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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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dieser Regung widerstand, legte sie zumindest rasch ihre Hand auf den Bauch.
    »Erwartest du jetzt etwa, dass Albert deine Hand hält, nur weil du schwanger bist? Mein lieber Schwager ist nicht nur Bankier, sondern auch aufrechter Demokrat. So schnell wird er heute Abend nicht nach Hause kommen. Und was das Kinderkriegen anbelangt – nun, ich bekomme ebenfalls eins. Kein Grund, deswegen solchen Aufruhr zu betreiben.«
    Sprach’s, drehte sich um und schlenderte davon.
    Rosa starrte ihr nach. Plötzlich fühlte sie sich nicht mehr wie der glücklichste Mensch auf Erden, sondern zurechtgewiesen wie ein kleines, dummes Mädchen. Eine neue Woge der Übelkeit überfiel sie, und in ihrem Mund schmeckte es plötzlich bitter.
     
    Die Übelkeit verging, aber das warme Glücksgefühl kehrte nicht zurück. Wie sollte sie nur die Zeit hinter sich bringen, bis Albert wiederkam?
    Eine Weile ging sie im Haus auf und ab, dann eilte sie über die Hintertreppe zur Küche. Die übliche Geschäftigkeit beruhigte ihren aufgewühlten Geist, und als sie Espe entdeckte, konnte sie sich wieder über die Neuigkeit freuen.
    »Ein Kind!«, platzte es aus Rosa heraus. »Hast du es schon gehört? Ich bekomme ein Kind.«
    »Das habe ich bereits geahnt, nachdem ich vor einigen Wochen davon geträumt habe.«
    Wie immer wahrte Espe Distanz, aber ihre dunklen Augen leuchteten, und Rosas Stolz wuchs, als sie überdies Frau Lores wohlwollenden Blick auf sich ruhen spürte. Else nahm sie zur Seite und begann wie so oft, munter zu plappern: »Sie müssen etwas essen, Frau Gothmann, Sie brauchen jetzt mehr als sonst. Meine Mutter hat insgesamt zehn Kinder geboren, und nach dem fünften sagte sie, es reiche eigentlich, aber sie war dann doch jedes Mal froh, weil sie mehr zu essen bekam.«
    Rosa wollte eigentlich ablehnen, spürte dann jedoch, dass ihr tatsächlich der Magen knurrte.
    »Etwas Salziges ist besser als etwas Süßes«, erklärte Else. »Das vertreibt die Übelkeit.«
    Ehe sie sichs versah, hatte Else sie schon an den Tisch geführt und einen Teller vor sie hingestellt.
    Ein kräftiger Geruch stieg Rosa in die Nase.
    »Das ist Wurstsuppe«, erklärte Else. »Normalerweise essen nur wir Dienstleute dergleichen, aber das stärkt ungemein.«
    Rosa führte zögernd den Löffel zu ihrem Mund. »Das habe ich noch nie gegessen.«
    Else lächelte vielsagend. »So etwas Leckeres kennen Sie in Südamerika nicht.«
    Die Suppe schmeckte sehr sauer, und Rosa hätte beinahe den ersten Bissen wieder ausgespuckt, aber dann schluckte sie ihn. Egal, was sie aß – ihr wurde plötzlich warm ums Herz. Als sie da am großen Küchentisch saß und das geschäftige Treiben beobachtete, verloren Antonies bissige Worte ihre Macht, und sie fühlte sich nicht länger einsam.
    Else setzte sich ungeniert zu ihr und aß ebenfalls einen Teller Wurstsuppe. »Mein Vater hat die Wurst selbst gemacht«, erzählte sie stolz. »Gewiss habe ich schon mal erwähnt, dass er Bauer ist. Alle Leute sagen, ich hab’s gut getroffen, dass ich nun hier arbeiten kann, aber manchmal sehne ich mich doch nach meinem Zuhause. Am schönsten war immer das Schlachtfest vor Weihnachten. Danach gab es Schinken, Speck und Mettwurst, Pökelfleisch und Schmalz, und wir hatten jedes Mal so viel Grützwurst, dass wir sie unseren Nachbarn schenkten.«
    »Besuchst du deine Familie noch oft?«, fragte Rosa.
    »Eigentlich ist Hofheim nicht weit entfernt. Aber ich komme hier leider nicht oft weg. Schade. Das Leben auf dem Hof war einfach und hart, aber wir hatten immer unseren Spaß.« Sie beugte sich vertraulich vor. »Hier geht’s oft so ernst zu.«
    »Das stimmt!«, platzte es aus Rosa heraus.
    »Und es wird nicht gesungen und nicht getanzt … nicht so wie bei uns.«
    Else schob ihren Teller zurück und sprang auf, um es ihr zu zeigen, doch ehe sie den ersten Tanzschritt machte, hielt sie inne und zog rasch den Kopf ein. Rosa blickte sich verwirrt um und sah, dass Adele in der Küche stand und erst das Dienstmädchen, dann die Schwiegertochter mit einem ebenso verwirrten wie strengen Blick musterte. Sie trat zögerlich näher, und als sie den Teller Wurstsuppe vor Rosa sah, verzog sie angewidert ihr Gesicht.
    »Was machst du denn hier, Rosa?«
    Rosa fühlte sich zunächst ertappt, doch dann sprang sie auf und fiel Adele im Überschwang der Gefühle um den Hals: »Ich bekomme ein Kind!«, rief sie.
    Adele versteifte sich. Sie murmelte undeutlich, dass es großartig wäre, aber weder glänzten ihre

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