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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Haupthaus waren schon fast alle Lichter gelöscht worden.
    Rosa hastete los und vernahm nun doch etwas – das Zirpen von Grillen, das Rascheln der Grashalme unter ihren Schritten, doch keinerlei Stimmen … oder Schüsse.
    »Wohin?«, fragte sie.
    Else zuckte die Schultern. »Ich bin mir nicht sicher – vielleicht in diese Richtung?«
    Sie deutete auf den Wald, eine dunkle Wand, vor der keinerlei Menschen auszumachen waren. Wieder ließ sich nichts vernehmen – nur die eigenen Schritte und die von Espe, die langsamer und schwerfälliger folgte und immer noch keine Fragen stellte.
    Rosa rief sich ins Gedächtnis, was sie über Duelle wusste. Obwohl sie offiziell verboten waren, fanden sie häufig statt, denn kein Mann, der Wert auf Rang und Ansehen legte, lehnte eine Aufforderung ab – schon gar nicht, wenn er bei der Armee war. Dort wurde man gar entlassen, verweigerte man sich der Forderung um Satisfaktion. Selbst wenn bei einem Duell ein Todesopfer zu beklagen war, war für den Mörder oft keine Strafe zu erwarten. Was Rosa stets am meisten entsetzt hatte, war die Planmäßigkeit, mit der man zur Sache ging: Die Waffen wurden sorgsam gewählt, die Entfernung vor dem Schuss genau festgelegt, und jeder Duellant hatte einen Begleiter bei sich, der die Rechtmäßigkeit zu überwachen hatte.
    Nun, irgendwie passte es zu Albert, in einen so nüchternen Kampf zu gehen, anstatt spontan die Fäuste sprechenzulassen. Dennoch: Sie konnte sich ihn unmöglich mit einer Pistole in den Händen vorstellen. Und noch weniger Fabien, dessen feine Hände doch einzig dafür gemacht schienen, übers Klavier zu huschen!
    Sie kam immer näher an den Wald, erkannte in der Dunkelheit einzelne Bäume, durch deren Blätterwerk das silbrige Mondlicht fiel, und hörte aus der Ferne Stimmen. Gott sei Dank!, dachte sie, solange sie noch miteinander sprachen, würden sie sich nicht abknallen.
    Jetzt sah sie auch die Gestalten im Schatten jener Fackel, die Johann hochhielt, doch es war zu dunkel, in den Mienen zu lesen. Wahrscheinlich waren sie grimmig entschlossen, nun, da die beiden Duellanten auseinandergingen und Johann laut die Schritte zählte. Wenn sie ausreichend Entfernung zwischen sich gebracht hatten, würden sie sich umdrehen und schießen.
    »Nicht!«, schrie Rosa. Sie keuchte nach dem Laufen, und ihre Stimme war gepresster als erhofft – doch immerhin laut genug, um die beiden zum Innehalten zu bewegen.
    Sie lief auf Albert zu, aber ehe sie ihn erreichte, stolperte sie und fiel zu Boden. Das harte Gras, das hier kniehoch stand, schnitt ihr in die Hände. Als sie hochblickte und sich gedankenverloren das schmerzende Knie rieb, hatte sich Fabien über sie gebeugt – eine Pistole in der rechten Hand.
    »Bist du verrückt geworden?«, herrschte sie ihn an.
    Das Mondlicht fiel auf ihn und ließ sein Gesicht noch blasser, stolzer und schöner wirken. Doch ehe sie sich in diesem Anblick verlieren konnte, hatte sie auch Albert erreicht und drängte den Musiker zur Seite.
    »Wagen Sie es nicht, meine Frau anzufassen!«
    Bis jetzt hatte bei Rosa blankes Entsetzen geherrscht, nun packte sie die Wut. Seit langem hatte nicht mehr ein so heftiges Gefühl in ihr getobt.
    »Was heißt hier –
deine
Frau? Seit Monaten, nein, seit Jahren hast du nur Sinn für deine Bankgeschäfte, die Politik, die feinen Familien Frankfurts! Und nun willst du Fabien töten, um deine Ehre zu wahren?«
    Sie blickte auf seine Pistole, und auch in seinen Händen wirkte sie wie ein Fremdkörper. Sie hatte Männer gesehen, die bei der Jagd regelrecht mit ihrer Waffe zu verschmelzen schienen, doch Albert hatte nie dazu gehört.
    Sein Gesicht war ausdruckslos. »Geh wieder zurück ins Haus!«, befahl er streng.
    »Damit ihr euch in Ruhe totschießen könnt?«, rief sie. »Nie und nimmer! Dieser Wahnsinn muss sofort ein Ende haben. Legt die Waffen ab!«
    Keiner der beiden machte nur die geringsten Anstalten, ihrem Befehl zu folgen.
    »Mag sein, dass ich zu wenig Zeit für dich hatte, aber das gab dir kein Recht, mich mit ihm zu betrügen«, murrte Albert bissig und zutiefst gekränkt zugleich.
    Eine vernünftige Stimme in ihr sagte, dass sie sofort beteuern sollte, ihn nie betrogen zu haben und Fabien nicht zu lieben, aber ihre Wut war lauter. »Du hast mich in dieses fremde Land gebracht, du hast mich deiner Welt ausgeliefert und dann im Stich gelassen. Die einzigen glücklichen Stunden der letzten Zeit verlebte ich mit ihm!«
    »Du gibst es also zu? Du liebst

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