten sich als eine der wichtigsten Familien der Stadt und werden nicht gerne auf ihre Herkunft angesprochen. Es ist ihrem Ruf nicht zuträglich, als Südländer gesehen zu werden – zumal sie stolz sind, reich und angesehen wie die deutschen Familien zu sein.«
    Rosa war bestürzt. »Aber ich wollte sie keinesfalls beleidigen! Ich bin doch selbst Spanierin!«
    Erst als sie verklungen waren, merkte sie, dass sie ihre Worte geschrien hatte und sich mehrere Gäste irritiert nach ihr umdrehten.
    Albert zog sie rasch mit sich. »Nun, ich weiß das, aber sie kennen dich noch nicht und könnten deine Arglosigkeit für schiere Bosheit halten.«
    Rosa wollte noch etwas entgegnen, aber da hatte Albert einen Mann erblickt, mit dem er offenbar Geschäfte trieb, begrüßte ihn und erging sich bald in einer hitzigen Debatte. Rosa stand stumm daneben und fühlte sich immer unbehaglicher. Sie wusste weder, wohin sie schauen, noch, was sie mit ihren Händen machen sollte, sondern nestelte nervös an den Falten ihres Kleides.
    »Hier bist du!«, traf sie plötzlich eine Stimme. »Komm, ich will dir jemanden vorstellen.«
    Antonie hatte sich lautlos an sie herangeschlichen, hängte sich unter ihrem Arm ein und zog sie von Albert fort. Rosa wollte protestieren, doch da blieb Antonie bereits vor einer wunderschön gekleideten Frau stehen. »Das ist meine Namensvetterin … Antonie von Birkenstock.«
    Nicht nur ihre Kleidung war ungemein edel, sondern auch die Züge sehr fein geschnitten. So schön sie allerdings anzusehen war, die Augen wirkten kalt und spiegelten die gleiche Arroganz, die Rosa bei ihrer ersten

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