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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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so sichtlich müde war, daß sie keine Angriffe von ihm befürchten mußte. Seine Scharfzüngigkeit ließ nach, wenn er hart gearbeitet hatte und dann noch Alkohol trank. Die Situation erinnerte Franca an die allererste Zeit ihrer Beziehung, als die Dinge zwischen ihnen noch besser funktioniert hatten. Sie hatten manchmal abends so beieinandergesessen, damals in ihrer heruntergekommenen Studentenbude in Kreuzberg, und hatten billigen Wein getrunken, der Kopfschmerzen verursachte und eigentlich nicht schmeckte, den sie aber dennoch geliebt hatten.
    Die Entfremdung zwischen ihnen war schleichend eingetreten, hatte sich genährt von Francas beruflichen Mißerfolgen, ihren daraus erwachsenden Selbstzweifeln und Depressionen. Und von Michaels Karriere, von seinem Streben nach immer mehr Geld, von der Gier, mit der er seine Ziele verfolgt und erreicht hatte. Die Schere zwischen ihnen war immer weiter aufgegangen. Irgendwann hatten sie jeder für sich auf einem Berg gestanden, ohne Verbindung zueinander, eine Schlucht zwischen sich, über die nirgendwo eine Brücke führte. Es hatte kaum noch eine Verständigung stattfinden können.
    »Ich habe dir doch von der Frau erzählt, bei der ich auf Guernsey gewohnt habe«, fuhr Franca fort. Sie redete etwas zu schnell, aber sie war bemüht, den Moment einer gewissen Vertrautheit und Ruhe zu nutzen. »Beatrice Shaye. Sie lebt dort zusammen mit einer anderen alten Dame, einer Deutschen. Helene Feldmann. Beatrice spricht deshalb auch perfekt deutsch.«
    »Gut für dich. Dann mußtest du dein Englisch nicht strapazieren«, meinte Michael ziemlich desinteressiert. Er gähnte. »O Gott, bin ich müde! Ich müßte längst im Bett liegen.«
    »Während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg war
Deutsch Pflichtfach an allen Schulen auf den Kanalinseln«, sagte Franca. »Wußtest du das?«
    »Nein.«
    »Helene Feldmann kam damals als Frau eines Besatzungsoffiziers nach Guernsey. Sie okkupierten das Haus, in dem Beatrice lebte. Ihre Eltern waren geflohen. Sie wuchs bei den Feldmanns auf.«
    »Ich verstehe wirklich nicht, was dich an diesen Menschen so sehr interessiert«, meinte Michael. »Es sind ganz normale Leute, mit denen du nichts zu tun hast. Du wirst sie nie wiedersehen.«
    »Ich werde doch wieder für dich nach Guernsey fahren.«
    »Ja, aber dann wohnst du natürlich im Hotel! Dieses Zimmer in - wie heißt es gleich? Le Variouf oder so ähnlich - war eine Notlösung. Du wirst dich doch in Zukunft nicht in diese Einöde setzen!«
    »In dem Buch, das ich über den Krieg auf den Kanalinseln lese«, kehrte Franca beharrlich zum Ausgangspunkt ihres Gespräches zurück, »wird Erich Feldmann auch erwähnt. Er war zunächst Major, wurde im Laufe des Krieges zum Oberstleutnant befördert. Er war zuständig für den Transport von Baumaterial auf die Insel – weißt du, alles, was gebraucht wurde, um die Befestigungsanlagen und die vielen unterirdischen Bunker zu bauen. Dabei hatte er natürlich auch mit den Zwangsarbeitern zu tun. Der Autor des Buches schildert ihn als eine völlig unberechenbare Persönlichkeit. Er konnte von guter Laune förmlich überwältigt werden und Sonder-Essensrationen an die Arbeiter ausgeben lassen, und er konnte auch von einem Moment zum anderen Menschenschinder werden, der drakonische Strafen verhängte und zur Willkür neigte, wenn seine Wut ein Ventil brauchte. «
    »Von diesen Typen hat es damals doch gewimmelt«, sagte Michael. »Das Dritte Reich hat diese verkappten Sadisten aus ihren unauffälligen Schlupflöchern geholt und nach oben geschwemmt. Die konnten ihre Neigungen endlich ungehindert ausleben und bekamen noch Orden dafür verliehen. Dieser Erich Feldmann ist einer unter Tausenden.«
    »Auf sein Konto gehen Erschießungen und Mißhandlungen. Eine Menge Scheußlichkeiten. «

    »Ich nehme an, er lebt nicht mehr?«
    »Er kam Anfang Mai 1945 ums Leben. Kurz vor der Kapitulation der Inselbesatzer. Die Umstände scheinen ein wenig unklar, aber in dem allgemeinen Chaos damals ging wohl sowieso alles unter. «
    »Vermutlich haben ihn die befreiten Zwangsarbeiter gelyncht«, meinte Michael, »jedenfalls hoffe ich, daß sie das getan haben. Aber wieso machst du dir überhaupt Gedanken um so einen miesen Typen?«
    »Ich habe seine Witwe kennengelernt. Ich habe die Frau getroffen, die als junges Mädchen mit ihm unter einem Dach lebte. Ich würde gern mehr über sie alle herausfinden.«
    »Geh in Pressearchive. Durchstöbere Unterlagen der

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