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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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als wäre ich dein Feind?«, fragte er leise.
    »Weil du insgeheim auf Rosas Seite stehst. Letztlich hast du mich auch nur geheiratet, weil ich aus guter Familie stamme und hübsch anzusehen bin.«
    »Ich habe immer deine Klugheit bewundert, und das habe ich dir auch immer gesagt.«
    »Weil du wusstest, dass du mich damit erobern kannst – nicht, weil es deine Überzeugung ist. Denn wenn es so wäre – warum erwartest du dann nicht, dass auch Rosa sich als klug erweist? Theodor Gottlieb von Hippels schreibt in seinem Buch
Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber,
dass die evidente Vernunft eine Mitgift ist, welche die Natur allen Menschen in gleichem Maße bewilligt hat.«
    »Mag sein, aber es ist nicht deine Sache, Rosa zu erziehen. Und mir scheint, dass sie – wenn auch nicht viel Verstand – so doch ein Herz hat, und zwar ein größeres als du.«
    »Wie schade, dass du dann nicht mit ihr verheiratet bist, sondern mit mir«, rief sie und verachtete sich selbst, weil ihre Kehle so eng wurde. Sie hatte nicht gedacht, dass er die Macht haben könnte, sie zu kränken.
    »Hast du etwa aus Eifersucht so gehandelt?«, fragte er gedehnt, um sich gleich selbst die Antwort zu geben: »Nein, gewiss nicht, denn Eifersucht wäre ein Zeichen, dass dir etwas an mir läge. Aber du kannst mir nicht vergeben, dass ich es gewagt habe, dich zu heiraten, nicht wahr? Ich verstehe nur nicht, warum du nicht einfach nein gesagt hast.«
    Antonie schluckte schwer.
    Weil sie gehofft hatte, an seiner Seite eine andere zu werden – nicht länger vergiftet von der Verzweiflung, immer hinter den Brüdern zu stehen. Aber offenbar hatte sie sich zu sehr daran gewöhnt, um sie abzuschütteln. Laut zugeben konnte sie das allerdings nicht. »Mein Vater wollte eine Verbindung zu eurem Bankhaus.«
    »Soso, du pochst auf deine Freiheit und auf die Vernunft der Frauen, aber fügst dich deinem Vater wie ein kleines Mädchen, das nach seinem Lob heischt. Und lässt mich dafür büßen, mich und Rosa und Albert. Wie kann eine starke, kluge, selbstbewusste Frau nur so erbärmlich sein?«
    Selten hatte er so harsch mit ihr gesprochen, selten auch so heftige Gefühle gezeigt. Plötzlich überkam sie Reue. Sie wandte sich von ihrem Spiegelbild ab, wollte etwas sagen, wollte ihn umarmen, wollte irgendetwas tun, was an die ersten Wochen ihrer Ehe erinnerte, als sie noch liebevoll miteinander umgegangen waren. Doch Carl-Theodor verließ ihr Boudoir, ohne ihr gute Nacht zu wünschen.
    Antonie starrte ihm nach. Das Haar fiel ihr ins Gesicht, sie lächelte nicht länger. Die Genugtuung, Rosa bloßgestellt zu haben, schmeckte plötzlich schal.
     
    Es war lange nach Mitternacht, aber Albert zögerte, sein Schlafzimmer zu betreten. Er war sich sicher, dass Rosa noch nicht schlief. Sie würde ihn durch die dünne Verbindungstür hören, zu ihm kommen, Trost in seinen Armen suchen, vielleicht sogar weinen. Er wusste – in den letzten Wochen hatte sie oft geweint. Zwar hatte sie versucht, es vor ihm zu verbergen, aber ihm waren ihre geröteten Augen nicht entgangen, und nach dem heutigen Eklat war sie gewiss zutiefst verletzt und verunsichert. Er war ja selbst wütend auf Antonie und auch auf sich, weil er Rosa nicht vor ihr geschützt hatte. Aber ein klein wenig galt sein Ärger nicht zuletzt ihr. Sie wusste doch, dass er ein angesehener Bankier war. Warum konnte sie sich nicht ein klein wenig zusammenreißen, warum musste sie frank und frei ausplaudern, was ihr auf der Zunge lag? Warum konnte sie sich nicht besser seiner Welt anpassen, in der sie schließlich doch auch seine Sprache gelernt hatte?
    Er seufzte.
    Er ertrug diese Gedanken ebenso wenig wie Rosas Gegenwart, da sie immer so fordernd, immer so überschwenglich war, und flüchtete sich dorthin, wo beides keinen Platz hatte – an seinen Schreibtisch.
    Stunde über Stunde hockte er dort, wälzte Bücher, machte sich Gedanken über die Zukunft der Bank und wurde darüber eher wacher als müder.
    Der Morgen dämmerte, als es klopfte. Er zuckte zusammen und schämte sich wenig später seiner Erleichterung, dass es nicht Rosa war, die ihn hier aufsuchte, wie er im ersten Moment gedacht hatte, sondern Carl-Theodor. Auch jener hatte offenbar nicht geschlafen, doch anders als er wirkte er erschöpft und ausgezehrt.
    Albert lehnte sich zurück. Er befürchtete, Carl-Theodor könnte irgendetwas zum Drama des gestrigen Abends sagen, und kam ihm darum zuvor, indem er ihm die Pläne erklärte, die er in

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