Die rote Agenda
diesem Samstag nach Saturnia begleite, in
das Spa, wo wir beide im letzten Jahr waren. Sie hat mich heute gefragt, sie
hasst es, so etwas allein zu unternehmen, und meint, sich mit mir weniger zu
langweilen. Ich habe gedacht, dass ein paar Massagen meinem Rücken guttun
würden.«
»Eine
glänzende Idee, Schatz! Aber lass dich vom Chauffeur hinbringen, die Fahrt ist
lang.«
»In
Ordnung. Ich gebe dir heute Abend Bescheid, ob alles klappt.«
[246] Sie
sprachen noch über dieses und jenes, und Lorenzo war ausnehmend herzlich. Als
sie sich von ihm verabschiedete, bemerkte Betta, wie unbehaglich ihr zumute
war, weil sie ihn belogen hatte – aber besonders, weil sie die Ratschläge des
Mediums aufs Wort befolgt hatte.
[247] 34
Matteo
Trapani beendete das Gespräch mit Betta und wählte eine andere Nummer. Als sich
jemand meldete, nannte er nicht einmal seinen Namen.
»Ich will,
dass meine Frau rund um die Uhr bewacht wird, nicht nur zu Hause, sondern
überall, wo sie hingeht. Besorgt weitere Männer.«
Er legte
auf, mehr musste er nicht hinzufügen. Betta ahnte nicht, dass in der Villa am
Hügel der Gärtner und der Portier, die im Haus des Hausmeisters wohnten, in
Wirklichkeit zwei picciotti waren, ebenso der Butler,
der allerdings im Dienstbotenflügel der Villa lebte. In jedwedem Moment konnten
die drei Männer sich in eine hochgradig effektive Einsatztruppe verwandeln.
Trapani
hielt sich tatsächlich in Rom auf, allerdings nicht, um Politiker zu treffen,
sondern um einige Leute zu empfangen, die aus den USA kamen und die wie er seit Jahren darauf warteten, Rache üben zu können. Es
waren Söhne und Enkel von Opfern des Mafiakriegs der achtziger Jahre, die die
Massaker an den palermitanischen Familien überlebt hatten und in die
Vereinigten Staaten geflüchtet waren. Viele von ihnen hatten dort ein
armseliges Leben führen und sich an niedere Arbeiten gewöhnen müssen. Und immer
hatte sie die Angst geplagt, dass die Rache der Corleonesen sie auch [248] in
Übersee erreichen könnte. Trapani hatte ihnen über Jahre heimlich geholfen, sie
materiell wie psychologisch unterstützt, und nun konnte er auf sie zählen.
Er hatte
schon seinen möglichen Nachfolger ausgesucht: den Sohn von Calogero Inzaina,
einem wichtigen regionalen Boss, der von Totò ò zoppo ermordet worden war.
Giovanni hatte an einer renommierten amerikanischen Universität in
Wirtschaftswissenschaften promoviert, und es war Trapani gewesen, der sein
Studium bezahlt und auch dafür gesorgt hatte, dass er und seine Mutter ein mehr
als ordentliches Leben in Chicago führen konnten.
Für
Giovanni war Trapani nicht nur ein Pate, er war wie ein Vater für ihn. Von
seinem Förderer nach Rom gerufen, ahnte er, dass der große Moment endlich
gekommen war, und er hatte, ohne zu zögern, zugesagt, sich an diesem gefährlichen
Unternehmen zu beteiligen.
Trapani
hatte sehr klare Vorstellungen davon, was er tun wollte, unabhängig von den
Wünschen des mächtigen Giorgio Alimante und der Geheimdienste, deren er sich
bediente. Nachdem sie lange diskutiert hatten, waren er und der Turiner zum
Schluss zu einer Art stillschweigender Übereinkunft gelangt. Es war klar, dass
ein Mann wie Alimante nicht vorhatte, seine Absichten hinsichtlich der
bevorstehenden politischen Umwälzung offenzulegen, vor allem nicht gegenüber
einem Mafioso, dessen Existenz er zu vergessen beabsichtigte, wenn er erst
erreicht hatte, was er wollte. Trotzdem hatten sie sich letztlich sehr gut
verstanden.
Praktisch
würde Trapani bei der Aktion neue Männer einsetzen, die nicht zur aktuellen
Cosa Nostra gehörten. Die Leute, die er zum Einsatz bringen wollte, würden – neben [249] der Gruppe der Sizilianer aus Amerika – Profis aus
Söldnerorganisationen sein. Damit sollte vermieden werden, dass Informationen
durchsickerten.
Um die für
seine Pläne unentbehrliche Spirale der Gewalt auszulösen, würden zunächst zwei
wichtige Mafiafamilien auf der Insel und einige mit ihnen verbundene
White-Collar-Kriminelle dran glauben müssen – wodurch nicht nur die Ermittler,
sondern auch die anderen mit den alten und neuen Corleonesen verbundenen
Familien zur Ansicht kämen, dieses Gemetzel müsse der Beginn eines neuen
internen Kriegs sein. Wenig würde genügen, um ein Klima des Verdachts und der
Gewalt zu erzeugen, und niemand konnte diese blutige Inszenierung besser lenken
als er.
Wie schon
früher würde Blutvergießen zu weiterem Blutvergießen führen, und das zwischen
den
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